Vermisste Studenten in MexikoGangster gestehen Massaker

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Mexikianische Bundespolizisten suchen nach den verschleppten Studenten.

Mexikianische Bundespolizisten suchen nach den verschleppten Studenten.

Mexiko-Stadt – Die in Mexiko verschleppten Studenten sind wahrscheinlich tot: Mehr als einen Monat nach dem Verschwinden haben mutmaßliche Mitglieder der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ den Mord an den jungen Leuten eingeräumt. Sie hätten eine größere Gruppe getötet und die Leichen verbrannt, sagten die Verdächtigen. Die Generalstaatsanwaltschaft veröffentlichte am Freitag (Ortszeit) Videos der Vernehmungen. Nahe der Ortschaft Cocula im Bundesstaat Guerrero entdeckten die Ermittler Asche und Zähne. Die Proben würden nun in einem Universitätslabor im österreichischen Innsbruck untersucht, um die Opfer zu identifizieren, sagte Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam. Solange keine Beweise vorlägen, würden die jungen Leute weiter als vermisst gelten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf Mexiko Nachlässigkeit bei der Verfolgung schwerer Straftaten vor. „Die Korruption und Gewalt sind seit Jahren offensichtlich. Wer sie ignoriert, hat sich zum Komplizen in dieser Tragödie gemacht“, sagte die Amerika-Beauftragte Erika Guevara Rosas. Beim Mord an den Studenten handele es sich um ein Staatsverbrechen und zudem um keinen Einzelfall.

Ende September waren 43 Studenten eines linksgerichteten Lehrerseminars in der Stadt Iguala offenbar von Polizisten verschleppt worden. Später wurden sie Zeugenaussagen zufolge an Mitglieder der Bande „Guerreros Unidos“ übergeben. Diese hätten die Entführten auf einer Müllkippe bei Cocula getötet, ihre Leichen mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt, sagten die Verdächtigen nun. Die sterblichen Überreste seien in einen Fluss geworfen worden. Bereits vor mehreren Wochen hatten festgenommene Mitglieder der „Guerreros Unidos“ den Mord an 17 der Studenten gestanden und die Ermittler zu Massengräbern bei Iguala geführt. Bei den dort entdeckten Leichen handelte es sich allerdings nicht um die Vermissten, wie DNA-Tests ergaben. Die nun Festgenommenen machten allerdings wesentlich detaillierte Angaben zum Tatverlauf. Der Bürgermeister von Iguala und seine Frau waren am Dienstag als mutmaßliche Drahtzieher der Tat festgenommen worden. Offenbar wollte Rathauschef José Luis Abarca verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Frau als Vorsitzende des örtlichen Wohlfahrtsverbands stören. Die Lehramtsstudenten sind Indios aus einfachen Verhältnissen und für ihren politischen Aktivismus bekannt. Bürgermeistergattin María de los Ángeles Pineda stammt aus einer Drogenhändlerfamilie mit Verbindungen zum Beltrán-Leyva-Kartell. Sie soll ein führendes Mitglied der „Guerreros Unidos“ sein. Nach Einschätzung der Ermittler arbeiten in der Region örtliche Politiker, korrupte Polizisten sowie Verbrecher Hand in Hand.

„Unsere Nation erlebt schwierige Zeiten. Die Ereignisse von Iguala empören uns alle“, sagte Präsident Enrique Peña Nieto. Der Staatschef betont nur selten das enorme Gewaltproblem und versucht seit seinem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren lieber, Mexiko als aufstrebendes Schwellenland zu positionieren. „Ich gebe den Familien der Verschwundenen und allen Mexikanern mein Wort: Wir werden nicht innehalten, bis der Gerechtigkeit Genüge getan ist“, sagte er am Freitag auf einer Wirtschaftskonferenz. Die Angehörigen hingegen erhoben schwere Vorwürfe gegen die Behörden. „Es war der Staat, der die Jungs entführt hat“, sagte der Sprecher der Opferfamilien, Felipe de la Cruz. Ihr Vertrauen in die Regierung ist erschüttert, auch den jüngsten Ermittlungsergebnissen schenken sie keinen Glauben. „Solange es keine Beweise gibt, sind unsere Kinder für uns noch am Leben“, sagte eine Mutter. (dpa)

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