Mit Sachertorte von HeinoGerhart Schneider feiert 110. Geburtstag in Bad Münsteifel

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Heino, der singende Konditor, hatte dem Geburtstagskind eine leckere Torte mitgebracht.

Heino, der singende Konditor, hatte dem Geburtstagskind eine leckere Torte mitgebracht.

Bad Münstereifel – Mit Simone de Beauvoir, Herbert von Karajan, Bette Davis, Oskar Schindler und Lyndon B. Johnson hat Gerhart Schneider aus Bad Münstereifel eines gemeinsam: Sie alle erblickten im Jahr 1908 das Licht der Welt. Am 13. März in der Grafschaft Glatz in Schlesien geboren, feierte Schneider nun in der Kurstadt einen ganz besonderen Geburtstag.

„Ich hatte fast zwei Monate einen schlimmen Husten, aber nachdem ich ein Glas davon getrunken habe, war er sofort weg“, strahlte er und hielt wie zum Beweis sein Sektglas in die Höhe.

Pünktlich zu seinem Ehrentag war einer der ältesten Bürger aus Nordrhein-Westfalen wieder genesen und nahm im Speisesaal des Seniorenzentrums Otterbach die Glückwünsche der nicht enden wollenden Schar an Gratulanten entgegen. 110 Jahre wurde der ehemalige Müller an diesem Tag alt. Der gebürtige Schlesier hatte den meisten seiner Gäste die Dauer eines ganzen Menschenlebens voraus.

Mit 102 Jahren noch am Steuer

Ganoven stahlen ihm 2008 am Euskirchener Bahnhof die Brieftasche – inklusive des Führerscheins. Kein Problem für Gehart Schneider. Er besorgte sich im Verkehrsamt eine neue Fahrlizenz. An das kleine Plastikkärtchen musste er sich allerdings zunächst gewöhnen. Doch damit konnte er wieder das tun, was er am liebsten machte: Autofahren.

Auf seine Mobilität wollte der gelernte Müller auf keinen Fall verzichten. Sogar im Alter von 102 Jahren fuhr er noch ab und zu mit seinem Wagen. 2009 sagte er schmunzelnd: „Vor 84 Jahren bin ich zum ersten Mal Auto gefahren. Deshalb gehe ich davon aus, dass ich es langsam kann.“ Sein Vater hat ihm das Autofahren beigebracht. Damals sei auf den Straßen noch nicht so viel los gewesen. Sein erste Gefährt war ein Opel Olympia. Die Führerscheinprüfung bestand er mit links. Er chauffierte den Prüfer zum Termin – und schon hatte er die Fahrerlizenz. Inzwischen fährt er jedoch nicht mehr. (pws)

Seit einem Jahr schlafe Schneider mehr als früher

„Wir kennen uns. Sind Sie jünger geworden?“, begrüßte Schneider ganz charmant die Bad Münstereifeler Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, die ihm wie im vergangenen Jahr einen Präsentkorb mit Rotkäppchen-Saft überreichte. Auch die zweite Vizelandrätin Dr. Sabine Dirhold hatte sich zur Feier eingefunden. „Ich bewundere jedes Mal, wie fit und aufmerksam Herr Schneider noch ist“, sagte sie beeindruckt. Er sei so freundlich und lebensfroh, meinte Dirhold mit Blick auf das Geburtstagskind.

Das tauschte derweil mit Annika Elsner, der stellvertretenden Leiterin der Senioren-Einrichtung Otterbach, mit Schreibtafel und Folienstift Nachrichten aus. „Mein Vater hört inzwischen leider gar nicht mehr gut“, berichtete Sohn Klaus-Dieter Schneider. Die Tafel sei aber eine gute Lösung, um mit ihm zu kommunizieren. Denn Lesen und Schreiben könne er noch sehr gut, so der 75-Jährige. Seit etwa einem Jahr sei sein Vater allerdings häufig müde und schlafe auch mehr als früher, so der Sohn.

Kaiser Wilhelm II. regierte

Das Geburtsjahr von Gerhart Schneider ging aus unterschiedlichen Gründen in die Geschichte ein. Henry Ford machte 1908 mit dem Fließband das Auto zum Massenprodukt. Das Model T von Ford kam zu dieser Zeit auf den Markt, in Deutschland war Kaiser Wilhelm II. an der Macht. Dem Maschinenbauer und Flugpionier Hans Grade gelang in Magdeburg der erste deutsche Motorflug.

Vor 110 Jahren experimentierte die Dresdener Hausfrau Melitta Bentz mit einem Kaffeefilter aus Löschpapier, der den Kaffeesatz aus der Tasse verbannte. Daraus entstand das Weltunternehmen Melitta. Die Firma Maggi brachte den ersten Brühwürfel auf den Markt und in die Kochtöpfe der Nation. Das erste offizielle Fußball-Länderspiel einer deutschen Auswahl endet am 5. April in Basel mit einer 3:5-Niederlage gegen die Schweiz.

