CottbusMutter soll eigenes Kind im Sofakasten versteckt und missbraucht haben

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11.12.2018, Brandenburg, Cottbus: Die Angeklagte im Prozess wegen sexuellen Missbrauchs ihres eigenen Kindes sitzt in einem Verhandlungssaal des Landgerichts zwischen Anwälten.

Cottbus – Als im Herbst 2017 eine Zwölfjährige in Cottbus verschwindet, ahnt wohl niemand, dass gut ein Jahr später ihre eigene Mutter vor Gericht stehen wird. Das Mädchen kommt von einem Arztbesuch nicht mehr in die Wohngruppe zurück, in der es seit Jahren lebte. Das Jugendamt hatte die Obhut. Solche Fälle gibt es immer wieder - oftmals handelt es sich um junge Ausreißer, die nach Tagen wieder zurückkehren.

Aber diesmal ist alles anders. Das Kind soll über Monate in der Wohnung der Mutter ohne Kontakt zur Außenwelt versteckt worden sein. Die heute 52-Jährige soll ihre Tochter gemeinsam mit ihrem Partner immer wieder sexuell missbraucht haben - bis die Polizei im März das Mädchen in der Wohnung findet.

Verlobter der Mutter sitzt in Untersuchungshaft

Zum Prozessauftakt am Dienstag vor dem Landgericht Cottbus schweigen beide Angeklagten. Die Mutter sitzt in einer Jacke und mit einem gebundenen Haarzopf im Verhandlungssaal direkt der Staatsanwaltschaft gegenüber. Der mitangeklagte 47-jährige Mann wird erst kurz vor Prozessbeginn in Handschellen hereingeführt. Anders als die Frau ist er in Untersuchungshaft. Sie kam nach ihrer Festnahme im März unter strengen Auflagen wieder auf freien Fuß.

Der mit einem Hemd bekleidete Angeklagte nimmt Platz, er trägt einen langen Bart. Laut Staatsanwaltschaft sind die angeklagten Deutschen bis heute ein Paar und sogar verlobt. Das Opfer ist am ersten Prozesstag nicht ins Landgericht gekommen.

Mädchen vor Behörden im Sofa versteckt

Was sich monatelang in der Wohnung in der Gemeinde Groß Schacksdorf (Brandenburg) zugetragen haben soll, wiegt schwer. So soll das Mädchen keinerlei Kontakt zu anderen Menschen gehabt haben. Wenn Behörden Kontrollen bei der Mutter machten, wurde das Kind laut Staatsanwaltschaft im Holzkasten eines Sofas im Wohnzimmer versteckt. Sogar die Haare des Mädchens soll der Angeklagte geschnitten und gefärbt haben, damit niemand es entdeckt oder erkennt. Gegenüber Behörden und der Presse machte das Paar demnach falsche Angaben.

Fast 100 Taten listet die Staatsanwaltschaft in der Anklage auf. Die Vorwürfe lauten auf schweren sexuellen Missbrauch und Entziehung einer Minderjährigen. Vor den Augen der Mutter soll es zu den sexuellen Handlungen gekommen sein. Immer wieder soll die Frau auch daran beteiligt gewesen sein.

Angeklagter soll vorgehabt haben, das Kind zu schwängern

Der unter anderem wegen Körperverletzung vorbestrafte Mann soll die Absicht gehabt haben, das Kind zu schwängern. Staatsanwältin Martina Eberhart sagt am Rande des Prozessauftaktes vor Journalisten, dass die Anklagebehörde davon ausgehe, dass das Mädchen freiwillig bei den beiden war.

Mit Fahndungsplakaten hatte die Polizei nach dem Mädchen gesucht und Zeugenaufrufe gestartet. Im März fanden sie es schließlich laut Staatsanwaltschaft in der Wohnung der Mutter, nur mit einem Slip und einem T-Shirt bekleidet. Die heute 14-Jährige ist Nebenklägerin in dem Prozess. Ihre Vertreterin, die Anwältin Claudia Napieralski, sagt: „Es geht ihr verhältnismäßig gut“ - solange sie nicht an das Verfahren denke. Die Nebenklage bezieht sich nur auf den Mann. Gegen die Mutter wolle ihre Mandantin nicht aussagen, stellt die Anwältin klar.

Ob das Opfer im Prozess Angaben machen wird, ist noch unsicher. Zum nächsten Prozesstag am Montag (17. Dezember, 9.00 Uhr) ist die 14-Jährige einem Gerichtssprecher zufolge zwar geladen. Aber ihre Anwältin sagt am Dienstag: „Sie möchte nicht in der Hauptverhandlung aussagen.“ (dpa)

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