„Nur Baulücken füllen, reicht nicht“Wohnungsmangel in Köln braucht besondere Lösungen

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Brigitte Scholz (Kölner Amt für Stadtentwicklung), Moderatorin Nathalie Bergdoll, Thomas Tewes (Kölner Haus- und Grundbesitzerverein), Matthias Wirtz (Immobilienexperte der Kreissparkasse Köln) (v.l.).

Brigitte Scholz (Kölner Amt für Stadtentwicklung), Moderatorin Nathalie Bergdoll, Thomas Tewes (Kölner Haus- und Grundbesitzerverein), Matthias Wirtz (Immobilienexperte der Kreissparkasse Köln) (v.l.).

Köln – Wer heutzutage ein Haus oder eine Wohnung sucht, ob zur Miete oder zum Kauf, ist nicht zu beneiden.

Das Angebot ist knapp und für viele nicht bezahlbar, nicht nur in Köln. Schnelle Lösungen sind nicht einfach: Neue Baugebiete würden helfen, Häuser höher zu bauen und Büro- oder Geschäftsräume umzuwidmen, das jedenfalls waren Ideen, die beim 10. Rundschau Podium zum Thema Wohnungs- und Immobilienmarkt von drei ausgewiesenen Experten diskutiert wurden. Brigitte Scholz, die Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik der Stadt Köln, Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer des Kölner Haus- und Grundbesitzerverein von 1888, sowie Matthias Wirtz, Leiter Research der KSK-Immobilien GmbH. Eine Aufzeichnung der Diskussion steht ab sofort im Internet kostenlos zum Abruf bereit (siehe Expertengespräch online in voller Länge).

Mieten in Köln binnen fünf Jahren um bis zu 20 Prozent gestiegen

Wirtz skizzierte die Faktenlage für Köln: Die große Nachfrage nach Wohnungen habe die Mieten innerhalb der vergangenen fünf Jahre um 15 bis 20 Prozent steigen lassen, nicht selten verschlinge die Kaltmiete inzwischen bis zu 40 Prozent des Haushaltseinkommen. Auch bei Immobilien ist die Nachfrage schon lange wesentlich höher als das Angebot, die Preise haben sich in der gesamten Region verdoppelt. Ein Ausweichen in die sogenannten Speckgürtel oder ins Kölner Umland sei mittlerweile kaum günstiger.

Matthias Wirtz unterstreicht: „Der Immobilienmarkt ist nicht in der Lage, das Angebot mal eben auszuweiten. Das war noch nie möglich. Das Rheinland ist zum Glück eine lebenswerte und prosperierende Region, ich empfehle, sich trotz hoher Preise im Umland umzuschauen.“ Brigitte Scholz stimmt ihm zu: „Nicht nur die Stadt Köln, sondern die ganze Region muss sich der Sache annehmen.“ Thomas Tewes schlägt vor, den Wohnhäuser höher zu bauen: „Die Bauordnung erlaubt es auch mittlerweile, Dachgeschosse mit bis zu zwei Stockwerken mehr auszustatten. Es reicht nicht, nur Baulücken zu füllen.“

Köln braucht deutlich mehr barrierefreie Wohnungen

Brigitte Scholz zählte auf, was die Stadt Köln zuletzt unternommen habe: „Viele neue Flächen wurden in den letzten Jahren sinnvoll bebaut, zum Beispiel der Deutzer Hafen, die Parkstadt Süd oder der Mülheimer Süden. Leider können wir aber nicht zaubern und Veedel aus dem Boden stampfen.“ Unisono war das Podium der Ansicht, dass es mehr Angebote für verschiedene Zielgruppen und deutlich mehr barrierefreies Wohnen geben müsse. Auch sogenannte Umzugsketten, durch die jeweils Wohnraum frei wird, seien ein probates Mittel, um Abhilfe zu schaffen.

Expertengespräch online in voller Länge

Das 10. Rundschau PODIUM zum Thema Wohnungs- und Immobilienmarkt gibt es auch als Aufzeichnung im Internet, die ab sofort jederzeit unter folgender Adresse www.rundschau-podium.de kostenlos angesehen werden kann.

Das Rundschau Podium informiert regelmäßig mit Expertinnen und Experten zu Verbraucherfragen. Veranstaltet wird das Rundschau Podium von der Agentur medien.de und der Kölnischen Rundschau mit Unterstützung von Kreissparkasse Köln und Sparkasse KölnBonn.

Die Idee, Büros in Wohnungen umzubauen, fand nicht bei allen Zustimmung. Scholz verwies auf zahlreiche Beispiele – wie der frühere Kaufhof in Kalk – wo dies gut funktioniert habe. „Dieser Markt ist noch lange nicht gesättigt.“ Tewes hingegen betonte, dass viele Bürogebäude nicht umnutzbar seien. „Leerstehende Ladenlokale bringen keine Masse, das wird die Nachfrage nicht befriedigen“, so der Hauptgeschäftsführer des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins.

„Wir brauchen Bauland,“, forderte Brigitte Scholz. Noch seien die Mieten in Köln relativ bezahlbar, verglichen mit München und Hamburg. Man müsse in der Metropolregion Rheinland noch vernetzter zusammenarbeiten. „Regionale Strukturen sollen weiter gefestigt werden, wir müssen uns als kommunale Familie im Rheinland verstehen. Und die Kommunen müssen auf Landesebene dafür eintreten, dass eine Förderung für preisgedämpften Wohnungsbau eingeführt wird.“

Und wie entsteht das perfekte Veedel? Scholz bringt es auf den Punkt: „Man muss die Generationen und Menschen mischen, qualitativ hochwertigen öffentlichen Raum schaffen, grüne Infrastruktur garantieren und Mobilität neu denken. Wir brauchen noch viel besser angeschlossene Veedel.“ Damit auch die kölschen Folklorebands die Veedel wieder als lebenswerte Orte besingen können.

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