Interview mit der InfluencerinWie Sängerin Lena Meyer-Landrut ihre Krise abhakt

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Lena bei der Berlinale

Sängerin Lena Meyer-Landrut bei der Berlinale im Februar

Mit ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest wurde Lena Meyer-Landrut 2010 auch international berühmt. 2018 indes war ein Jahr der Rückschläge. Am 17. Februar kehrt sie nun im Sender Sat.1 als Jurorin zur Castingshow „The Voice Kids“ zurück. Ihre neue Platte soll im April erscheinen, der Start der Tournee ist für Juni geplant. Mit Lena Meyer-Landrut sprach Cornelia Wystrichowski.

Frau Meyer-Landrut, im April erscheint ein neues Album. Was können Sie über Ihr musikalisches Comeback sagen?

Die erste Single „Thank you“ ist bereits veröffentlicht, das Album wird „Only Love, L“ heißen. Der Albumtitel ist meine Signatur, die ich unter jeden Text setze, weil ich es schön finde, alles was ich schreibe – auch wenn das Thema eines Liedes vielleicht mal unangenehm ist – mit Liebe zu beenden und keine schlechte Energie stehen zu lassen.

Was ist das zentrale Thema der neuen Lieder?

Das ganze Album dreht sich um Liebe, ob es nun eine platonische Liebe ist, die Liebe zu sich selber oder auch eine romantische Liebe. Da gibt es ja viele Facetten. Das Album ist auf vielen Ebenen selbstreflektiert, vielleicht auch selbstironisch.

2018 wurden die Veröffentlichung und die dazugehörige Tournee verschoben, immer wieder war zu lesen, dass Sie in einer Krise stecken. War das so?

Man kann es schon als Krise bezeichnen, auch wenn ich das Wort irgendwann nicht mehr hören konnte.

Warum nicht?

Jeder kennt doch Momente, in denen man nicht so happy ist wie zu anderen Zeiten, und ich hatte einige davon. Es kommt aufs richtige Krisenmanagement an, darauf, wie man damit umgeht. Ob man daran verzweifelt, oder ob man die Krisen für sich nutzen kann und sagt: Ich ziehe meine Schlüsse und mache etwas Positives für mich daraus.

Und das haben Sie geschafft?

Ich habe gelernt, alles mit mehr Gelassenheit anzugehen. Die Dinge nicht mehr zu wichtig und vor allem nicht mehr zu persönlich zu nehmen, mich weniger abhängig von der Meinung anderer zu machen. Den Weg zu mir selber, zu meiner eigenen Mitte zu finden. Es geht um Unabhängigkeit. Darum, ehrlich zu sich zu sein.

Vor einer Weile haben Sie in einem Instagram-Post hasserfüllte und beleidigende Kommentare, die Sie erhalten haben, öffentlich thematisiert. Wie nahe gehen Ihnen solche Zuschriften?

Ich kann natürlich nicht behaupten, dass ich völlig über diesen Dingen stehen würde. Wenn mir solche Sachen gesagt werden, berührt mich das auch. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich führe mir immer wieder vor Augen, dass ich nicht persönlich gemeint bin.

Zur Person

Lena Meyer-Landrut Ende 2018.

Lena Meyer-Landrut Ende 2018.

Geboren am 23. Mai 1991 in Hannover. Im Juni 2010 macht sie Abitur. Bereits im Herbst 2009 bewirbt sie sich für den deutschen Vorentscheid zum ESC 2010, der von ARD und Pro7 in der Castingshow „Unser Star für Oslo“ ausgerichtet wird. Lena gewinnt den Wettbewerb mit dem Lied „Satellite“ von Julie Frost und John Gordon.

Stefan Raab produziert ihr Debütalbum „My Cassette Player“, das im Mai 2010 erscheint. Weitere Alben: „Good News“ (2011), „Stardust“ (2012) und „Crystal Sky“ (2015). Am 29. Mai 2010 gewinnt sie den Eurovision Song Contest in Oslo.

Im April 2011 absolviert sie ihre erste Tournee. 2013 wirkt sie als Coach und Jury-Mitglied in der ersten Staffel von „The Voice Kids“ mit.

Das neue Album „Only Love, L“ (Cover) erscheint voraussichtlich am 5. April

Lena live Köln, Palladium (verlegt vom Carlswerk Victoria),17. Juni, 19 Uhr

TV-Tipp The Voice Kids, ab Sonntag, 17. Februar, 20.15 Uhr, Sat.1

Sondern?

