Anlagen in Pulheim und KerpenLastwagen müssen auch auf Bundesstraßen Maut entrichten

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An der B 59 bei Stommeln befindet sich eine der beiden Kontrollsäulen im Rhein-Erft-Kreis.

An der B 59 bei Stommeln befindet sich eine der beiden Kontrollsäulen im Rhein-Erft-Kreis.

Rhein-Erft-Kreis – Manch ein Autofahrer hat wahrscheinlich vorsichtshalber schon einmal den Fuß vom Gaspedal genommen: Zwei neue, auffällige Kontrollsäulen sind im Rhein-Erft-Kreis installiert worden. Sie befinden sich an der B 59 in Pulheim bei Stommeln zwischen der Ingendorfer Straße und dem Rheidter Weg und an der B 264 in Kerpen zwischen den Kreuzungen mit der L 162 und der K 17. Doch es handelt sich keineswegs um Blitzer, mit denen die Behörden Temposündern auf die Schliche kommen wollen. Mit den blauen, vier Meter hohen Säulen wird überprüft, ob Lkw-Fahrer ihre Maut ordnungsgemäß bezahlt haben.

Denn ab Juli wird die Mautpflicht für Lastwagen ab 7,5 Tonnen ausgeweitet. Bislang galt sie lediglich auf Autobahnen und mehrspurigen Fernstraßen. Künftig muss die Maut auch auf allen Bundesstraßen und Bundesfernstraßen entrichtet werden. Bundesweit wurden dafür 622 Kontrollsäulen installiert, darunter auch die beiden im Rhein-Erft-Kreis.

Computer im Führerhaus

Im Vorbeifahren wird kontrolliert, ob die Maut entrichtet wurde. Die technische Umsetzung erfolgt in der Regel über eine „On-Board-Unit“, einen kleinen Computer, der im Führerhaus des Lkw befestigt ist und die Maut automatisch einbucht, ohne dass der Fahrer dafür etwas tun muss.

Das Prinzip ist ähnlich wie bei den Kontrollbrücken auf den Autobahnen. Fährt ein Lkw an einer solchen Säule vorbei, wird jeweils ein Bild von der Gesamtübersicht, von der Seite und vom Kennzeichen gemacht. Automatisch werden aus dem Fahrzeug die auf dem Bordcomputer gespeicherten Daten an die Kontrollsäule übermittelt. So wird kontrolliert, ob die Maut entrichtet wurde. Dafür, dass die Daten stimmen, sind das Transportunternehmen und der Fahrer selbst verantwortlich. Die Höhe der Gebühr hängt von der Schadstoffklasse und der Anzahl der Lkw-Achsen ab.

Auf die Kunden umgelegt

Für Unternehmen wie die Spedition Hilde Freund GmbH aus Frechen ändert sich nicht viel. Die zusätzlichen Kosten würden auf die Kunden umgelegt. „Wir fahren Silo-Transporter und haben unsere festen Auf- und Abladepunkte, da ist das leicht zu berechnen“, sagt Dorothee Rütten vom Unternehmen. Die Fahrer müssten keine Ausweichstrecken nehmen. Schon jetzt würden mautpflichtige Autobahnstrecken befahren. Für die Fahrer ändere sich nichts.

Udo Andryk, Geschäftsführender Gesellschafter der Andryk Logistik GmbH in Brühl, ändert seine Routen ebenfalls nicht. „Die Kosten müssen wir den Kunden anrechen, das geht gar nicht anders“, sagt er. Seine 40 bis 45 Fahrzeuge verfügen über die On-Board-Units, die die Maut automatisch einbuchen. Die Fahrer müssten dann jedes Mal, wenn sie den Lkw starten, schauen, ob das Lämpchen an dem Mini-Rechner grün oder rot blinke. Bei Grün sei alles in Ordnung, bei Rot stimme etwas nicht. Dann dürften sie nicht weiterfahren. „Fährt man trotzdem, gilt man schon als Mautpreller“, sagt Andryk. Die Abrechnung der Maut, die automatisch abgebucht wird, bekommt er alle paar Wochen. Wenn das System einen Fehler gemacht habe, würden jedes Mal 20 Euro Bearbeitungsgebühr fällig. Das sei nicht nur aufwendig, sondern auch Abzocke, meint Udo Andryk. Das Unternehmen fährt unter anderem Schüttgut, Paletten und Container.

Ausgenommen von der Maut sind Fahrzeuge von Straßenreinigung und Winterdienst. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert, auch Müllwagen und Fahrzeuge für die öffentliche Strom-, Gas und Wasserversorgung auszunehmen. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Mehrkosten von den Verbrauchern getragen werden müssten.

Vielbefahrende Strecke ausgewählt

Die Lkw-Maut gilt künftig bundesweit auf 52 000 Straßenkilometern. 622 Kontrollsäulen im ganzen Bundesgebiet sollen am Straßenrand laut der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) die Maut auf den Bundesstraßen kontrollieren.

Beauftragt mit der technischen Umsetzung hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) das Unternehmen Toll Collect, von dem die On-Board-Units kommen.

Sind die Daten korrekt und wurde die Maut ordnungsgemäß entrichtet, werden die Bilddaten sofort in der Kontrollsäule gelöscht. Die Erfassung der Fahrzeuge unterliegt dem Bundesfernstraßenmautgesetz.

Weitergeleitet werden Daten an ein Kontrollzentrum nur dann, wenn das Kraftfahrzeug mehr als 7,5 Tonnen wiegt, mautpflichtig ist und der Verdacht besteht, dass die Maut nicht korrekt bezahlt wurde. Wenn das Verfahren abgeschlossen ist, werden auch im Kontrollzentrum die Daten sofort gelöscht.

Der Streckenabschnitt der Kontrollsäule wird vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) vorgegeben. Ausgewählt werden dabei Strecken, die von vielen mautpflichtigen Lastwagen befahren werden. Das Unternehmen Toll Collect prüft dann anhand von 30 Kriterien, an welchen Standorten an der Strecke die Kontrollsäulen genau aufgestellt werden können. (nip)

Im Schnitt 16 Cent pro Kilometer

Es gibt sechs Kategorien (A bis F), nach denen sich die Maut richtet. Jede Kategorie steht für eine Schadstoffklasse. Innerhalb der Kategorien wird unterschieden zwischen Fahrzeugen mit zwei, drei, vier oder fünf und mehr Achsen.

Der günstigste Mautsatz fällt an für Lastwagen der Kategorie A mit zwei Achsen (etwa acht Cent pro Kilometer), der teuerste für Kategorie F mit fünf oder mehr Achsen (etwa 22 Cent pro Kilometer).

Im Durchschnitt kostet der Kilometer rund 16 Cent. Eine genaue tabellarische Liste mit den verschiedenen Kategorien und Schadstoffklassen findet man online. (nip)

www.ages.de/de/lkw-maut-deutschland-tarif-gebuehren.html

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