Neu im Kino„Hellboy“ kehrt zurück – und verliert etwas an Witz

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Hellboy (1)

David Harbour als Halbdämon Hellboy in einer Szene des Films

Nimue, die Blutkönigin, will das Ende der Menschheit und damit die Herrschaft über die Welt. Noch liegt die einstige Dame vom See zerstückelt in geheiligten Kisten, die König Artus an verschiedenen Orten in England verstecken ließ. Aber Gruagach, der Riese mit dem Schweinskopf, ist Nimue ein ergebener Helfer. Stück für Stück sammelt er seine Herrin herbei, um im Moment ihrer Rückkehr eine alte Rechnung zu begleichen.

Derweil versucht Hellboy, den Verlust eines Freundes im Alkohol zu ertränken. Da ruft ihn sein Ziehvater Bruttenholm (Ian McShane im schicken Hemd) nach London. Die Geheimbehörde zur Bekämpfung und Abwehr paranormaler Erscheinungen ist beunruhigt, denn es sind wieder Riesen in England unterwegs, was auf Nimues Rückkehr deutet. Und die benötigt für ihre zerstörerischen Ziele die Hilfe von – Hellboy. Was für sich eine keineswegs unverführerische Option darstellt.

Kein Held von der Stange

Große Klappe und harte Schläge – Mike Mignolas Höllenjunge ist zwar nicht der Superheld von der PC-Stange, aber ein Stinksack, der zur persönlichen Bereicherung alles stehen und liegen lässt, ein Hellboy eben ist er in letzter Konsequenz auch nicht. Das war schon in Guillermo del Toros gefeierten zwei Kinofilmen mit Ron Perlman in der Titelrolle so.

Ansonsten suchte del Toro zwar die Nähe zu einzelnen Comic-Episoden, aber eine auch aufs Gesamtwerk bezogene werkgetreue Kinoadaption findet erst jetzt, mit dem aktuellen Reboot statt. Hier ist der schnell aufbrausende Mann mit der roten Haut, dem stets frisch gestutzten Paar Stirnhörnern und der eisernen Faust am rechten Arm ganz der Typ mit dem weichen Kern unter der Schale, die so trefflich Schläge ein- und wegstecken kann.

Das ist für sich amüsant, hat aber nicht mehr die ironisch zwinkernde Verspieltheit Ron Perlmans, der aus nachvollziehbaren Gründen – das Alter! – für die Rolle nicht mehr in Frage kam. David Harbour, sonst eher als Durchschnittsamerikaner mit Bürstenschnitt unterwegs, hat im vollen Boy-Make-up die Ausstrahlung eines schlecht gelaunten Wrestlers, der gerade eine Parallelkarriere in der Metal-Branche anpeilt. Überhaupt wirkt vieles im neuen Hellboy-Spektakel wie ein teuer prolongierter Hard’n’Heavy-Clip aus den 90ern. Zwischen Momenten mit viel markiger Pose und lässig gerotzten Schimpfkanonaden (Vokabeln wie „Spackos“ oder „Sacknase“ scheinen jedoch eher einem fehlgeleiteten Wortwitz der deutschen Synchronabteilung entsprungen) erheben sich immer wieder Sequenzen von mitreißender Grandezza. Was wesentlich der Regie zuzuschreiben ist.

Anflüge einer Apokalypse

Der Engländer Neil Marshall versteht sich grundsätzlich vortrefflich auf physische Urängste („The Descent“) und hemmungslos unterhaltsamen Eklektizismus (Ritter und Zombies, „Mad Max“-Rasanz und Lara-Croft-Voyeurismus in „Doomsday“) und findet auch hier zu starker Form, wenn Hellboy im Alleingang drei Riesen bekämpft und das so aussieht, als ob es in einem Stück gedreht worden wäre. Auch die Anflüge einer Apokalypse über London bieten buchstäblich riesiges Bildvergnügen mit Verweisen auf manch grotesken Exzess aus den 80er Jahren wie etwa Tobe Hoopers „Lifeforce“, John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ und Monty Pythons unbestechlichem Blick auf die dekadente Selbstgefälligkeit der britischen Oberschicht. Es gibt mit Sasha Lane (Punk Girl mit magischem Daumen) und Daniel Dae Kim (Special-Forces-Major mit Cat-People-Geheimnis) rabaukige Sidekicks, während Milla Jovovich als eine ernstzunehmend böse und aufregend verführerische Nimue jegliche Vorurteile bezüglich ihres limitierten Schauspieltalents einfach so zerschmelzen lässt.

Man mag bedauern, dass Hellboy eine fast vollständige Abkehr vom Steampunk betreibt und Ian McShane über Gebühr mit Vaterschaftsbelangen vergeudet. Bedenklich ist auch der Mythen-Baukasten, der blindlings Artus-Sage, Nazi-Accessoires und russischen Märchenhorror plündert, um dann doch nur eine Wrestling-Show loszutreten. Sophisticated ist dieser Film wahrlich nicht. Aber er ist zum Bäumewerfen witzig.

Daten zum Film

Hellboy – Call of Darkness USA 2019, 120 Minuten, R Neil Marshall, D David Harbour, Milla Jovovich Kino-Reboot eines nicht ganz handelsüblichen Superhelden. Näher an der Comicvorlage, zwiespältig im Plündern von Europas Sagenschätzen.

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