„61 Minuten Sex“Kölner betreiben Aufklärung per Youtube-Kanal

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Köln – Es ist kein Zufall, dass Jan Winter sich diesen Nachnamen als Künstlernamen ausgesucht hat. Die Analogie zum Dr.-Sommer-Team der Jugendzeitschrift Bravo, das schon Generationen von Heranwachsenden durch die schwierige Zeit der sexuellen Erweckung begleitet hat, ist gewollt. Jan Winter und seine Kollegin Gianna machen Aufklärung für Jugendliche und Erwachsene.

Vor fast fünf Jahren haben sie dazu den Youtube-Kanal „61 Minuten Sex“ gegründet. Am Anfang nur Jan, dann kam Gianna dazu. „Es war einfach besser, eine Frau dabei zu haben“, sagt der 35-Jährige. In ihren Videos beantworten die beiden Kölner sämtliche Fragen zum Thema Sexualität: Wie geht Oralsex? Ist es sicherer, zwei Kondome übereinander zu ziehen? Ist Analsex gefährlich? Wie sieht ein normaler Penis aus, wie nicht? „Unsere Welt ist übersexualisiert, aber zugleich gibt es viel zu wenig konkrete Informationen.

Viele wollen eigentlich anders Sex haben

Viele Jugendliche und auch Erwachsene wollen eigentlich anders Sex haben, als sie es in den Pornos sehen, aber wissen nicht, wie. Sie sind von dem falschen Bild überfordert. Das wollen wir ändern. Bei uns können sie sich trauen, Fragen zu stellen“, erklärt Winter seinen Antrieb. Ihre Kompetenz nehmen die beiden zum Teil aus eigener Erfahrung, zum Teil aus Büchern.

Jan ist Physiotherapeut, Gianna Ernährungsberaterin. Beide haben sich am Institut für Sexualpädagogik in Dortmund zu Sexualpädagogen weiterbilden lassen. Der Name „61 Minuten Sex“ soll andeuten, dass es bei ihnen noch ein bisschen mehr Info und Spaß obendrauf gibt, als man erwartet: Eben nicht 60, sondern 61 Minuten.

Am Anfang dachten sie sich selbst die Themen aus, jetzt beantworten sie meist die Fragen, die ihnen die Zuschauer anonym stellen. „Zum Großteil geht es um gezielte Techniken und Tipps für mehr Lust und um Körperfragen. »Bin ich normal so wie ich bin?« Diese Frage treibt vor allem junge Männer um“, sagt Gianna. Obwohl es in den Videos sehr konkret zugeht und die beiden kein Blatt vor den Mund nehmen, wird es nicht peinlich.

„Wir wollen die Zuschauer mit ihren Fragen ernst nehmen“

„Man gewöhnt sich an die Themen und wächst mit den Aufgaben. Wir wollen die Zuschauer mit ihren Fragen und Problemen ernst nehmen. Wenn wir beim Erklären kichern würden, würden sie sich veralbert fühlen“, ist sich die 27-Jährige sicher. Grenzen und Tabus soll es nicht geben, die beiden würden sich auch mit Fragen zu Sodomie oder Pädophilie auseinandersetzen. „Da schluckt man dann schon mal, aber wir stellen uns dem Thema trotzdem sachlich“, erklärt Jan.

Mittlerweile können sie gut von ihrer Arbeit leben: 336000 Abonnenten verzeichnet ihr Kanal, zudem etwa fünf Millionen Videoaufrufe pro Monat. Geld verdienen sie durch Werbeanzeigen auf YouTube, Auftragsarbeiten als Darsteller und Produktplatzierungen. Von Schulen kämen ab und an Anfragen für Besuche, die beiden nutzen ihre Zeit aber lieber für die Produktion neuer Videos.

Hauptziel sei eine große Reichweite, also möglichst viele Menschen zu erreichen. Gedreht wird in einem kleinen Raum in der Kölner Innenstadt. Meistens sitzen die beiden auf einem Sofa und unterhalten sich, manchmal kommen auch Becken- oder Penismodelle zum Einsatz. Seit kurzem laden sie auch andere Youtube-Stars auf ihr Sofa ein, die dann mit ihnen über ihre eigenen Erfahrungen reden. Bald soll es zudem eine DVD und ein Buch geben.

Wie Jan und Gianna zueinander stehen, verraten sie nicht. „Wir geben keinerlei Infos über uns, das würde nur die Fantasie der Zuschauer anregen. Und genau das wollen wir ja nicht. Wir wollen wissenschaftlich und neutral sein“, sagt Jan.

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