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Schokoriegel mit BestellcodesFahnder sprengen Drogenring im Internet

Lesezeit 3 Minuten
Screenshot Videp Polizia

Köln – Es sind beeindruckende Szenen: Spezialkräfte der niederländischen Polizei zertrümmern eine Glastür und dringen mit Atemschutzmasken in ein Labor in der Nähe von Amsterdam ein. Es ist der Zugriff in einem spektakulären Verfahren um international agierende Online-Drogenhändler. „Das ist einer unserer größten Schläge gegen Drogenhandel im Netz“, sagte Markus Hartmann, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW.

Mehr als 15.000 Einzelfälle

Deutsche und niederländische Beamte haben nach jahrelangen verdeckten Ermittlungen einen Ring von Drogenhändlern gesprengt. Vier Niederländer im Alter von 26, 31, 65 und 66 Jahren kamen in Haft. Sie sollen den virtuellen Shop rund drei Jahre lang unterhalten und dabei etwa 2,7 Millionen Euro eingenommen haben. Weil die chemischen Drogen als besonders gefährlich gelten, konnten die niederländischen Spezialeinheiten nur mit Atemmasken und Schutzkleidung beim Zugriff arbeiten. Den Tatverdächtigen werden über 15.000 Einzelfälle vorgeworfen und dabei gingen die Männer ausgesprochen trickreich vor. Damit nur eingeweihte Personen bei den Drogendeals mitmachen konnten, bedienten sich die Täter eines Schoko-Riegels.

Schokoriegel mit Bestellcodes

Vor der eigentlichen Abwicklung des Geschäftes wurden den Kunden zunächst Schokoriegel zugeschickt, auf denen Bestellcodes für ihren eigentlichen Kauf standen. Die Substanzen versandten sie dann über Postfilialen im Grenzgebiet von Deutschland und den Niederlanden. Drei im Verteilerzentrum am Flughafen Leipzig angekommene verdächtige Briefe mit Drogen brachten die Ermittler vor Monaten auf die Spur der Täter. Nach Angaben der Beamten, war der Handel professionell über ein Versandzentrum in den Niederlanden organisiert. Die Rohstoffe für die Drogen bekamen die Tatverdächtigen per Paket aus China.

Durchsuchung auch in NRW

Am vergangenen Mittwoch durchsuchten Fahnder zwölf Wohn- und Geschäftsräume in den Niederlanden und ein Objekt in Nettetal (NRW). Dabei fanden sie mehrere Kilogramm verschiedener synthetischer Substanzen sowie 40 000 Euro Bargeld. Die Tatverdächtigen sollen demnächst nach Deutschland ausgeliefert werden, sagte Oberstaatsanwalt Hartmann. Derzeit sitzen die Männer in den Niederlanden und in Kroatien in Haft. Dort steht auch ein Lamborghini von einem der Tatverdächtigen. Es ist geplant, den Luxuswagen im Rahmen der Vermögensabschöpfung zu beschlagnahmen.

Klassischer Drogenhandel ist passé

Die Spezialisten der Kölner Staatsanwaltschaft für Internetkriminalität betonten, dass der klassische Drogendealer an der Ecke eigentlich Vergangenheit ist. Der Handel mit Betäubungsmittel sei mittlerweile ein sehr florierendes Geschäft im Netz. „Die Täter handeln durch und durch international“, sagte Justizminister Peter Biesenbach und betonte weiter: „Wer Drogen über einen Darknet-Shop verkauft, weiß nicht, wer seine Abnehmer sind“. So könne nicht verhindert werden, dass Jugendliche und Heranwachsende höchstgefährliche Substanzen beziehen.

Hinzu komme, dass viele Drogenmischer in dem aktuellen Fall keine Experten sind. „Die Männer haben Laienkenntnisse. Für die angewandten Verfahren sind ausgebildete Chemiker notwendig“, ergänzte Oberstaatsanwalt Hartmann. Umso gefährlicher sei der Konsum. Die Abnehmer der synthetischen Drogen seien Menschen „quer aus der Bevölkerung“. Nach den vier Festnahmen gilt es jetzt weitere Komplizen zu ermitteln. In noch nicht absehbarer Zeit soll dann vermutlich am Landgericht in Köln nach der Anklage das Großverfahren beginnen.

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