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Frische Luft und WohlbefindenRadfahren ist für Jung und Alt sinnvoll

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Flott unterwegs: Wer im Alter aufs Pedelec umsteigt, macht es sich leichter – und kann eventuell länger mühelos radeln.

Flott unterwegs: Wer im Alter aufs Pedelec umsteigt, macht es sich leichter – und kann eventuell länger mühelos radeln.

Es müssen keine lange Strecken sein. Schon kurze Wege mit dem Rad sind gut fürs Wohlbefinden. Das gilt nicht nur für junge Leute – gerade Ältere profitieren von Bewegung an der frischen Luft. Sie hält schlank, nutzt Herz, Kreislauf und Knochen. Und sie schult die Koordination. Selbst wer Probleme mit dem Gleichgewicht hat, muss nicht unbedingt komplett aufs Radeln verzichten.

„Gerade für Senioren ist Radeln die ideale Sportart“, sagt Professor Clemens Becker, Chefarzt der Klinik für Geriatrische Rehabilitation am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus. Die sanfte Bewegung durch das Pedale-Treten schütze vor Knorpelabbau in den Gelenken, ergänzt der Kardiologe Professor Günter Hennersdorf aus Bous bei Saarbrücken.

Hennersdorf hat einen kleinen Versuch unternommen, um zu sehen, inwiefern Radfahren auch Herzpatienten nutzt. An dem Projekt „Herz-Bike Saar“ nahmen von Mai 2015 bis Oktober 2016 durchschnittlich zehn bis zwölf Herzpatienten teil. Sie unternahmen einmal die Woche eine ärztlich begleiteten Tour mit einem elektrisch unterstützten Fahrrad, einem Pedelec. Das Ergebnis: Sowohl die durchschnittliche als auch die maximale Herzfrequenz gingen bei den Teilnehmern herunter. Und was fast noch wichtiger ist: Bei den Touren fehlten im Mittel nur zehn Prozent der Teilnehmer. Das heißt, die Leute blieben dran.

Gute Ausrüstung generell wichtig

Aber auch Menschen, die kein Herzproblem haben, tut es gut, draußen aktiv zu sein. Die frische Luft, in der sich Radfahrer bewegen, versorgt den Körper mit Sauerstoff. Auch das trägt zum Wohlbefinden bei. „Anders als das Auto schont ein Fahrrad zudem die Umwelt“, gibt der Remscheider Kardiologe Professor Herbert Löllgen zu bedenken.

Fahrradreifen verlieren schneller die Luft

Den Luftdruck ihrer Reifen kontrollieren Fahrradfahrer am besten vor jeder Fahrt – mindestens aber einmal im Monat, denn auch unbenutzt im Stand verlieren die Reifen Luft. „Das liegt daran, dass Fahrradreifen im Gegensatz zum Autoreifen wesentliche höhere Luftdrücke haben, dafür aber deutlich geringere Wandstärken“, erklärt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad (pd-f). Besonders bei hohem Druck könne es schnell zum Druckverlust kommen.

Der korrekte Luftdruck steht in der Regel mit Minimal- und Maximalwert an der Reifenflanke. Daran halten sich Radler besser. Denn sowohl zuviel als auch zu wenig Druck erhöht die Pannengefahr. Durch den Spielraum allerdings lässt sich der Druck an individuelle Bedürfnisse anpassen. Ein etwas höherer Druck auf der Straße sorgt für weniger Rollwiderstand. Im Gelände kommt der Reifen dagegen mit einem geringeren Luftdruck besser klar: „Er sinkt weniger tief ein, und das Fahrrad wird weniger stark durch Unebenheiten gebremst.“

Auch auf den Radler selbst kommt es an: „Ein leichter Fahrer braucht grundsätzlich einen niedrigeren Luftdruck als ein schwerer“, sagt Geisler, der für unterwegs eine Handpumpe und für zu Hause eine solide Standpumpe mit Manometer empfiehlt, mit der man auch genau den Druck ablesen kann. (dpa)

Generell ist eine gute Ausrüstung wichtig. Dazu gehören feste Schuhe, regendichte, aber auch gut sichtbare Kleidung sowie im Herbst und Winter Handschuhe und ein Schal. Nicht zu vergessen: der Fahrradhelm. Ein TÜV-Siegel garantiert die gesetzlichen Sicherheitsstandards.

