Die Stadt war in Bewegung

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Menschen tanzten, beteten, sahen Schülertheater und Filme: Die Stadt war in Bewegung. Gut 10 000 Menschen besuchten am Freitag an 49 Schauplätzen die dritte Bonner Kirchennacht - ein Angebot der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen.

Publikumsmagneten waren die alt-katholische Kirche Sankt Cyprian, der Windeck-Bunker und die evangelische Kreuzkirche am Kaiserplatz, deren Turm weithin sichtbar wie eine Adventskerze angestrahlt war. In der überfüllten Kirche Sankt Cyprian diskutierten die Bischöfe Joachim Vobbe (alt-katholisch), der rheinische Präses Nikolaus Schneider (evangelisch), der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke und der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos über die Zukunft der Ökumene und sprachen sich für ihre Stärkung der Ökumene aus.

Im Windeck-Bunker hatten Notfall- und Militärseelsorger in Kooperation mit dem Malteserhilfsdienst eine „Notkirche“ errichtet. Thematisch ging es um Leid und Ohnmacht in Kriegs- und Krisenfällen. Die Mutter des Stadtdechanten, Betty Schumacher, und Rechtsanwalt Ludwig Klassen schilderten in bewegenden Berichten ihre Kriegserlebnisse in Bonn.

Am 18. Oktober 1944 verwandelte sich die Innenstadt in ein Flammenmeer. Der heute 77-jährige Klassen befand sich damals mit seinen Geschwistern im Luftschutzkeller des Petrus-Krankenhauses, an dem sein Vater als Internist arbeitete - alle bangten um die Mutter. Sie hatte beschlossen, keinen Bunker mehr aufzusuchen. Dann wurde das Elternhaus getroffen . . . Die Mutter überlebte.

Betty Schumacher kann sich noch gut an das Weihnachtsfest 1944 erinnern, als es in Endenich, wo sie mit ihrer Familie wohnte, „sehr viele Tote gab“. In den Erdstollen, der 1943 als Zufluchtsort gebaut worden war, ging sie nur ungern hinein: „Wenn da vor dem Eingang was runtergekommen wäre, hätte es keinen Ausweg gegeben. Das war wie eine Mausefalle.“

Eröffnet worden war die Kirchennacht stimmungsvoll auf dem Turm der Kreuzkirche : Bläser der Lutherkirche spielten den evangelischen Gesangbuchchoral „Der Mond ist aufgegangen" - der Vorplatz der Kirche war rappelvoll.

Weniger los war bei der Rocknacht in der Plittersdorfer Thomaskapelle . Eigentlich sollten Schülerbands aus der Region für Jugendliche spielen. Von sechs Zusagen blieb keine übrig; Organisator Rainer Fischer heuerte die professionellen Bands „Best of Beethoven" und die Girl-Band „miaumio" an und eine namenlose. Die drei Jungs verbreiteten mit ihren Balladen eine sanfte, wohlige Stimmung, die 15 junge Zuhörer genossen.

Einige hundert Meter weiter war die Stimmung lebhafter, aber genauso familiär. In der Stimson Memorial Chapel , der amerikanischen Kirche, begrüßte Pfarrer Steven S. Gaultney jeden Gast persönlich. Lesungen wechselten sich ab mit typisch amerikanischen „Erfrischungen" und Musik. Alle fünf Chöre der Gemeinde stellten sich mit Liedern vor. Wer nach Hause ging, bekam eine Kerze. Denn, so Gaultney, das Motto des Abends sei: „Spread the light instead of cursing the darkness." Verbreite Licht statt die Dunkelheit zu verfluchen.

In Sankt Franziskus zählte Jugendreferent Bernward Siemes 280 Besucher. Für die Musical-Aufführung „Judas und Jesus“ durch Schüler des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums gab es Standing Ovations.

Mit 400 Besuchern hervorragend besucht war die Lutherkirche , deren Kantorei die Carmina Burana von Carl Orff aufführte. Im Münster spazierte so mancher durch den neu gestalteten, illuminierten Kreuzgang. (EB / dil / kri)

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