Beyond Meat, Aldi, Lidl, Edeka?Zehn fleischlose Burger im Experten-Test

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Symbolbild

  • Fleischalternativen erleben einen Hype - nicht nur bei Vegetariern.
  • Unser Author und Kulinariker Sebastian Bordthäuser und Spitzenkoch Dominik Jeske haben neue Patties und pflanzliche Klassiker getestet.
  • Lesen Sie in unserem Fazit am Ende, welche Burger am besten schmecken und warum. Beyond Meat? Oder sind die von Lidl, Aldi, Rewe, Edeka besser?

Es gibt kaum verführerischere Sünden als einen saftigen Burger, bei dessen Genuss einem die Sauce die Finger runter tropft. Burger-Läden sprießen nach wie vor wie Pilze aus dem Boden und belegen eindrücklich: Dieses archaische Vergnügen übt eine universale Anziehungskraft aus und zeigt McDonald’s & Co. seit langem die Rücklichter.

Burger können auch ohne Fleisch funktionieren

Dass auch Vegetarier und Veganer den Wunsch nach einem ordentlichen Burger verspüren, ist mehr als nachvollziehbar. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis fleischfreie Alternativen auf den Markt kommen. Vegetarische Burger-Läden wie „Bunte Burger“ in Köln-Ehrenfeld beweisen erfolgreich, dass Burger auch tipptopp ohne Rinderhack funktionieren.

Ungeachtet der wachsenden Zahl von Vegetariern und Veganern ist der Bedarf nach fleischlosen Alternativen auch bei carnivoren Konsumenten steigend. Die Motivation ist dabei stets individueller Natur und breit gefächert: Von rein pflanzlicher Kost als Mantra bis hin zum stillen Protest gegen Massentierhaltung gibt es bei Lichte betrachtet gute und richtige Gründe, auf Fleisch zu verzichten.

Es ist wirklich kein einziger unsinniger dabei, außer, dass Verzicht manchen Menschen als unvorstellbarer Rückschritt erscheint. Dennoch müssen wir zugeben, dass die Ablehnung, leidensfähige Lebewesen mit einem Bewusstsein zu verspeisen ein von Grund auf nobler Ansatz ist. Nun, wie löst sich das Burger-Problem?

Natürliches Habitat für das Imitat

Größte mediale Aufmerksamkeit bekommen derzeit vegetarische oder vegane Ersatzprodukte. Die viel diskutierten Substitute haben sich die Messlatte sehr hoch gelegt: Fleisch in allen seinen Facetten zu imitieren ist ihr Auftrag. Dabei gilt es in Aussehen, im Geruch, im Biss und in seiner Zubereitung mit dem Original mitzuhalten – ein ambitioniertes Unterfangen.

Die Produkte orientieren sich dabei alle am Gesamtkonzept eines echten Burgers mit Fleisch, also einem Bun oder Brioche, belegt mit Salat, Tomaten, Gürkchen, Zwiebeln, Ketchup und Mayo. In diesem natürlichen Habitat wollen die Imitate genossen werden und dem regulären Vorbild dabei in nichts nachstehen.

Ein artifizielles, industriell hergestelltes Plagiat

Was zunächst gut klingt, hat auch Schattenseiten. Der Verbraucher muss sich darüber im Klaren sein, dass es sich um hochprozessierte Produkte mit Labordesign handelt: Ein folglich völlig artifizielles, industriell hergestelltes Plagiat, das mit einem natürlichen Lebensmittel nichts zu tun hat. Ein Blick auf die Zutatenlisten belegt dies eindrücklich, Mindesthaltbarkeiten von einem Jahr ebenfalls.

Die zweite Variante, Burger ohne Fleisch zuzubereiten, bieten Patties aus Gemüse. Dabei stehen Form und Eigengeschmack mehr im Fokus als der Ansatz, Fleisch in Aussehen, Geschmack und Konsistenz nachbilden zu wollen.

Unterschiedliche „ohne Fleisch“-Varianten 

Während Kunstfleisch aus Pflanzenproteinen mit Emulgatoren, künstlichen Aromen und Geschmacksverstärkern kreiert werden, greifen sie auf proteinhaltige Grundzutaten wie Linsen, Nüsse, Mais oder Rüben zurück – und lassen zumindest durch die Zutatenliste an Lebensmittel denken.

Unser Test, unterstützt von Dominic Jeske, der jahrelang die Sterneküche im Kölner „La Société“ führte, nahm zehn Marktführer beider Kategorien ins Visier. Zunächst wurden die Zutaten betrachtet, dann die Produkte in rohem Zustand sensorisch geprüft und schließlich von professioneller Hand gebraten.