Als letzter Bundesstaat gab Preußen seinen Widerstand dagegen auf, dass Frauen studieren dürfen. Mit Beginn des Wintersemesters 1908/09 waren Frauen auch in Preußen und damit erstmals im gesamten Deutschen Reich zum Studium zugelassen worden.

Als 1912 die Titanic sank, war Schneider vier Jahre alt. (tom)

Sachertorte und bayrisches Bier

Von Müdigkeit war während der Feierlichkeit jedoch nichts zu spüren. Auch der nächste Überraschungsgast wurde von ihm begeistert begrüßt. „Ich weiß, wer Sie sind. Da bin ich aber froh, dass wir uns mal kennenlernen“, freute sich Schneider über den Besuch von Heino. Der in Bad Münstereifel lebende Volkssänger hatte neben Glückwünschen eine Sachertorte für den Jubilar mitgebracht und überreichte zudem eine von Ehefrau Hannelore gestaltete Glückwunschkarte.

„Kölsch kann man hier überall kaufen. Die Torte ist mal etwas Besonderes“, sagte Dr. Wieland Ulm. Da er ja wüsste, dass sein Patient gerne ein Feierabendbier trinke, habe er für diese Visite eine Auswahl bayrischer Biere besorgt. Dafür fand sich, zwischen einem Glückwunschschreiben von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und handgearbeiteten Holzwerkstücken von Schneiders Mitbewohnern, noch ein Plätzchen auf dem reich gefüllten Gabentisch.

Wenn das Herz mitmacht, wird auch der 111. gefeiert

Clementine Weber, die seit zehn Jahren an der Seite des rüstigen Seniors gestanden hatte, sei mittlerweile leider verstorben, berichtete der Sohn. Das habe seinen Vater schon mitgenommen, aber den Lebensmut habe er dennoch behalten. Auf die Frage nach dem Geheimnis, wie man gesund und munter ein derart hohes Alter erreichen könne, zuckte Schneider nur mit den Schultern. „Das weiß ich auch nicht. Bei mir ist es einfach immer irgendwie weitergegangen“, meinte er schmunzelnd. An seinem 110. Geburtstag hätten ihm die Gespräche mit seinen Gästen besonders gefallen.

„Das tat richtig gut“, sagte er und tippte auf sein Herz: „Wenn das mitmacht, feiere ich auch meinen 111. wieder.“

1908 geboren und mit 102 Jahren noch Auto gefahren

Das Geburtsjahr von Gerhart Schneider ging aus unterschiedlichen Gründen in die Geschichte ein. Henry Ford machte 1908 mit dem Fließband das Auto zum Massenprodukt. Das Model T von Ford kam zu dieser Zeit auf den Markt, in Deutschland war Kaiser Wilhelm II. an der Macht. Dem Maschinenbauer und Flugpionier Hans Grade gelang in Magdeburg der erste deutsche Motorflug.

Vor 110 Jahren experimentierte die Dresdener Hausfrau Melitta Bentz mit einem Kaffeefilter aus Löschpapier, der den Kaffeesatz aus der Tasse verbannte. Daraus entstand das Weltunternehmen Melitta. Die Firma Maggi brachte den ersten Brühwürfel auf den Markt und in die Kochtöpfe der Nation. Das erste offizielle Fußball-Länderspiel einer deutschen Auswahl endet am 5. April in Basel mit einer 3:5-Niederlage gegen die Schweiz.

Als letzter Bundesstaat gab Preußen seinen Widerstand dagegen auf, dass Frauen studieren dürfen. Mit Beginn des Wintersemesters 1908/09 waren Frauen auch in Preußen und damit erstmals im gesamten Deutschen Reich zum Studium zugelassen worden. Als 1912 die Titanic sank, war Schneider vier Jahre alt.

Mit 102 noch am Steuer

Ganoven stahlen ihm 2008 am Euskirchener Bahnhof die Brieftasche – inklusive des Führerscheins. Kein Problem für Gehart Schneider. Er besorgte sich im Verkehrsamt eine neue Fahrlizenz. An das kleine Plastikkärtchen musste er sich allerdings zunächst gewöhnen. Doch damit konnte er wieder das tun, was er am liebsten machte: Autofahren.

Auf seine Mobilität wollte der gelernte Müller auf keinen Fall verzichten. Sogar im Alter von 102 Jahren fuhr er noch ab und zu mit seinem Wagen. 2009 sagte er schmunzelnd: „Vor 84 Jahren bin ich zum ersten Mal Auto gefahren. Deshalb gehe ich davon aus, dass ich es langsam kann.“ Sein Vater hat ihm das Autofahren beigebracht. Damals sei auf den Straßen noch nicht so viel los gewesen. Sein erste Gefährt war ein Opel Olympia. Die Führerscheinprüfung bestand er mit links. Er chauffierte den Prüfer zum Termin – und schon hatte er die Fahrerlizenz. Inzwischen fährt er jedoch nicht mehr.

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