Wie genau das eigene Radfahrprogramm aussieht, spielt eine untergeordnete Rolle. Die einen radeln täglich kleine Strecken. „Gute Trainingseffekte lassen sich aber auch erzielen, wenn man dreimal die Woche 30 bis 45 Minuten Fahrrad fährt“, so Löllgen.

In jedem Fall sorgt das regelmäßige Training mit dem Rad dafür, dass man auch im Alter lange selbstständig bleibt. Wer erst im fortgeschrittenen Alter das Fahrradfahren für sich entdeckt, sollte als erstes einen Gesundheitscheck beim Arzt machen. Dazu gehören Seh- und Hörtests ebenso wie ein Belastungs-EKG, um die Ausdauer zu testen.

Hat der Arzt grünes Licht gegeben, dann sollten Senioren sich zunächst auf das Fahrradfahren vorbereiten. Sinnvoll ist, die Balance zu trainieren. Das geht etwa, indem man übt, auf einem Bein zu stehen – „zunächst mindestens fünf Sekunden und dann kontinuierlich länger“, so Becker. Auch Tai-Chi, also Schattenboxen, oder Tanzen seien gute Möglichkeiten, um das Halten des Gleichgewichts zu schulen. In einem nächsten Schritt sollten Senioren ein Fahrrad-Sicherheitstraining absolvieren und auf speziellen Parcours üben. In vielen Städten gibt es Radfahrschulen.

Wer lieber für sich üben will, sollte dies unbedingt in einer verkehrsberuhigten Zone tun. „Trainiert werden muss das Kurvenfahren und das Bremsen“, erklärt Löllgen.

„Schafft es ein Senior nicht, beim Training ohne zu stürzen mit seinem Fahrrad eine imaginäre Acht zu fahren, dann sollte er es mit dem Fahrradfahren besser sein lassen“, sagt Becker. Koordination und das Halten der Balance fallen dann offenbar schwer. Grundsätzlich auf ein Fahrrad verzichten müssen Betroffene aber auch dann nicht. Infrage kommt zum Beispiel ein spezielles Seniorendreirad. Es hat hinten zwei statt einem Rad und sorgt so für mehr Stabilität.

Auch ein herkömmliches Fahrrad lässt sich ein Stück weit auf die Bedürfnisse älterer Menschen anpassen: Ein etwas niedriger eingestellter Sattel etwa erleichtert das Auf- und Absteigen. Ein Fahrrad mit tiefem Durchstieg ist eventuell besser geeignet als ein klassisches Herrenrad. Bevor man in die Pedale tritt, sollten grundsätzlich die Bremsen und der Luftdruck der Reifen überprüft werden.

Geschwindigkeit wird unterschätzt

Damit der Radfahrer auch in der Dämmerung für andere gut sichtbar ist, müssen Vorder- und Rückleuchten auf jeden Fall einwandfrei funktionieren – auch das gilt es regelmäßig zu checken. Sinnvoll ist darüber hinaus auch, die Fahrradkette in Augenschein zu nehmen und sie gegebenenfalls zu ölen.

Steht ein Neukauf an, dann rät Hennersdorf Senioren, sich ein Pedelec zuzulegen. „Längere Wege oder unebenes Gelände sind dann kein Problem“, sagt er. Allerdings seien Pedelecs auch gewöhnungsbedürftig. Immerhin ist man bis Tempo 25 vergleichsweise flott unterwegs.

Autofahrer unterschätzen recht häufig die Geschwindigkeit eines älteren Pedelec-Fahrers, was zum Beispiel an Kreuzungen zu brenzligen Situationen führen kann. Die Anschaffungskosten für die elektrisch unterstützten Drahtesel sind im Vergleich zum herkömmlichen Rad zudem recht hoch. (dpa)

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