AuftrittProklamation bleibt schwieriges Pflaster für Künstler

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Klare Worte: Ingrid Kühne vermisst Respekt.

Klare Worte: Ingrid Kühne vermisst Respekt.

Köln – Vermutlich, so sagt es Ingrid Kühne am Sonntag bitter, sei dies ihr erster und letzter Auftritt bei der Proklamation des Kölner Dreigestirns gewesen. „Viele Menschen haben mir im Vorfeld von einem Auftritt abgeraten, weil Redner bei dieser Veranstaltung nicht gewertschätzt werden“, erzählt sie am Sonntag im Gespräch mit der Rundschau. Doch sie habe es versuchen wollen. „Im Nachhinein bin ich klüger“, sagt sie nun. Zufrieden sei sie zwar nicht mit ihrem Auftritt gewesen, „doch Respekt vor den Künstlern ist hier Mangelware“, meint die Büttenrednerin. Zugehört hatte ihr kaum jemand.

Dass es vor allem Büttenredner bei der Proklamation im Gürzenich schwer haben, weil das erlesene Publikum lieber feiern als zuhören will, ist bekannt. Dieses Mal hatte das Festkomitee mit Co-Moderator Marc Metzger vorab kurze Filmchen drehen lassen – Benimmregeln getarnt als Sicherheitshinweis. „Wir empfehlen Ihnen, den Gurt während der gesamten Veranstaltung geschlossen zu halten“, hieß es in einem Beitrag, der vorab in Endlosschleife auf der großen Leinwand im Saal gezeigt wurde. Doch gebracht hatte es wenig – schon nach den Klüngelköpp, die als erste Band spielten, hatte erstmals die Saalflucht eingesetzt.

Weder Ingrid Kühne noch Marc Metzger oder Festredner Bernd Stelter spulten bei der Proklamation ihre normalen Sitzungsreden ab, sie alle waren Teil einer Fernsehproduktion, denn der WDR zeichnet die Inthronisierung des Dreigestirns auf und setzt immer stärker eigene Akzente durch vorproduzierte Einspielfilme. So musste Metzger alte Dreigestirns-Bilder kommentieren, die im Saal eingeblendet wurden. Die Unruhe im Publikum versuchte Metzger humorvoll zu kommentieren: „Ich höre Regung im Publikum. Sie sind noch da“, sagte er. Schon da war die Bereitschaft gering, den Fernsehkarneval zu ertragen.

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Den schwierigsten Auftritt hatte der Comedian Dave Davis alias Motombo Umbokko zu meistern, der gegen 23 Uhr gleich nach den Paveiern auf die Bühne musste. Während der Künstler ghanaischer Abstammung über Diskriminierung und Ausgrenzung witzelt, sind viele Plätze im Saal leer – im Foyer an den Theke herrscht derweil beste Stimmung. Auf eine Stellungnahme zum Verhalten des Publikums während seines Auftritts verzichtet Dave Davis am Sonntag.

Bei der Proklamation waren dieses Mal knapp 1350 Karten verkauft worden, wer keine Ehrenkarte erhielt, musste knapp 200 Euro zahlen, um bei diesem gesellschaftlichen Ereignis dabei sein zu dürfen. Während vorne die Prominenz feiert, etwa Politiker sowie Vertreter von Stadt und Kirche, sitzen die Karnevalisten ganz hinten. „Vielleicht sollte man die Leute, die auch Lust auf die Proklamation haben, weiter nach vorne setzen“, schlägt Ingrid Kühne vor.

Die Laune der Büttenrednerin hatte sich noch am Freitagabend wieder aufgehellt. Vom Gürzenich aus fuhr sie nach Hürth-Berrenrath zur dortigen Proklamation. „Ich bin gefeiert worden und musste zwei Zugaben geben“, sagt sie. Balsam für ihre Seele sei dies gewesen.

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