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Sensationsfund in ÄgyptenMansoura-Saurus ist ein lange gesuchtes Puzzleteil

Lesezeit 4 Minuten
Dino

Diese Animation - erstellt auf Basis der Knochenfunde in Ägypten - zeigt den Mansoura-Saurus in seiner damals pflanzenreichen Umgebung.

Kairo – Es ist eine Geschichte, die muss man einfach erzählen. Die Entdeckung eines 70 Millionen Jahre alten Dinosauriers mitten in der westlichen Wüste Ägyptens in der Nähe einer Oase ist nicht nur als Fund an sich eine Sensation. Spektakulär ist auch, dass es eine Gruppe junger ägyptischer Frauen war, die auf der Suche nach fossilen Knochen wochenlang in die Wüste zog.

Ein Forscherteam der ägyptischen Provinzuniversität Mansoura hatte die versteinerten Knochen eines Dinos gefunden. So groß wie ein Schulbus, so schwer wie ein Elefant. Drei Wochen lang hatte das Team, meist junge Studentinnen, unter Anleitung von Professor Hisham Salam in der Nähe der Oase Dakhla campiert und in mühevoller Kleinarbeit die Knochen ausgegraben und eingesammelt. Damals ahnten die jungen Forscherinnen noch nicht, dass ihr Fund Aufsehen erregen sollte. Aber als sie ihn Ende Januar im Wissenschaftsmagazin "Nature" publizierten, war klar: Sie hatten ein fehlendes Puzzlestück gefunden, das Wissenschaftler lange gesucht hatten. Mit ihm können sie nachweisen, dass Europa und Afrika vor 70 Millionen Jahren mit einer Landbrücke verbunden waren.

Stolze Finderinnen

Drei Autostunden von Kairo entfernt liegt die Stadt Mansoura. In der dortigen Provinzuniversität liegen die Fundstücke aufgereiht. Stolz präsentieren drei der Finderinnen ihre Entdeckung. "Eine der Fragen, die Wissenschaftler immer beschäftigt hat, war, ob Afrika vom Rest der Kontinente isoliert war oder ob es doch eine Landverbindung mit Europa gab und wann diese abgebrochen ist", erklärt die Studentin Iman El-Dawoudi. "Wir haben die Verbindung gefunden. Denn unser Saurier ist mit anderen europäischen Dinosauriern verwandt." Der Name ihres Fundes war schnell ausgemacht: "Eine befreundete Wissenschaftlerin in den USA sagte, ihr seid doch aus Mansoura. Nennt ihn doch Mansoura-Saurus", erzählt Sanaa El-Bassiouni, die stellvertretende Leiterin der zuständigen Uniabteilung. Sarah Saber war es, die den ersten versteinerten Knochen des Sauriers im Wüstensand entdeckt hatte. "Ich war wie im Schock. Öfters hatte ich schon einzelne Knochen gefunden, aber so viele auf einmal?" Sie habe den Professor dazugerufen. Der sagte, das sei ein Dinosaurier und könnte bedeutend sein.

Nun arbeitet der ägyptische Nachwuchs mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zusammen. Bei der Frage, ob die Fundstücke vielleicht auf Reisen gehen könnten, schütteln sie alle kategorisch den Kopf. "Nein, Mansoura-Saurus bleibt hier", sagen sie und erinnern an ältere Dino-Funde in der ägyptischen Wüste. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatte der deutsche Paläontologe Ernst Freiherr Stromer von Reichenbach in der Nähe der ägyptischen Oase Bahariyya einen Spinosaurus entdeckt und nach München gebracht, wo dessen rekonstruiertes Teilskelett einen prominenten Platz in der Bayerischen Staatssammlung bekam. Beim Bombenangriff der Alliierten wurde es 1944 zerstört. Ein anderer ägyptischer Saurier landete in Pennsylvania. "Der Mansoura-Saurus soll im Land am Nil bleiben. Vielleicht bringt er sogar Touristen in unsere Provinzstadt", hofft Iman.

Arbeit von jungen Frauen in der Wüste ungewöhnlich

Dass junge ägyptische Frauen in Wüstenexpeditionen arbeiten, ist eher ungewöhnlich. Im konservativen Milieu des Nildeltas leben Frauen stets unter den wachsamen Augen ihrer Familien - die Wüste gilt als lebensfeindliche Gefahr. Das schreckte die jungen Frauen nicht. Sie haben bei der Suche nach Dinos Wochen in der Wüste verbracht. Durch Pflanzenreste in Gesteinsablagerungen wussten sie, dass sich an der späteren Fundstelle vor Millionen Jahren üppige Vegetation befunden haben musste, wahrscheinlich Mangrovenwälder, die den gigantischen Pflanzenfressern genug Nahrung boten. Nachdem sie ihren Fund gemacht hatten, campierten sie drei Wochen am Stück dort. "Das Ausgraben benötigte Muskelkraft. Wir haben von morgens bis abends gegraben", blickt Iman zurück. "Manchmal war es schwer. Zum Beispiel, als ein Sandsturm ausbrach." Einmal habe es in der Wüste geregnet. "Wir haben bewiesen, was wir als junge Frauen erreichen können. Alle jene, die Töchter haben, sollten sich durch unser Beispiel ermutigt fühlen, sie auch bei schwierigen Dingen zu unterstützen", sagt Iman.

In ihrer Kindheit wussten sie nichts von Dinosauriern, erzählen die Studentinnen. Iman stammt aus einem kleinen Dorf im Nildelta, wo ihre Passion für Saurier bisher auf Unverständnis stieß. "Meine Familie fragte mich ständig, was ich da immer so lange in der Wüste mache."

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