Birgit Schrowange„Ich will eine coole Alte werden“

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Auf den roten Teppichen der Republik zu Hause: Birgit Schrowange im passenden Kleid.

Auf den roten Teppichen der Republik zu Hause: Birgit Schrowange im passenden Kleid.

Köln – Nehden im Sauerland. Ein Dorf mit 400 Einwohnern, heute ein Ortsteil von Brilon. Wir schreiben das Jahr 1970. Ungefähr. Ein Mädchen sitzt vor dem elterlichen Fernsehapparat. Sie bewundert die Ansagerinnen, die so adrett gekleidet und so schön frisiert über den Bildschirm flimmern. In jener Zeit waren diese Fernsehansagerinnen richtige Stars. Das Mädchen im Sauerland bewundert Petra Schürmann, die ehemalige Miss World. Und Mady Manstein, Sonja Kurowsky, Claudia Doren. Eines fernen Tages möchte das Mädchen eine von ihnen sein.

Dass sie ihre Idole vielleicht noch übertreffen würde, kann die junge Dame noch nicht ahnen. Erst einmal schneidet sie sich aus Pappe ein eigenes Fernsehbild aus. Und macht Ansagen. Die erste Person, die von ihr angesagt wird, ist die Schulfreundin Elisabeth. Die will Sängerin werden. Zusammen gestalten die beiden Freundinnen ihre eigenen Shows.

Aus dem Mädchen mit den Pappkarton-Ansagen wird eine der beliebtesten Moderatorinnen des deutschen Fernsehens. Nach mehrjährigen Stationen beim WDR und ZDF wechselt sie 1994 zum Privatsender RTL. Seit mehr als zwei Jahrzehnten moderiert Birgit Schrowange dort wöchentlich das Magazin "Extra" und ist damit inzwischen eines der langlebigsten Gesichter der Branche. Ihren Weg zur Ikone des Senders RTL beschreibt die Sauerländerin in ihrem aktuellen Buch "Es darf gern ein bisschen mehr sein!", das sie im Rahmen einer Lesung am 19. Februar bei Thalia im Bonner Metropol vorstellen wird.

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Immer noch hinreißend

An einem frühen Wintermittag im Kölner Café Central, zwischen Aachener Weiher und Belgischem Viertel. Deckenventilatoren aus Chrom, schwarze Bistrostühle, schwarzweiß gefliester Boden. Barkeeper mit Hosenträgern, an den Wänden batikähnliche, gemalte Teppiche mit Titeln wie "Paris mon amour". Birgit Schrowange sitzt an einem ruhigen Fenstertisch, sie trägt eine schwarze Hose mit knallrotem Pullover, hat eine Rhabarberschorle vor sich - und sieht hinreißend aus. Nicht zu glauben, dass sie in einigen Wochen ihren 57. Geburtstag feiert. Ihre türkisen, mitunter irisierenden Augen wären eine eigene Untersuchung wert.

Birgit Schrowange erzählt diese Anekdote aus der Kindheit, mit dem Pappkarton-Fernseher, und davon, wie die Ansagerinnen sie damals fasziniert haben. "Das war mein Traum, und ich habe daran gearbeitet, dass dieser Traum Wirklichkeit wird." Dabei war ihr die wohlklingende Stimme mit der kristallklaren Diktion nicht in die Wiege gelegt worden. "Ich hatte ja einen sauerländischen Slang", sagt sie.

"Ich musste dann Übungen machen wie: Eine Wirtin in Dortmund verkauft vierzig Würstchen." Die Moderatorin lacht zum ersten Mal. "Es hat lange gedauert, diesen Dialekt raus zu bekommen, aber ich war sehr motiviert und bin denen dann so lange auf die Nerven gegangen, bis sie mich an Castings haben teilnehmen lassen." Zu dieser Zeit war sie beim WDR in Köln beschäftigt - zunächst als Stenokontoristin, dann als Sekretärin, danach als Redaktionsassistentin.

„Er hat mich einfach machen lassen“

Es ging aufwärts mit der ehrgeizigen jungen Frau. "Ich hatte damals einen sehr netten Chef in der Abteilung Kommentare und Feature, und der ließ mich Ansagen für die Sprecher schreiben, ich konnte auch kleine Beiträge schneiden. Er hat mich einfach machen lassen, und so konnte ich überall reinschnuppern." Von dem schmalen Gehalt bezahlte sie Sprech- und auch Schauspielunterricht. "Ich habe mich wochenlang nur von Spaghetti mit Ketchup ernährt."

Birgit Schrowange erzählt von ihrer Kindheit im Dorf. Das besitzt einen herrlichen Uhlenbusch-Bullerbü-Farbstrich: "Wir gingen raus auf die Straße, zum Bauern, wir trafen immer Kinder, mit denen wir gespielt haben, Baumhäuser gebaut haben und in Höhlen geklettert sind." Heute seien die Kinder oft überbehütet. Früher sei es normal gewesen, ohne Helm Fahrrad zu fahren und ohne Knieschoner Rollschuh zu laufen. "Da hat man sich keinen Kopp drüber gemacht", sagt die Fernsehfrau und lacht. "Ich finde diese Art gesünder als die heutigen Helikopter-Eltern, die ihren Kindern gar nichts mehr zutrauen."

