Traditionsbäckereien sterbenWie sich die neue Bäcker-Generation in Köln etabliert

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  • In unserer Gastro-Kolumne „Köln kulinarisch" hat sich unsere Expertin Julia Floß die neue Kölner Bäcker-Szene genauer angesehen.
  • Wie sich eine neue Bäcker-Generation zu etablieren versucht, im Kampf gegen die Discounter.
  • Warum auch der Verbraucher in der Verantwortung ist.
  • Von „Bergheim’s – Die Meisterbäckerei“ bis zum „prôt“ in Köln.

Die Deutschen lieben ihr Brot. Weit über 300 Sorten wurden bereits im Archiv des UNESCO Weltkulturerbes aufgelistet. Im Ausland vermissen die Deutschen ihr Brot so sehr, dass sie es entweder tütenweise mitbringen oder gleich eigene Bäckereien eröffnen.  Man könnte also meinen dieses Kulturgut wird geschätzt und geschützt. Pustekuchen. Das deutsche Bäckerhandwerk ist stark gefährdet. Eine Traditionsbäckerei nach der anderen gibt auf. Aus zwei Gründen: Preis-Dumping und Nachwuchsmangel. Kleine und mittelständische Betriebe, teilweise seit Generationen familiengeführt, können dem Preisdruck der Backketten und Discounter nicht standhalten.

Hauptschuldig ist der Verbraucher

Der Hauptschuldige in dieser Rechnung ist allerdings der Verbraucher. Die Nachfrage bestimmt das Angebot, so einfach. Jeder Kunde, der im Discounter die Billig-Brezel mit der Zange an der Ringelkordel in die Tüte friemelt, hat das Bäckerhandwerk auf dem Gewissen. Und damit das Recht verloren in den „Das ist ja eine Schweinerei, dass der Familienbetrieb nach 60 Jahren schließen muss.“-Kanon einzusteigen.

„Bergheim’s – Die Meisterbäckerei“ 

Die neue Bäcker-Generation (es gibt sie – trotz aller Widrigkeiten) kämpft zweigleisig und mit viel Idealismus. Die einen, wie Tim Bergheim („Bergheim’s – Die Meisterbäckerei“ in Sülz), setzen auf Abwechslung, Vielfalt und Qualität. Der junge Bäckermeister bietet einerseits handwerklich hergestellte Brote, erweitert andererseits aber auch stetig das sogenannte Snack-Segment. Belegte Brötchen, süße Teilchen, Kaffee, pikante Gebäckvarianten – der Kunde ist König. Tim Bergheim versucht auf alle Wünsche einzugehen und sie mit seinen Qualitätsansprüchen umzusetzen.

„prôt“ im Belgischen Viertel

Die anderen zäumen das Pferd von hinten auf. Alex Onasch eröffnete vor wenigen Wochen seine Backstube „prôt“ im Belgischen Viertel. Der junge Bäckermeister verkauft exakt sieben Sorten Brot. Fertig. Der Brot-Hardliner will keine Kompromisse eingehen. Diese sieben Brotsorten werden in einer gläsernen Backstube vor den Augen der Kundschaft akribisch geknetet. Allen Kunden steht er Rede und Antwort. Egal ob es um die Frage nach den belegten Brötchen, Teiggehung oder die Herkunft seiner Zutaten geht. Perfektion und Kommunikation sind die Säulen seines Konzepts.

„da wo’s nur Brot gibt“

Max Kugel („da wo’s nur Brot gibt“) macht schon seit einiger Zeit etwas Ähnliches in Bonn. Und es funktioniert. Der junge Bäckermeister ist regelmäßig bereits mittags ausverkauft.

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Es gibt sie also doch noch, die Kunden mit Gewissen. Verbraucher, die gewillt sind für Lebensmittel und handwerkliche Arbeit gutes Geld zu bezahlen. Die bewusst eine Bäckerei ansteuern, weil das Brot dort so gut ist und die sich nicht mit minderwertigem Gebäck zufriedengeben, weil’s billiger ist. Der Verbraucher ist das wichtigste Rädchen im Konsum-Kreislauf und darf diese Verantwortung nicht immer von sich schieben. Die Konsequenz wäre traurig. Stellen Sie sich doch mal vor, Sie kommen aus dem Urlaub und hier gibt’s auch kein richtiges Brot mehr.

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