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Mitarbeiter sehr unzufriedenWas ist los bei der Kölner Feuerwehr?

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Feuerwehruniformen hängen am Haken (Symbolbild)

Feuerwehruniformen hängen am Haken (Symbolbild)

Köln – Die Unzufriedenheit muss immens sein bei der Kölner Berufsfeuerwehr. Immerhin haben 380 Mitarbeiter um ein Gespräch mit Stadtdirektor Stephan Keller gebeten, um ihre Sicht der Dinge darlegen zu können. Eine Anwaltskanzlei in Düsseldorf fungiert als Ombudsstelle. Doch was sind die Ursachen? Hier die Antworten auf wichtige Anliegen der Feuerwehrleute.

Was ist Kern der Kritik?

Die Beamten der Feuerwehr werden immer stärker im Rettungsdienst eingesetzt, was an der zunehmenden Zahl der Notrufe liegt. Den 123.000 Rettungsdiensteinsätzen standen im Jahr 2016 beispielsweise rund 2000 Brandeinsätze gegenüber. Laut Gewerkschaft Verdi wurden 53 Prozent der Rettungsdiensteinsätze von der Berufsfeuerwehr übernommen, den Rest haben private Hilfsorganisationen wie ASB und Rotes Kreuz im Auftrag der Stadt abgedeckt – so ist es vertraglich vorgesehen.

Im Jahresbericht für 2016 stellt die Feuerwehr zum Rettungsdienst fest: „Es zeigt sich, dass die Einsatzvorhaltung des Grundbedarfs nicht mehr dem gestiegenen Einsatzaufkommen angemessen ist“. Übersetzt bedeutet dies: Nicht nur die ohnehin für den Rettungsdienst eingeplanten Feuerwehrleute müssen Rettungswagen fahren, sondern auch die als Reserve vorgesehenen Mitarbeiter, die eigentlich Feuer löschen sollen. „Der Brandschutz ist nur noch ein Nebenjob. Oft fehlt hier die Routine“, kritisiert ein Mitarbeiter.

Warum ist der Rettungsdienst so unbeliebt?

Bei der Feuerwehr ist eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden tariflich geregelt. Während im Brandschutz in 24-Stunden-Schichten gearbeitet wird, gibt es im Rettungsdienst Zwölf-Stunden-Schichten. Diese sind zum einen unbeliebt, weil viele Mitarbeiter nicht aus Köln kommen und eine weite Anfahrt zum Dienst auf sich nehmen. Somit ist es vielen lieber, nur zweimal pro Woche zur Arbeit zu fahren, anstatt viermal. Mancher Feuerwehrmann hat zudem einen Nebenjob, für den nun weniger Zeit bleibt.

Zum anderen gibt es im Rettungsdienst höhere medizinische Anforderungen als noch vor zehn Jahren. Weil im Rettungsdienst eine interne Altersgrenze von 43 Jahren gilt, entfallen die unbeliebten Schichten auf die jüngeren Kollegen. Dagegen können ältere Mitarbeiter im Brandschutz leicht Überstunden sammeln und sich halbjährlich auszahlen lassen. Dies sorgt für ein Gefühl der Ungleichbehandlung.

Steht die Feuerwehr vor einem Umbruch?

Ja, die Anforderungen wandeln sich stark. Die damit verbundenen Änderungen könnten zu einer unterschwelligen Unzufriedenheit der Mitarbeiter beitragen. Ein Feuerwehrmann sagt: „Wir erleben gerade einen Wandel, wie wir ihn bei der Feuerwehr noch nicht hatten.“ Es gebe zwei Herangehensweisen: die Unzufriedenheit ausleben, oder „die eigene Komfortzone zu verlassen“. Seit 2014 gibt es die neue Qualifikation des Notfallsanitäters.

Drei Jahre dauert die Ausbildung – ein Jahr länger als die zum Rettungsassistenten, der bisher für den Rettungsdienst erforderlich ist. Ab dem Jahr 2027 muss in jedem Rettungswagen ein Notfallsanitäter sitzen, die Ausbildungen in Köln laufen. Die Spezialisierung nimmt auch beim Brandschutz zu, so etwa bei der „Analytischen Taskforce“, die nach Chemieunfällen zum Einsatz kommt. Stadtdirektor Stephan Keller wird von der Stadt Köln mit folgendem Satz zitiert: „Wie alle Beschäftigten der Stadt Köln steht auch die Berufsfeuerwehr vor großen personellen und infrastrukturellen Herausforderungen und muss sich für die Zukunft neu aufstellen.“

Ist das Arbeitsklima schlecht?

Nicht grundsätzlich. Auf den Wachen herrsche ein kollegiales Miteinander, sagt ein Feuerwehrmann, der gute Ruf der Kölner Feuerwehr sei für viele Mitarbeiter ein Ansporn. Kritisiert werden jedoch der Führungsstil und Umgang mit den rangniederen Kollegen. Die Gewerkschaft stellt fest, die Feuerwehr sei „streng hierarchisch strukturiert“. Das „Führungsverhalten vor allem im Wachdienst muss kritisch hinterfragt werden“, heißt es.

Hat die Feuerwehr ein Führungsproblem?

Das ist schwer zu beantworten. Feuerwehr-Chef Johannes Feyrer (59) gehört der Riege der Kölner Retter seit mehr als 30 Jahren an. Er gilt als Feuerwehr-Enthusiast, seit 2013 ist er Amtsleiter. Viele Neuerungen treibt er entschieden voran – für einige Mitarbeiter offenbar zu schnell, sie fühlen sich nicht mitgenommen. Interviews gibt Feyrer derzeit nicht. Alle Anfragen werden an den Stadtdirektor weitergeleitet, der sich ebenfalls bedeckt hält: „Um die Vertraulichkeit weiterhin zu wahren, wird die Stadt Köln sich derzeit zu Einzelaspekten nicht in der Öffentlichkeit äußern“, teilt die Stadt mit. Zum Großen und Ganzen ohnehin nicht.

Hat die Feuerwehr zu wenig Personal?

Ja, derzeit sind laut Stadt 77 Stellen unbesetzt – insgesamt hat die Feuerwehr mehr als 1000 Mitarbeiter. Im September 2016 hat der Stadtrat einen neuen „Brandschutzbedarfsplan“ mit einem Finanzvolumen von etwa 30 Millionen Euro beschlossen, der innerhalb von fünf Jahren 100 neue Stellen und die Anschaffung neuer Fahrzeuge bringen soll. Zuletzt wurden rund 170.000 Überstunden pro Jahr geleistet. Derzeit läuft eine große Personalkampagne.

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