Ein Prinzenherz findet endlich ins Grab

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PARIS. Ein winziges Prinzenherz findet nach 209 Jahren und einer turbulenten Irrfahrt seine letzte Ruhe. Genau am Todestag des schon mit zehn Jahren gestorbenen Ludwig XVII. wird sein luftdicht aufbewahrtes Herz heute im Beisein der großen Adelsfamilien Europas mit einer feierlichen Zeremonie in der königlichen Krypta der Basilika von Saint-Denis beigesetzt.

Bislang ruhte das Herz des kleinen Königs, der niemals regiert hat, in einer angrenzenden Kapelle. Denn bis vor wenigen Jahren war nicht klar, ob es wirklich blaues Blut gepumpt hatte. Erst deutsche und belgische Gentests bestätigten, was Jahrhunderte lang bestritten wurde - es ist das Herz des Sohnes von König Ludwig XVI. und Königin Marie-Antoinette.

Mit der heutigen Beisetzung wird der Schlusspunkt unter eine Geschichte gesetzt, die von Beginn an das Zeug zu einer Legende hatte: Von den Revolutionären mit seinen Eltern eingesperrt, wurde der Thronfolger Ludwig-Karl nach deren Hinrichtung in einen engen, fensterlosen Kerker gesperrt. Dort starb er am 10. Juni 1795 an Tuberkuslose. Noch bevor sein Leichnam in ein Massengrab geworfen wurde, schnitt der Arzt, der das Kind obduzierte, das Herz des Knaben heraus und bewahrte es in einem Glas mit Alkohol zwischen seinen Büchern auf. Jahre später übergab er es dem Pariser Erzbbischof. In den Wirren der nächsten Revolution ging die Reliquie jedoch erneut verloren, irrte unter abenteuerlichen Bedingungen durch Spanien, Italien und Österreich, bevor sie 1975 wieder nach Paris gelangte.

Natürlich blieben über die Jahrhunderte hinweg immer Zweifel, ob das mumifizierte, versteinerte Herz tatsächlich das des kleinen Ludwigs war. Der Thronfolger habe in Wirklichkeit überlebt, hieß die Version vieler Monarchisten.

Prompt traten im 19. Jahrhundert dann auch Hochstapler wie der deutsche Uhrmacher Karl Wilhelm Naundorff oder der Amerikaner John James Audubon auf, die Nachfahren des „verlorenen Dauphin“ sein wollten. Erst die genetischen Untersuchungen des Belgiers JeanJacques Cassiman und des deutschen Professors Ernst Brinkmann aus Münster im Jahr 2000 bewiesen einwandfrei, dass das Herz einem Habsburger-Spross gehörte - dem Sohn der geköpften Königin Marie-Antoinette von Österreich.

Einer der Nachfahren der Königsfamilie, Carl-Emmanuel von Bourbon-Parma, bemühte sich seither um eine Bestattung des Prinzen in der der Basilika von Saint-Denis. Vier Jahre dauerten die bürokratischen Prozeduren.

Der heutigen Beisetzung werden 500 VIPs beiwohnen, darunter Erzherzog Karl von Österreich, Königin Anne von Rumänien und Ludwig von Bourbon. Sie alle wollen verfolgen, wie das in einer Kristallvase aufbewahrte Herz im Sockel des prachtvollen Grabes von Ludwig XVI. und Marie-Antoinette endlich seine Ruhe findet. (afp / dpa / heu)

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