Die Patties wurden daraufhin erneut sensorisch geprüft und pur verkostet, bis schließlich die Kür folgte und sie alle im Bun mit derselben Garnitur aus Salat, Tomate, Zwiebeln, Gürkchen sowie Ketchup, Senf und Mayo zur Verkostung kamen.

Der große Burger-Test: 

Beschreibung nach dem Muster: 

1. Optik & Geruch 2. Geschmack pur 3. Geschmack im vollen Ornat als Burger 4. Bewertung

1. Beyond Burger: Der matte Star

Der Burger von Beyond Meat erlebt einen Riesenhype und ist entsprechend schwer zu bekommen. Das Produkt basiert auf Erbsenproteinisolat, daneben listet es als Zutaten u.a. Cellulose, Methylcelluloso, Gummi Arabicum, Kartoffelstärke, Maltodextrin, Ascorbinsäure, Essigsäure etc. Roh sieht Beyond aus wie ein sehr fein gewolftes Fleisch- Patty. Der Geruch nach Plastik und Lösungsmittel ist aber durchdringend. Im Anbiss an Fleisch erinnernd mit kerniger Textur, trocken, hinterlässt ein öliges Mundgefühl. Stärkster Kritikpunkt bleibt der Plastik-Ton, der auch nach dem Braten den Genussgesamteindruck stört. Eine ordentliche BBQ-Sauce hilft. Beyond bekommt von uns ein schlappes Okay.

Beyond Burger gibt es im Online-Handel, etwa bei Gourmetfleisch. 2 Stück (je 114 g) mit guten Brioche-Buns 9,90 Euro bei www.gourmetfleisch.de

2. Next Level Burger: Kopie der Kopie

Angefixt von dem unglaublichen Erfolg von Beyond Burger, der zeitweise auch bei Lidl zu haben war, hat der Discounter selbst nachgelegt – und das mit beachtlichem Ergebnis. Auch der Next Level Burger ist oft schnell weg in den Filialen. Er besteht u.a. aus Erbsen-, Weizen- und Sojaeiweiß, Sojamehl, Gemüse, Aromen und Hefeextrakt bauen den Geschmack zusammen. Aber: Sieht aus wie ein fein gewolftes Patty. In der Nase gekörnte Brühe, was auf Geschmacksverstärker hinweist. Gebraten zeigt sich eine sehr gute Konsistenz und fleischiger Biss, der Brühe-Ton bleibt dominant sowie deutliche Süße mit Pökelaroma. Eine gut gemachte Illusion, die auch als kompletter Burger nicht negativ auffällt.

Next Level Burger, 2 Stück (227 g) 2,99 Euro bei Lidl 

3. The vegan Wonder Burger: Der Beste

Auch die Aldianer wollen mitverdienen und besetzen die Lücke veganes Patty mit ihrem eigenen The Wonder Burger. Sojaproteinkonzentrat, Kokosöl, Sojaprotein, Aromen, Maisstärke, Methylcellulose, Speisesalz, Dextrose – fertig ist das, ääh, Genussmittel. Wer Imitat will, bekommt hier ein gespenstisch gelungenes: Sieht aus wie eine Fertigfrikadelle, in der Nase abermals Noten nach gekörnter Brühe. Kommt das Ding kross gebraten aus der Pfanne, zeigt sich der Anbiss angenehm fleischig mit guter Textur, die Masse wirkt saftig, die präsente Brühe-Note stört nicht so sehr, wie befürchtet. Das ist eine akzeptable Fleischkopie, die mit Abstand am besten im Burger funktioniert.

The Vegan Wonder Burger, 2 Stück (227 g) 2,49 Euro bei Aldi

4. Incredible Burger: Der Hochstapler

Damit schlichte Zweifler nicht auf dumme Gedanken kommen, bombardiert die Firma Garden Gourmet das Konsumentenauge gleich mal mit Attributen wie „saftig“, „zarte Konsistenz“ oder „kaum zu glauben, dass es veggie ist“. Die Wahrheit sieht allerdings anders aus, erstmal wie Fleischbrät mit kräftigem Rot. Die Primär-Aromatik ist Rauch, gefolgt von deutlicher Pökelsalznote, die an billige Mettwurst erinnert. Dann schlechtes Eiweiß, sogar eines Fäulniseindrucks wird Dominic Jeske gewahr. Das ganze Produkt wirkt gebastelt und ergibt kein homogenes Gesamtbild. Die Rauchnote bleibt dominant, gefolgt von muffigem Aromen. Auch als kombinierter Burger bleibt der unangenehme Geschmack. Da hilft auch keine Sauce. Nicht empfehlenswert.

