Everhard RicharzNoch einmal St. Laurentius hören

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Mit einem Festumzug durch Niederkassel-Mondorf wurde die Primiz von Kaplan Everhard Richarz 1930 gefeiert. Das elterliche Haus war mit Blumen feierlich geschmückt.

Mit einem Festumzug durch Niederkassel-Mondorf wurde die Primiz von Kaplan Everhard Richarz 1930 gefeiert. Das elterliche Haus war mit Blumen feierlich geschmückt.

Niederkassel – Die Suche nach dem passenden Ort dauerte mehr als drei Jahre. Eine Straße als bleibende Erinnerung an einen engagierten Mondorfer, der während des Nationalsozialismus jüdischen Familien Fluchthilfe leistete, was ihm zum Verhängnis wurde. Dafür setzte sich der Ortsausschuss Sankt Laurentius Mondorf um Pastor Heribert Krieger und Hans-Dieter Umschlag vehement ein. In dieser Woche nun wird – wie vom Rat 2011 beschlossen – das neu gestaltete Ufer am Fähranleger in Mondorf nach ihm benannt. Fast auf den Tag 109 Jahre nach seiner Geburt in Mondorf wird es ein „Kaplan Everhard Richarz Ufer“ geben. 

„Stolperstein“ erinnert an Geistlichen 

Am 3. Juni 1904 wurde Everhard Richarz in Mondorf geboren, wenige Tage darauf in der Pfarrkirche Sankt Laurentius getauft. Die Familie, zu der noch drei Schwestern und vier Brüder gehörten, lebte in der Obersten Gasse. Vor dem Elternhaus ist heute ein „Stolperstein“ in den Boden eingelassen, als Erinnerung an Everhard Richarz. In der Kirche erinnert seit 2011 eine Gedenktafel an den mutigen Mann. „Das Ufer in Mondorf ist ein würdiger Ort zur Erinnerung an ihn“, betont CDU-Mitglied Hans-Dieter Lülsdorf, der sich für die Straßenwidmung eingesetzt hat. „Neue Straßen gibt es meist nur in Gewerbegebieten, das wäre nicht passend gewesen.“ Das neue Ufer, als beliebtes Ausflugsziel hingegen scheint allen nun als der richtige Platz.

Der junge Mondorfer studierte in Bonn katholische Theologie, am 12. März 1930 wurde er im Kölner Dom zum Priester geweiht. Seine Primiz wurde in Mondorf mit einem festlich geschmückten Elternhaus und einem Festumzug durch den Ort gefeiert. Seine erste Kaplanstelle war in Essen-Steele. Dort erlebte er ab 1933 die Verfolgung jüdischer Mitbürger. Von 1934 bis 1938 war er Kaplan in Köln-Lindenthal. Sein Wirken hier brachte ihm erste Verwarnungen und Geldstrafen durch die Gestapo ein: Everhard Richarz hielt kämpferische Predigten, seine engagierte Jugendarbeit und die Betreuung polnischer Bürger fielen unangenehm auf. Im Oktober 1938 wurde er Kaplan in Oberhausen. Gemeinsam mit seinen Brüdern half er jüdischen Familien, bevor sie vom Staat enteignet und ausgeplündert werden konnten, zur Flucht in die Niederlande. 1939 wurden sie deshalb wegen Wirtschaftssabotage und Devisenvergehen verhaftet. Im Gegensatz zu seinen Brüdern wurde Everhard Richarz nie verurteilt, kam jedoch in Haft: Erst in Oberhausen, dann im Kölner Klingelpütz. Ende 1939 wurde er ins Gefängnis Berlin-Moabit verlegt.

Dort erkrankte er schwer an Lungenentzündung und Tuberkulose. Es wird vermutet, dass er zu den Gefangenen zählte, an denen ärztliche Tuberkuloseversuche unternommen wurden. Im Januar 1941 erhielten seine Geschwister die Nachricht, sie könnten ihren todkranken Bruder holen. Er hatte sich gewünscht, noch einmal die Glocken von Sankt Laurentius zu hören. Am 13. Februar 1941 starb er 16 Stunden nach seiner Ankunft in Niederkassel, sein Grab ist auf dem Mondorfer Friedhof.

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