Jubiläum in LechenichEvangelische Kirche der Versöhnung feiert 50-jähriges Bestehen

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Erftstadt-Lechenich – Wenn eine Gemeinde den 50. Jahrestag der Einweihung ihrer Kirche begeht, sind die Chancen gut, dass Zeitzeugen mitfeiern. Als die Evangelische Kirche der Versöhnung am 18. Dezember 1966 ihrer Bestimmung übergeben wurde, nahm der damalige Pfarrer Erich Becker die Schlüssel in Empfang. Er hatte die Planungs- und Bauphase des Gemeindezentrums maßgeblich begleitet, von dem künftigen Bau sogar ein Modell aus Legosteinen angefertigt. Nun kehrte der heute 84-jährige Pfarrer im Ruhestand zurück, um ein halbes Jahrhundert später die Festpredigt zu halten.

Einen weiteren Ehrengast begrüßten Pfarrerin Sabine Pankoke und Pfarrer Helmut Schneider-Leßmann im Jubiläumsgottesdienst. Anneliese Vossbeck-Krahwinkel gewann 1960 zusammen mit ihrem Ehemann Ulrich Vossbeck den Architektenwettbewerb. Sie erhielten den Auftrag, die neue Kirche mit Vorraum, Sakristei, Glockenturm mit Vorplatz, Jugendfreizeitheim, Schwesternstation sowie Wohnungen für Küster und Hausmeister zu entwerfen. Auf eine Million D-Mark veranschlagte die Gemeinde die Baukosten – und kam damit aus.

Ein neuer Kirchenbau wurde erforderlich, weil die Zahl der evangelischen Christen auf dem Gebiet der heutigen Stadt Erftstadt in den Nachkriegsjahren durch Flüchtlinge aus Ostpreußen, Schlesien und Pommern sowie zuwandernde Industriearbeiter stark gestiegen war. Etwa 6000 Gläubige zählte der damalige Pfarrbezirk Liblar, zu dem die Lechenicher Protestanten noch bis 1969 gehörten. Nachdem 1958 ein Grundstück in Lechenich erworben worden war, beschloss das Presbyterium 1959, eine zweite Pfarrstelle für Lechenich einzurichten und ein Gemeindezentrum zu bauen. Der frühere Vikar Erich Becker trat das Amt 1960 an.

Herzstück des neuen Gemeindezentrums

Die Kirche sollte das Herzstück des neuen Gemeindezentrums werden. Da in der Straße An der Vogelrute bereits eineinhalb- bis zweigeschossige Bebauung vorhanden war, wurde den Planern vorgegeben, die übrigen Gebäude des evangelischen Zentrums niedrig zu halten. Der Blick auf die Kirche sollte von allen Seiten frei bleiben. Der erste Spatenstich erfolgte im Mai 1965. Der zwölf Meter hohe Kirchenraum mit Flachdach war auf 200 Sitzplätze ausgelegt. Für den Turm aus grauem Sichtbeton war eine Höhe von 22 Metern vorgesehen. Im Januar 1966 einigte sich das Presbyterium auf den Namen Kirche der Versöhnung. Versöhnung mit katholischen Christen praktizierte die Gemeinde von Anfang an. Im Kirchenfoyer hängt ein Vertrag mit der katholischen Kirchengemeinde St. Kilian. Katholische Christen dürfen in Lechenich am Abendmahl teilnehmen.

Die Grundsteinlegung für die Kirche der Versöhnung erfolgte am Palmsonntag 1966. Betrachtern sei angesichts des Rohbaus der Luther-Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ in den Sinn gekommen, meint das Autorenteam des Kirchenführers, der zum Jubiläum erschienen ist. „Der Blick, ob draußen oder im Innern der Kirche, gleitet über Ziegel und Beton, bewusst primitiv, rau, hart und weit und ohne Beschönigung“, beschreiben die Verfasser den Stein gewordenen Ausdruck einer Haltung. Weniger einen bequemen Zufluchtsort soll diese religiöse Stätte bieten, sondern einen „Arbeitsplatz“, heißt es im Kirchenführer.

Die „Warzen“ an der groben Ziegelsteinfassade symbolisieren diesen Aufruf zum „Anpacken“. Der Glockenturm ist kantig wie ein Fels. Zerfetzt wirkt das Kreuz aus Stahlbeton im Inneren. „Jeder darf darin sein eigenes Kreuz von Verzweiflung, Angst, Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit finden“, sagte Pfarrer Becker in der Festpredigt. Dennoch strahlt das kaum gefällige Kunstwerk Harmonie aus. „Es ist ein Zeichen des Sieges über den Tod und die Schuld“, so der Pfarrer der ersten Stunde. Eine geschickte Anordnung der Fenster ermöglicht den Einfall von Tageslicht in den Altarraum, was das Kreuz zur Geltung bringt.

Symbolkraft des Altars

Pfarrer Becker erläuterte auch die Symbolkraft des Altars. Der fünf Zentner schwere Tisch ruht auf unterschiedlich geformten Platten und Stangen. Sie stellen die Vielfalt der Menschen dar, aus denen sich die Gemeinde zusammensetzt und durch die sie Festigkeit erlangt.

Ein Blickfang ist der Glockenturm aus Gussbeton. Als der Beton 1982 saniert wurde, ließ die Gemeinde an der Ost- und Westseite schlichte Aluminium-Kreuze anbringen. Bereits während der Bauphase musste aus statischen Gründen auf ein Geläut mit fünf Glocken verzichten werden. Eine vollwertige Orgel bekam die Gemeinde 1973.

„Wenn man die Kirche betritt, fällt zuerst der Orgelprospekt auf. Die Gestaltung weist nach oben“, erklärte Pfarrer Becker. Der Planungsvariante, die Musikempore höher zu legen, ist zu verdanken, dass eine Krypta für Andachten eingerichtet werden konnte. Besonderheit dort die bunten quadratischen und länglichen Fenster. Wie schon die Krypta entwarf der Maler und Bildhauer Eugen Keller den Taufstein und die emaillierte kupferne Taufschale im Kirchenraum. Das Metallrelief an der Wand dahinter schuf die Erftstädter Künstlerin Ute Gagel 1998. Ebenfalls von ihr stammen der Gebetskerzenständer an der Turmecke und der Osterkerzenständer im Altarraum.

„Unsere Kirche ist uns ein vertrauter Raum geworden, wenn ich zurückkehre, ist es, als wäre ich nach Hause gekommen“, fasste der Gründungspfarrer in Worte, was sich in der großen Zahl der Jubiläumsgottesdienstbesucher ausdrückte.

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