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Fahndung in SiegburgGeflohener Straftäter stammt aus polizeibekanntem Clan

Lesezeit 4 Minuten
Jusufi

Der verurteilte Straftäter Cavit J.

Siegburg – „Er war nass bis zum Hals“, berichtete ein Augenzeuge, der die Flucht von Cavit J. selbst miterlebt hat. Er sah ihn aus dem Mühlengraben klettern und zur Bahnhofstraße laufen. Die Hände waren vor dem Körper gefesselt, was für den entflohenen Gewaltverbrecher aber kein Problem bedeutete. Der 24-Jährige hatte nach seiner Verurteilung im Siegburger Amtsgericht zu einer Haftstraße von einem Jahr und drei Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung die Flucht ergriffen.

Nasse Fußstapfen auf dem Boden

Am Parkplatz vorbei lief er über einen Fußweg, querte die Bahnhofstraße und verschwand in Richtung Gymnasium Alleestraße. Deutlich seien die nassen Fußstapfen auf dem Boden zu erkennen gewesen. Die Wasserspur verlor sich im weiteren Verlauf. Bis in die Nacht hinein wurde in weiten Teilen des Siegburger Stadtgebiets gefahndet. Ein Großaufgebot der Polizei suchte nach J., am Freitag ging die weiter.

Bislang indes wurde er noch nicht gefasst. Aus Polizeikreisen war zu hören, dass er wohl eher zufällig zu einem späteren Zeitpunkt einmal auffallen würde, mit Handy am Ohr im Auto und nicht angeschnallt.

Yusufi war aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln-Ossendorf in die Kreisstadt gebracht worden. Nach der Verhandlung sollte er aus dem Zellentrakt des Gerichts von zwei Beamten der JVA Siegburg übernommen und zur Luisenstraße auf den Brückberg gebracht werden. Aus einem Nebeneingang war er zum Transportfahrzeug geführt worden, das im Innenhof stand.

Doch als er einsteigen sollte, riss er sich los, kletterte auf das Dach eines Nebengebäudes, sprang von dort in den Mühlengraben. Wenige Meter weiter stieg er aus dem an dieser Stelle ungefähr 60 bis 70 Zentimeter tiefen Wasser eine Mauer hoch und sprintete über den Fußweg davon.

Warnschüsse in die Luft

Die beiden Beamten liefen ihm sofort hinterher und forderten ihn auf, stehenzubleiben. Nach Angaben der JVA Siegburg gaben sie zwei Warnschüsse in die Luft ab. Die Polizei setzte ein Großaufgebot von Kräften ein, darunter Diensthunde und einen Polizeihubschrauber. Bis in die Nacht auf den Freitag suchten Polizisten nach dem Gewaltverbrecher. Der aber blieb verschwunden. Am Morgen ging es weiter mit der Suche, vor allem die bekannten Aufenthaltsorte des Mannes wurden kontrolliert.

Zweimal in Untersuchungshaft

Der 24-Jährige weiß, was ihn im Gefängnis erwartet. Er saß in den vergangenen Monaten zweimal in Untersuchungshaft – zwei Monate von Mitte März bis Mitte Mai und drei Wochen seit dem 6. Oktober bis zur Hauptverhandlung am Donnerstag. Außerdem verbüßte er bereits Gefängnisstrafen nach dem Jugendstrafrecht. Ein solcher Arrest wird nur verhängt, wenn nach Ansicht des Jugendgerichts „schädliche Neigungen“ bei dem Angeklagten vorliegen und andere Erziehungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen.

Sechs Vorstrafen finden sich in seinem polizeilichen Führungszeugnis: Die erste kassierte er 2008 als gerade Mal 15-Jähriger wegen Körperverletzung und schweren Diebstahls. Im selben Jahr und 2009 wurde er zweimal wegen Raubs verurteilt, 2010 und 2011 erneut wegen schweren Diebstahls, 2012 dann wegen schweren Bandendiebstahls. 2014 kam er aus der Haft. 2015 wurde der Mann erneut straffällig, das Gericht konnte ihm aber lediglich einen versuchten Einbruchdiebstahl in eine Gaststätte an der Siegburger Zeithstraße nachweisen, bei dem die Ermittler eine Blutspur mit seiner DNA sicherstellten.

Einbruch in Siegburger Juwelier

Ein früherer Kumpel hatte ihn auch hinsichtlich anderer Taten als Mittäter und sogar als Drahtzieher benannt. Der Zeuge hatte auch Kenntnis davon, dass der Angeklagte 2017 einen Einbruch bei einem Siegburger Juwelier geplant hatte. Tatsächlich wurde dieser Familienbetrieb in der Folgezeit heimgesucht. Für diese Tat ist allerdings noch niemand zur Rechenschaft gezogen worden.

Dem Geflohenen droht eine mehrjährige Haftstrafe. Das Landgericht Bonn verhängte kürzlich zweieinhalb Jahre gegen ihn, er legte Revision ein. In der Zeit der Haftverschonung soll er erneut straffällig geworden sein, laut Amtsgericht laufen mehrere Verfahren gegen ihn. Außerdem droht ihm die Abschiebung. Der Sankt Augustiner ist zwar in Troisdorf geboren, aber serbischer Staatsangehöriger und stammt aus einem der Polizei bekannten Clan. Sein Strafverteidiger vertritt ihn auch in ausländerrechtlichen Fragen. 

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