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Veedels-CheckVolkhoven/Weiler – Leben im multikulturellen Dorf

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Volkhoven/Weiler: ein Veedel zwischen Chorweiler Hochhäusern

Köln-Chorweiler – Laura Merella hat ein kleines Hörspiel zum Thema Heimat gemacht. Zu Gitarrenklängen denkt die 19-Jährige darüber nach, was „Heimat“ bedeuten kann. Jeder habe seine eigene Definition. Dann kommt sie zu dem Schluss: „Weiler und die Villa sind meine Heimat.“ Die Villa ist ein Jugendzentrum des katholischen Sozialverbandes SKM. Das schmucke Haus hinter mit Graffiti verzierten Mauern ist Anlaufpunkt für Jugendliche aus Volkhoven/Weiler und Umgebung. Laura will nicht weg aus dem etwas abgelegenen Stadtteil im Kölner Norden zwischen A57 und dem beängstigend großen Domizil des Verfassungsschutzes an der Merianstraße. „Jeder kennt jeden.“ Sie schätzt die „familiären Verhältnisse“. Ursprünglich waren Weiler und Volkhoven zwei kleine Dörfer, die im 20. Jahrhundert zusammengewachsen sind. Manche pflegen noch ein bisschen die Rivalität, „so wie zwischen Köln und Düsseldorf“, wie Bürgervereinsvorsitzender Jürgen Hoffmann sagt.

Die alten „Weileraner“ hätten nicht verwunden, dass die Stadt bei der Namensgebung Volkhoven vor Weiler gesetzt habe. Für die jüngeren wie Laura oder die vielen, die in den vergangenen Jahrzehnten zugezogen sind, spielt das keine Rolle mehr. Man habe sich zu einem „multikulturellen Dorf“ entwickelt, sagt Regina Schimkowski vom Bürgerverein, der sich ehrenamtlich um ein für die gesamte Stadt vorbildliches Projekt kümmert: Aus einer Brachfläche wurde ein „Generationenpark“ mit Sportfeldern, Spielplatz und Skater-Rampe. So einen Treffpunkt, wo das Veedel zusammen kommt, der Bürgerverein zu Festen einlädt, Menschen spielen, grillen und feiern, gibt es nur selten.

In der Nachbarschaft findet man noch zahlreiche Überreste der eher ländlichen Vergangenheit. Viele Gebäude stehen auf der Denkmalliste der Stadt, aber ihre Funktionen haben sich verändert. Aus Hofanlagen wurden Wohnungen. Wo früher Freiflächen waren, stehen heute Reihen- und Mehrfamilienhäuser. Am nördlichen Rand von Weiler bekommt man eine Vorstellung davon, wie es früher nicht nur hier gewesen sein könnte.

Die Kühe und Pferde des großen Dresenhofs grasen vor der Hochhaus-Silhouette Chorweilers. Geht man tiefer in den Wald, erreicht man eine weitere Attraktion, die Besucher aus der Stadt locken könnte. Rund um das in den 1920er Jahren erbaute, immer noch schicke Wasserwerk findet man nicht nur ein intaktes Waldökosystem, sondern auch einen Wasserlehrpfad mit alten Pumpen, einem „Edelstahl-Schlitzbrücken-Filterrohr“ und anderen Demonstrationsobjekten.

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Noch ein Grund, hier vorbei zukommen, ist die sogenannte Simultanhalle, mit dem Architekten die Wirkung von Fassade, Shed-Dächern und Innenausbau des Museums Ludwig demonstrieren wollten. Sie wurde vier Jahrzehnte für Kunstausstellungen genutzt. Doch nun soll der Bau abgebrochen werden, weil eine Sanierung zu teuer ist. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Im Veedel und im Stadtbezirk kämpft man für den Erhalt.

Der marode Vorzeigebau steht auf einem für die Stadtgeschichte bedeutsamen Gelände. Am Volkhovener Weg befindet sich das alte Haus der Volksschule, in der am 11. Juni 1964 ein Attentäter mit einem selbst gebauten Flammenwerfer und einer Lanze acht Kinder und zwei Lehrerinnen tötete sowie viele andere verletzte.

Der Amoklauf liegt mehr als 50 Jahre zurück – und doch ist er vor Ort immer noch präsent. Wenn man mit Alt-Eingessenen spricht, kommt irgendwann das Thema zur Sprache. Man kannte und kennt die Opfer oder gar den Täter, der in Heimersdorf wohnte. Einige haben Narben der Brandverletzungen. Die Erinnerung hat sich tief ins Veedelsgedächtnis eingeprägt. Regelmäßig wird der Opfer gedacht. Bürger fordern, dass aus der Grünfläche gegenüber der Schule ein „Gedächtnispark“ wird.

Es gibt weitere „Veedels-Baustellen“, bei denen man sich mehr Engagement der Stadt wünscht. Die Grünflächen könnten mehr Pflege vertragen, so Anwohnerin Henny Rütz. Außerdem würden sich einige Menschen Sorgen um ihre Sicherheit machen. Der Bürgerverein hätte gern mehr Polizeipräsenz, am liebsten einen „Dorfpolizisten“, der wie früher durch die Straßen geht.

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