Ich glaube, dass ich eine Projektionsfläche für viele bin. Gerade die heftigen negativen Kommentare entstehen oft aus den Unsicherheiten oder Ängsten dieser Leute.

Wie erklären Sie sich das?

Wenn jemand eine andere Person beleidigt, sei es nun im Internet oder in der Schule, muss man sich vor Augen führen, dass es demjenigen vielleicht selber gerade schlecht geht. Dann ist es nicht mehr so schwer, damit umzugehen.

Sie sind auf mehreren Social-Media-Kanälen aktiv und gehören zu Deutschlands wichtigsten Influencern. Wollen Sie jungen Leuten in ähnlichen Situationen mit solchen Posts Mut machen?

Auf jeden Fall. Als Influencerin kann ich viele Leute mit meiner Meinung und mit meinen Worten beeinflussen. Ich bemühe mich, jeden Tag ein Foto und mehrere Storys zu veröffentlichen. Ich habe dieses Sprachrohr und finde es schön, die Leute daran teilhaben zu lassen, was mich beschäftigt, und da auch ehrlich zu sein.

Lesen Sie alle Kommentare auf Ihren Social-Media-Accounts?

Vieles, aber nicht 100 Prozent, das würde zu viel Zeit kosten und dann womöglich doch auf meine Laune abfärben. Und bei Facebook lese ich gar nichts.

Warum nicht bei Facebook?

Dort ist mir die Kultur zu rau, nicht wirklich nett. Facebook hat einen unangenehmen Beigeschmack, da wollen viele Leute einfach nur ihre schlechte Laune ablassen.

Ihre steile Karriere begann mit dem Sieg beim Eurovision Song Contest im Jahr 2010. Denken Sie gern daran zurück?

Ja, es war eine tolle Zeit, und es ist für mich eine wunderschöne Erinnerung. Das war für mich der Start von allem und ist ja der Grund, warum ich heute da bin, wo ich bin. Ich denke total gern daran zurück.

Würden Sie heute irgendetwas anders machen als damals?

Das kann ich gar nicht so richtig beantworten. Solche Gedanken bringen mir auch nichts. Ich bin sehr glücklich mit dem, was passiert ist, mit den Hochs und den Tiefs. Alles, was im Leben passiert, hat seine Bedeutung.

Nun coachen Sie als Jurorin in „The Voice Kids“ selber junge Talente. Was ist Ihr wichtigster Rat an die Kandidaten?

Sie sollen versuchen, so authentisch wie möglich zu sein und ein Bewusstsein für sich selber zu entwickeln. Was wollen die Eltern von mir, was will Instagram von mir, was will die Gesellschaft von mir? – Davon darf man sich nicht abhängig machen. Jeder muss schauen, was er selber möchte und wer er selber ist, womit er sich selber wohlfühlt. Und damit dann durchstarten und seinen eigenen perfekten Weg gehen.

Ist das für die jungen Teilnehmer so einfach?

Nein, das ist generell nicht leicht, weder für Kinder noch für Erwachsene. Es ist super schwierig, sich von der Abhängigkeit zu befreien, was andere sagen – die Arbeitskollegen, die Dorfgemeinschaft, Facebook. Ich möchte allerdings nicht behaupten, dass es mir perfekt gelingt. Aber ich versuche, diese Einstellung vorzuleben.

Lena ebei The Voice Kids

Die Sängerin Lena Meyer-Landrut steht als Coach und Jury-Mitglied der Sat.1-Castingshow "The Voice Kids" auf der Bühne.

Wollen Sie den Kandidaten auch beibringen, wie man damit umgehen sollte, wenn man plötzlich eine Person des öffentlichen Interesses ist?

Da könnte ich bei Bedarf sicherlich einiges weitergeben. Aber bei „The Voice Kids“ geht es nicht darum, so berühmt wie nur irgend möglich zu werden. Es geht darum, eine gute Zeit zu haben. Ich will die Kids darin unterstützen, das zu machen, was sie lieben. Das ist doch viel schöner, als ihnen beizubringen, was es heißt, eine Person des öffentlichen Interesses zu sein, denn das ist ja nicht das Ziel.

Ist es Ihnen wichtig, dass einer Ihrer Schützlinge bei „The Voice Kids“ gewinnt?

Ich freue mich natürlich, wenn einer meiner Kandidaten gewinnt. Aber das Wichtigste ist es, den Moment zu genießen. Man darf seine Freude nicht vom Gewinnen abhängig machen. Wenn man die Sache mit Verbissenheit angeht und am Ende total übermüdet und freudlos auf der Bühne steht, hat man was falsch gemacht.

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