Zum WeltbienentagEin Insekt lässt Naturschutz zum Trend werden

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Biene_dpa

Löwenzahn gilt als Unkraut - für Wildbienen dagegen ist die sonnengelbe Blume, die auf naturbelassenen Wiesen wächst, eine wichtige Nahrungsquelle.

Köln – Der internationale Tag der Jogginghose wird seit zehn Jahren gefeiert – der Weltbienentag dagegen am 20. Mai erst zum zweiten Mal überhaupt. Nun mag es sein, dass es immer noch weit mehr Jogginghosenliebhaber als Bienenfreunde gibt. Aber die schwarzgelbe Summerin nimmt an Wichtigkeit zu. Weil sie stirbt: Laut dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) sind von rund 560 Wildbienenarten mehr als 41 Prozent in ihrem Bestand gefährdet.

Schuld ist der Mensch und die Monokultur

Schuld ist der Mensch, insbesondere der, der Landwirtschaft in Monokultur betreibt und so den Bienen ihre Nahrungsquelle – die Pflanzenvielfalt – entzieht. Die Biene hat eine starke Lobby bekommen. Und sie ist dadurch zum Beziehungstier geworden. Eine persönliche Betrachtung über das neue Verhältnis zu einem stacheltragenden Insekt.

Allergien kommen und gehen ja bekanntlich. Insofern müsste ich mich auf eine Biene draufsetzen, um herauszufinden, ob meine Bienenallergie noch vorhanden ist. Als Kind habe ich das einmal getan. Die Biene, bevor sie platt war, stach zu – mein Körper schwoll in Sekundenschnelle an, ruckzuck brachten mich meine Eltern ins Krankenhaus.

Einige Jahre später schrieb ich ein Porträt über eine Imkerin, die meine allergiebedingte Abneigung gegenüber der Biene nicht hinnehmen wollte. Sie nötigte mich zum Bienenstreicheln, mit dem schlagenden Argument, das würden sich „selbst Kinder in Kindergärten trauen“. Ich traute mich also auch, strich mutig über eine Wabe, auf der die Arbeiterbienen derart mit der Honigproduktion beschäftigt waren, dass sie sich über ihre pelzigen Körper streichen ließen, ohne sich auch nur umzudrehen.

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Bienennahrung: Die Tüte für das gute Gewissen

Aktuell blicke ich, wenn ich auf meinem Balkon sitze, auf einen Blumenkasten, in dem struppiges, unordentliches, wenig attraktives Grün sprießt. „Bienennahrung“ stand auf der Samenpackung, die ich großzügig in die Erde gesät hatte. Ich ahne, was mir demnächst dort blühen wird. Keine große, duftende, schöne Blume wird in meinem Kasten geboren, dafür eine Blume mit Gehalt.

„Gerade die schönsten Blüten“, sagt Andreas Fleischmann von der Botanischen Staatssammlung München, „bieten für Bienen oft keine Nahrung. Das sind häufig gefüllte Blüten, bei denen Staub- und Fruchtblätter zu Blütenblättern umgewandelt sind.“ Die Rose, die Narzisse und die Dahlie machen was her, aber nicht satt: kein Nektar, keine Pollen. Hätten Sie mich vor ein, zwei Jahren nach dem Nektargehalt meiner Pflanzen gefragt, ich hätte mit den Achseln gezuckt.

Nur ein kleiner Schritt in Richtung Bienenretter

Heute bin ich eine von vielen, die unordentliches Grün sprießen lassen – schlamperte Grünanlagen sind in, wer Bienen rettet, ist Trendsetter, und entsprechend läuft das Geschäft mit „Bienennahrung“: Jeder Supermarkt bietet die Tüte für ein gutes Gewissen an. Neuerdings sind in Pflanzencentern auch an prominenter Stelle Kästen mit Löchern zu betrachten: Insektenhotels. Kann man auch selber bauen: „Jeder Idiot“, sagt ein Freund dazu, „bohrt neuerdings Löcher in Holzklötze.“

Hm, Idiot? Wer einmal auf die Biene gekommen ist, für den ist es eben nur noch ein kleiner Schritt hin zum Retter aller Insekten. Außer der Mücke, natürlich. Die Mücke hat wohl auf ewig keine Lobby. Wobei das mit der Lobby so eine Sache ist. Lobbys unterliegen ebenfalls Zeitgeistströmungen.

