Das Wesen hinter den Dingen ergründet

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SIEGBURG. Stets elegant gekleidet, mit wachem Blick und großen Schritten dahinschreitend: So flanierte er im hohen Alter noch täglich durch Siegburg, der Stadt, in der er seine künstlerischen Spuren hinterlassen hat. Gemeint ist Ulrich Bliese. Im Alter von 91 Jahren ist der bekannte Bildhauer am Samstag gestorben, wie erst jetzt bekannt wurde.

Der Zweite Weltkrieg hatte den in Pommern aufgewachsenen Bliese nach Siegburg verschlagen. Als Oberleutnant war er Chef einer FLAK-Batterie in Lülsdorf. An der renommierten Städel-Kunsthochschule studierte Bliese Bildhauerei und stieg mit der Gründung des Troisdorfer Gymnasiums Zum Altenforst 1961 als Kunsterzieher ein. Fast 20 Jahre, bis 1980, machte er seinen Job und das die meiste Zeit als einziger Kunstlehrer im Kollegium. Ganze Generationen, so schrieb die Schule zu Blieses 80. Geburtstag, habe er geprägt. Mehr noch hat Bliese den so genannten Öffentlichen Raum geprägt. Der Architektur setzte er seine persönlichen künstlerischen Akzente auf: Auf Elementares reduzierte, meist figürliche Darstellungen, aber auch mathematisch-rhythmische Kompositionen aus unterschiedlichen Materialien wie Holz, Stein, Edelstahl, Schiefer und Mosaik, prägen sein Werk.

Mit dem Bauboom der 50er Jahre füllten sich die Auftragsbücher des Künstlers. Das Sgraffito an der ehemaligen evangelischen Volksschule in der Seidenbergstraße trägt seine Handschrift. Für die neue Stadtbibliothek an der Griesgasse ließ er vor 20 Jahren Buchstaben aus Bronze auf einer Scheibe aus Granit schweben - Symbol für den Geist, der sich über die Materie erhebt. Auch der „Grantham-Stein“ in Sankt Augustin und das Objekt „Nachbarn“ in Hangelar stammen aus seinem Atelier. Ebenso die Büste Engelbert Humperdincks am Eingang zum Stadtmuseum, die eine weitere Facette seines Schaffens verdeutlicht. Viele prominente Persönlichkeiten, darunter auch den Siegburger Schriftsteller Willi Schäferdiek, der auf dem Brückberg schon beinahe ein Nachbar des Bildhauers war, hat Bliese modelliert. Auch dabei ging es dem Künstler um mehr als die bloße naturalistische Darstellung, „Das Wesentliche hinter den Dingen“, so hat er einmal in einem Interview mit der Rundschau gesagt, habe er ergründen und vermitteln wollen. Und ist dabei stets gegen den Strom des Zeitgeistes geschwommen.

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