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Intervallfasten wird zum großen AufregerWarum der Diät-Trend der Freundschaft schadet

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Beim Intervallfasten kommt es auf bewusste Essenspausen an.

  • In unserer Kolumne „Köln Kulinarisch“ berichtet Autorin Julia Floß heute von ihren Erfahrungen mit Freunden, die aktuell auf Interfallfasten schwören.
  • Der Trend regt sie unglaublich auf.
  • Zugegben, weil er die eigene Undiszpliniertheit offenbart, aber auch weil er das gemeinschaftliche Essen als Kulturgut diskreditiert.

Sorry, ich kann nicht. Ich mach’ Intervallfasten.“ Seit geraumer Zeit greift dieser Satz in meinem Freundeskreis um sich. Ich kann mittlerweile an genau einer Hand die Personen abzählen, die es nach 18 Uhr noch wagen, Kalorien zu sich nehmen. Das Phänomen greift in rasender Geschwindigkeit um sich und ist offenbar höchst ansteckend. Intervallfasten ist der aktuelle Diät-Trend.

Die populärste Version ist die 16:8-Methode. Dabei wird die tägliche Kalorienzufuhr auf ein achtstündiges Zeitfenster reduziert: 16 Stunden fasten, acht Stunden essen. Das soll die nächtliche Fettverbrennung unterstützen und die Pfunden schmelzen lassen. Die deutlich härtere, aber ebenfalls sehr beliebte Variante, ist die 5:2-Ganz-Tages-Version: 5 Tage „normales“, gesundes Essen, zwei Tage fasten. Frauen dürfen bis zu 500, Männer bis zu 600 Kalorien an diesen Tagen zu sich nehmen. Das sind in etwa so viel wie zwei Käsebrote.

An die üblichen Diätbekenntnisse Anfang Januar und die Kamikaze-Heilfast-Versuche nach Karneval hat man sich ja gewöhnt und möglicherweise selbst mal partizipiert, aber dieser neue Hype ist beispiellos.

Nun gut, letztendlich gibt’s da ja auch nichts dran auszusetzen. Wenn sich jemand in seinem Körper unwohl fühlt und ein paar Kilos verlieren möchte, dann soll er das doch bitte machen. Unser Körper ist ein wichtiges Gut, auf den sollten wir tunlichst aufpassen.

Und dennoch regt mich die ganze Sache unglaublich auf. Wenn noch eine einzige weitere Freundin freudestrahlend ihr Fastenprogramm vorträgt, raste ich aus. Letzten Freitag war es unglücklicherweise so weit. Wie konnte das passieren?

Mittlerweile habe ich zwei Antworten. Erstens, Diätabsichten und (noch schlimmer) Diäterfolge halten mir meine eigene Undiszipliniertheit unter die Nase. Das was ich mir seit Monaten heimlich vornehme und täglich daran scheitere, zieht neben mir einfach jemand durch. Der innere Schweinehund fühlt sich ertappt und bloß gestellt.

Essen ist etwas Geselliges

Der zweite Grund für meinen Argwohn ist die soziale Komponente. Das gemeinsame Abendessen ist nicht nur in vielen Familien ein wichtiges Ritual, sondern auch in anderen zwischenmenschlichen Beziehungen. Essen ist etwas Geselliges und sollte angemessen zelebriert werden. Verzicht wiederum ist genussfeindlich, unsozial und genau deshalb so schwierig. Ich vermisse meine hungernden Freunde schlicht und ergreifend.

Im Rahmen meiner Intervallfasten-Recherche bin ich übrigens über allerlei Absurditäten gestolpert. Unter anderem die „Dinner Cancelling“-Methode. Zu deutsch „Abendessen absagen“-Methode. Also jede Menge Hunger und Unverbindlichkeit. Die empfohlene Zielgruppe: Fastenneulinge, Kochmuffel und Singles.

Da stellt man sich doch kurz die Frage, wer ist der größere Misanthrop? Der zuständige Redakteur, der Ernährungsberater oder derjenige, der sich freiwillig für diese Diät-Methode entscheidet. Dann doch lieber Intervallfasten.

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