Gourmet Garden: Incredible Burger, im Handel, etwa bei Rewe oder Edeka, 2 Stück (226 g) 3,49 Euro

5. Vegetarische Burgerscheiben: Die Verfehlung 

Aus 21 Zutaten, darunter unsere Freunde, der Geschmacksverstärker Hefeextrakt, die Zuckervertreter Dextrose und Maltodextrin, Aroma, Tomatenpulver, Knoblauchpulver und ander Schätzchen, wird für Lidl diese vegetarische Burgerscheibe zusammengebastelt. Optisch schaut sie aus wie eine Fertigfrikadelle, und sie riecht auch so: dominant Panade, Semmelbrösel, etwas Röstzwiebel. Gegart ist das Patty im Anbiss sehr brotig, wirkt billig, aromatisch stumpf, wie schlechtes Kantinenessen. Auch im Burger-Gewand ist nichts zu retten, trotz guter Buns, Saucen und Cornichons. Das ist nach schlechtem Vorbild eine ebenso schlecht gemachte Kopie. Da hilft auch der Kampfpreis nichts. Essen Sie lieber ein Butterbrot!

My Best Veggie: Vegetarische Burgerscheiben, 2 Stück (200 g) 1,79 Euro bei Lidl

6. Tofu Bratlinge Gemüse: Tofu-Nostalgie

Lange vor Erbsenproteinisolat und lange bevor viele wussten, was vegan heißt, war schon Tofu und war schon der Bratling. Vielleicht hätte ihm Rote-Bete-Saftkonzentrat zu einer steileren Karriere verholfen, wie es das nun als Pseudo-Blut in den neuen Fleischersatz-Patties tut. Aber ein Tofu-Bratling ist nun mal eine bescheidene Sache. Mit grade mal 19 Prozent Tofu und gekochten Gemüsen erinnert dieser in der Nase an Babynahrung aus dem Gläschen. Gebraten kommt dann süßlicher Gemüsegeschmack zum Vorschein, der Tofu macht die Sache aber trocken und bröselig. Dennoch: Es ergibt sich ein klarer Zutatenbezug. In klassischer Burger-Kombi etwas süß, nicht schlimm, aber mit ordentlich Luft nach oben. Kulinarische Fantasie ist gefragt.

BioBio: Tofu Bratlinge gemüse, 2 Stück (180 g) 1,89 Euro bei Netto

7. Vegetarische Gemüse Bratlinge Champignon: Falsches Pilz-Versprechen 

Von allem, was in der vegetarischen Welt mit Pilzen angerichtet wird, geht ein gewisses Genuss-Versprechen aus. Sogar Spitzenköche nutzen die spannenden Gewächse als Hauptakteure gemüseorientierter Kreationen. Hier indes sind wir enttäuscht: Gräulich braun zeigt sich der Bratling mit einem Geruch nach altem, nassen Champignon. Das lässt nichts Gutes ahnen, denn wegbraten lässt sich so ein Eindruck nicht, weiß Profi Dominic Jeske. Im Anbiss ist das Produkt dann diffus, pappig, dazu kommt eine dominante, aufgesetzte Säure, die nasse Pilznote bleibt. Was soll man da machen? Keine Empfehlung.

Denree: Vegetarische Gemüse Bratlinge Champignon, 2 Stück (150 g) 2,69 Euro bei Denns Biomarkt

8. Gemüse Burger Rote Linse: Das Wunderkind 

Die Linse ist ein ernährungsphysiologisches wie kulinarisches Wunderkind. Und ja, sie kann auch Gemüse-Burger vegan. Dieser hat eine orangene Farbe, die Linsen sind optisch und am Geruch erkennbar. Riecht zudem nach indischem Dal, appetitlich und würzig mit klarem Produktbezug. Im Mund mit krossem Crunch, etwas arm an Salz, ansonsten gut gewürzt. Im Burger behält das Produkt seinen Charakter und geht nicht im Gesamtgeschmacksbild unter. Aber klar: Besser man kombiniert mit Kräutern und Saucen aus ausgefalleneren Gewürzwelten als der US-amerikanischen, der indischen, arabischen, levantischen etwa. Aber auch so: Auftrag erfüllt.

Soto: Gemüse Burger Rote linse, 2Stück (160 g) 2,99 Euro im Bio-Handel

9. Burger Cashew Black Bean: Viel Rauch

Cashew-Black Bean mit zart rauchiger Note– das klingt zunächst vielversprechend, haben wir mit der Linse doch schon gute Erfahrungen gemacht. Der grau-schwarze Patty mutet etwas mexikanisch an mit seinem Geruch nach Bohnen vom Feuer. Tatsächlich ist das Raucharoma aber etwas zu stark gesetzt. Trotzdem würzig mit eindeutigem BBQ-Charakter. Gebraten kommt der Patty außen kross mit cremigen weichem Kern und klarer Bohnenaromatik mit Rauchnote. Auch als Burger mit entsprechenden Zutaten auf jeden Fall ein handfester Snack. Wir sagen: Ein gutes veganes Produkt.