Europäische Bürgerinitiative „Rettet die Bienen!“

​Die Europäische Bürgerinitiative „Rettet die Bienen!“ kann offiziell an den Start gehen. Die EU-Kommission kündigte am Mittwoch in Brüssel an, die Initiative am 27. Mai offiziell zu registrieren. Die Organisatoren haben dann ein Jahr Zeit, um in mindestens sieben EU-Ländern eine Million Unterschriften zu sammeln.

Die Initiative geht auf ein bayerisches Volksbegehren unter demselben Motto zurück. Die Bienenschützer fordern unter anderem, dass in der Landwirtschaft weniger und vor allem keine gefährlichen Pestizide verwendet werden. Pflanzenschutzmittel, die seit rund 70 Jahren in der Landwirtschaft massenhaft eingesetzt werden, gelten als eine Ursache für massenhaftes Bienensterben. Außerdem sollen etwa mehr Schutzgebiete geschaffen werden und zusätzliche Finanzmittel in Forschung und Bildung fließen.

Hat die Bürgerinitiative Erfolg, muss die EU-Kommission sich mit dem Thema auseinandersetzen. Sie kann beschließen, den Forderungen nicht nachzukommen, muss ihre Entscheidung aber in jedem Fall begründen. (afp)

Bienenfördernde Maßnahmen schon vor 220 Jahren

Die Biene hatte schon einmal eine Lobby. Eine starke sogar. Eine, die dafür sorgte, dass die Anpflanzung von Bienenweidepflanzen per Dekret auf das Dringlichste empfohlen wurde. Eine, in der Schüler in Aufzucht und Pflege von Bienen unterrichtet wurden – und wer besonders eifrig dabei war, bekam als Dankeschön einen eigenen Bienenstock geschenkt. Das ist gut 220 Jahre her. 1787 ordnete Joseph II., Sohn von Österreichs Kaiserin Maria Theresia, diese und andere bienenfördernde Maßnahmen an – seine Mutter war es übrigens, die die allererste staatliche Imkerschule ins Leben rief.

Ebendort wurde ein Mann namens Anton Janscha Direktor. Ein Imker aus Slowenien, geboren 1734 in Greznica, der schon als Kind die Liebe zu Bienen entwickelt hatte und später zahlreiche Schriften zur Bienenzucht verfasste. Ihm ist es am Ende zu verdanken, dass der 20. Mai zum Weltbienentag wurde: Die Slowenen schlugen diesen Tag – Geburtstag von Janscha – den Vereinten Nationen 2017 vor.

Das Leben „da draußen“ geht zurück

Man kann den Weltbienentag damit verbringen, jene Zeitgenossen, die sich über das „Unkraut“ im Balkonkasten mokieren, eines Besseren zu belehren. Dass nämlich die Biene auf ihrer Nahrungssuche etwa ein Drittel aller landwirtschaftlichen Nutzpflanzen bestäubt – und damit unsere Lebensmittel sichert. Man kann Insektenhotel-Zyniker daran erinnern, dass sie früher immer im Sommer auf langen Autofahrten anhalten mussten, um die Windschutzscheibe zu reinigen – weil massenweise Insekten darauf klebten. Und heute? Heute kann man durchfahren. Und tut's – mit einem mulmigen Gefühl, dass „da draußen“ das Leben zurückgeht.

Man kann am Weltbienentag aber auch einfach neben der „Bienennahrung“ auf dem Balkon Platz nehmen. Und sitzen bleiben, während die Braun-Gelben direkt neben einem Nektar trinken. Dass sie einen Stachel mitführen, nimmt man ihnen längst nicht mehr übel.

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