Aus ihrer Beziehung mit dem TV-Kollegen Markus Lanz stammt ihr Sohn Laurin (14). Ihn zur Selbstständigkeit anzuleiten, ist ihr sehr wichtig. "Wenn ich Montag abends auf Sendung bin oder sonst einmal abends nicht da bin, dann kocht er sich auch selber etwas - das habe ich ihm beigebracht, als er 13 war. Am Anfang fand er das hart, aber jetzt genießt er seine Selbstständigkeit." Ihr sei durchaus bewusst, dass ihr Kind "sehr privilegiert" aufwachse, "und das macht mir manchmal ein bisschen Sorge". Sie selbst stammt aus einfachen Verhältnissen. Vater Handwerker, Mutter Hausfrau.

Kein wohlstandsverwahrlostes Kind

Ihr Sohn habe zwei sehr prominente Eltern und werde auch sehr häufig darauf angesprochen. "Laurin und ich haben ein schönes Zuhause und machen tolle Urlaube", sagt Schrowange und blickt einen Moment lang nachdenklich aus dem Fenster. "Ich möchte aber, dass er nicht den Blick dafür verliert, dass es Menschen gibt, denen es nicht so gut geht wie uns. Dass er nicht so ein wohlstandsverwahrlostes Kind wird, das auf andere herab blickt." Deswegen nimmt sie ihn auch zu den sozialen Projekten mit, die sie unterstützt - zum Beispiel ins RTL-Kinderhaus oder die Kölner Arche.

Die Trennung vom Partner und Kollegen Lanz liegt ein paar Jahre zurück. "Ich gucke immer nach vorne und bin der Meinung, irgendwann ist es auch gut. Ich bin kein nachtragender Mensch", sagt die 56-Jährige. "Das haben wir beide gut hingekriegt. Wir gehen auch mal zusammen zu einer Schulveranstaltung von Laurin, oder Markus kommt zu mir, dann setzen wir uns in die Küche, trinken Kaffee und reden. Er darf Laurin jederzeit sehen und zu uns kommen."

Wenn eine reife Frau mit einem jüngeren Mann zusammen ist, erregt das immer noch Aufsehen. Dabei lag der Altersunterschied zwischen Schrowange und Lanz bei gerade einmal knapp elf Jahren. Trotzdem war dieser Unterschied ständiges Thema in den Medien. "Das ist so ungerecht", sagt die Moderatorin mit Verve. Wann ist denn ein Mann in ihren Augen attraktiv? Sie lächelt und zählt auf: "Wenn er Rückgrat hat, kein Weichei ist, sich traut, seine Meinung zu sagen, Humor hat, über den Dingen steht." Und: "Dass er keine Angst hat vor erfolgreichen Frauen. Leider Gottes ist es ja immer noch so: Wer das Geld hat, hat die Macht."

Singen macht glücklich

Fast alle Karrieremänner hätten zu Hause eine Frau, die ihnen den Rücken frei halte. "Männer haben tatsächlich Angst vor erfolgreichen Frauen, vor Anwältinnen oder Ärztinnen. Es ist nach wie vor Fakt: Ein Arzt heiratet eher seine Sprechstundenhilfe als eine Klinikchefin."

Birgit Schrowange möchte irgendwann eine monatliche Talkshow haben: "Und zwar ein Zweier-Gespräch - mit einem interessanten Menschen als Gast." Sie möchte weiterhin ihrer großen Leidenschaft frönen, dem Gesang: "Mich macht Singen glücklich." Ihrem aktuellen Buch ist eine CD beigelegt, mit drei Liedern, die sie aufgenommen hat. Aber vor allem hat Schrowange ein ganz festes Ziel.

"Man muss sich damit abfinden, älter zu werden. Jeder hat seine Zeit im Leben, und ich lebe einfach wahnsinnig gerne. Wenn man Lebensfreude hat und gesund ist, dann sieht man auch gut aus." Die demnächst 57-jährige Frau freut sich aufs Älterwerden. Ihre irisierenden Augen könnten nicht lebhafter sein, als sie diesen Wunsch formuliert: "Ich will eine coole Alte werden."

Lesen Sie auf der nächsten Seite den Lebenslauf von Birgit Schrowange.

Lebenslauf von Birgit Schrowange

Geboren am 7. April 1958 in Brilon-Nehden im Sauerland

Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin

1978-1983 Redaktionsassistentin beim WDR, Moderatorin des WDR-Schulfernsehprogramms (1981-82) sowie "Aktuelle Stunde" (1983-84). 1983-1994 Fernsehansagerin und Moderatorin beim ZDF, dort hat sie unter anderem die eigene wöchentliche Talkshow "Wiedersehen macht Freude" am Nachmittag.

Seit 1994 Moderation des wöchentlichen Magazins "Extra" bei RTL. 1995-2003 Moderation des Lifestyle-Magazins "Life! Die Lust zu leben" bei RTL.

2008 erhält sie das Bundesverdienstkreuz für ihr großes Engagement für sozial benachteiligte Kinder.

1998 erscheint das erste autobiografische Buch "So viel Lust zu leben - Meine Geschichte". 2014 veröffentlicht sie den autobiografischen Band "Es darf gern ein bisschen mehr sein!" mit Musik-CD (Nymphenburger Verlag, 224 Seiten, 19,99 Euro).

Mit ihrem ehemaligen Lebenspartner, dem TV-Moderator Markus Lanz, hat sie einen Sohn, Laurin (14). Birgit Schrowange lebt mit dem Sohn in Köln.

Veranstaltungstipp: Birgit Schrowange stellt am Do, 19. Februar (20h), bei Thalia Bonn (Metropol, Kuppelsaal) ihr Buch "Es darf gern ein bisschen mehr sein!" vor. Eintritt 8 Euro. Info: Tel. (0228) 18 49 780.

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