Soto: Burger Cashew Black Bean, 2 Stück (160 g) 2,99 im Bio-Handel

10. Gemüse Bratlinge Rote Bete: Gute Begleitung Gesucht

Der Siegeszug der Roten Bete durch die gehobene Küche kommt nicht von ungefähr. Diese Rübe kann alles: roh, geräuchert, gebacken, gegrillt, gekocht, fermentiert – eine Sensation, die im kulinarischen Diskurs endlich zu ihrem Recht kommt. Ganz so viel Glamour bringt dieser Burger-Versuch nicht aufs Tableau. Das Produkt ist dunkelrot, duftet erdig nach Rote Bete. Gebraten wird es außen kross mit weichem Kern, zeigt eine klare Rote Bete Aromatik, bleibt aber etwas latschig und pappig am Gaumen. Vielleicht besser frittieren und mit anderer Garnitur servieren, da die dominante Süße sich weit vom klassischen Burger fort bewegt. Dennoch ein ordentliches Produkt.

Denree: Gemüse Bratlinge Rote Bete, 2 Stück (150 g) 2,69 Euro bei Denns Biomarkt

Lesen Sie auf der Folgeseite, was unsere Experten für ein Fazit ziehen:

Was taugen Burger aus Fleisch-Ersatz-Produkten? Das Experten-Fazit.

Der Test war in Teilen ernüchternd und hinterließ mehr Fragen als dass er mit ordentlichem Geschmack überzeugen konnte. Bei den Fleisch-Ersatzprodukten ist der Marktauftritt des führenden Herstellers Beyond Meat Ansporn für die Discounter.

Muss man zwingend versuchen, Fleisch nachzubauen?

Deren Produkte waren geschmacklich am überzeugendsten und könnten vielleicht sogar Profis aufs Glatteis führen. Aber Beyond, die mit Abstand teuerste Marke, konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Es stellte sich daher im Vergleich letztlich die entscheidende Frage: Muss man zwingend versuchen, Fleisch nachzubauen?

Aus welchem Grund auch immer man sich gegen den Fleischgenuss entscheidet, man entscheidet sich mit den Ersatzprodukten immer für ein völlig entfremdetes Produkt, das nichts mit einem natürlichen Lebensmittel gemein hat, vielmehr an „Franken-Fleisch“ erinnert – ein zweifelhafter Genuss aus der Retorte. Mit gesund, nachhaltig oder gar bio hat das nichts zu tun.

Schwarze Bohnen mit BBQ-Sauce als Alternative für Frikadellen

Die pflanzlichen Alternativen schreiben sich nicht zwingend auf die Fahne, Fleisch zu imitieren, sondern bieten eine oftmals produktbezogenere Alternative, die im Einzelfall vom Geschmacksbild unseres Testburgers abweichen kann.

Die Variante mit schwarzen Bohnen und Raucharoma ist mit etwas BBQ- Sauce ein probater Ersatz für eine Frikadelle, während der Linsen-Patty als solcher am meisten überzeugte, in der Burger-Aromatik aber nicht hundertprozentig funktionierte.

Doch man kann seiner Fantasie freien Lauf lassen und sich aromatisch nach dem Hauptdarsteller richten: Mit etwas Joghurt, Kreuzkümmel und Minze und einem Tomaten-Mango Relish wird diese vermeintliche Unschärfe aromatisch schnell ausgeblendet.

Wir müssen uns vom klassischen Geschmacksbild des Burgers befreien

Auch der Rote Bete Burger wird mit etwas Brunenkresse- Walnuss-Pesto und einem Klacks Preiselbeer-Meerrettich zu einem eigenständigen Snack. Wer Lust hat, legt noch ein paar Scheiben gegrillte Rote Bete mit feinem Raucharoma drauf. Wir müssen uns nur trauen und uns aus dem gewohnten Geschmacksbild des MayoKetchupSenf-Korsetts befreien.

Wenn wir die Klaviatur der Grill- und Burgersaucen breiter bespielen und die Beläge variieren, sind viele schmackhafte Burger-Varianten denkbar. Und das, ohne auf industrielle Produkte fragwürdiger Herkunft zurückzugreifen. Denn letztlich klappt die Lust am Genuss, wenn man weiß, was man zu sich nimmt.

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