Technik gegen KlimawandelForscher arbeiten an Methoden, das Wetter zu ändern

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Klimawandel

Steigende Temperaturen sowie schmelzende und immer weiter zurückweichende Gletscher sind die Auswirkungen der globalen Erwärmung in der Arktis.

Einige Ideen hören sich an wie Science Fiction: Spiegel im Weltall, die Sonnenstrahlen reflektieren, und künstliche Bäume, die Kohlendioxid aufnehmen. Das sind nur einige Vorschläge, die das weltweite Klima retten sollen. Sie gehören zum sogenannten Climate Engineering, auch Geoengineering genannt. Darunter versteht man gezielte technische Eingriffe in das globale Klimasystem. An solchen Verfahren wird intensiv geforscht – es gibt allerdings viele kritische Stimmen. Besonders deshalb, weil sich mögliche Nebenwirkungen dieser technischen Eingriffe bislang kaum abschätzen lassen.

Im Fachmagazin Science haben sich Wissenschaftler nun in mehreren Beiträgen mit dem Thema beschäftigt. So schreiben Janos Pasztor, Cynthia Scharf und Kai-Uwe Schmidt von der Carnegie Climate Geoengineering Governance Initiative (C2G2) in New York, dass Geoengineering womöglich die Erderwärmung bremsen könne. Aber damit würde man die Welt anderen ernsthaften Risiken aussetzen. Bisher fehle es den Autoren von C2G2 zufolge an internationalen Regelungen für diese Technologien. Die New Yorker Initiative untersucht Chancen, Risiken und Herausforderungen des Climate Engineering.

Risiken und Destabilisierung

Vom politisch vereinbarten Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, ist die Weltgemeinschaft weit entfernt. Darum werden Ideen diskutiert, das Klima über technische Verfahren zu beeinflussen. Durch die Nutzung fossiler Brennstoffe gelangte ab der industriellen Revolution immer mehr Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Hinzu kamen andere Treibhausgase wie Methan und Lachgas. In der Atmosphäre halten sie die Wärmestrahlung in den unteren Luftschichten zurück, die Erde heizt sich allmählich auf. Kohlendioxid verweilt über Jahrhunderte in der Atmosphäre. Der Klimawandel lässt sich also nicht einfach über eine Senkung der Emissionen rückgängig machen.

Einige Ideen des Geoengineering widmen sich der Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Durch eine groß angelegte Aufforstung soll beispielsweise Kohlendioxid gebunden werden. Andere Methoden des Geoengineering konzentrieren sich darauf, die Sonneneinstrahlung zu verringern – zum Beispiel durch Spiegel, die im Weltall platziert werden sollen, oder durch Schwebeteilchen, die Strahlen reflektieren könnten. Die Beeinflussung der Sonneneinstrahlung heißt Solar Radiation Management (SRM).

Die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre müsse in großem Maßstab erfolgen, um den gewünschten Effekt zu haben, erklären Pasztor, Scharf und Schmidt. „Der Bedarf an Landflächen könnte immens sein, die Preise für Nahrungsmittel global beeinflussen und die Nahrungssicherheit gefährden“, schreiben sie. Auch Auswirkungen auf Ökosysteme seien zu befürchten. „Das größte Risiko ist aber, dass ein Land, eine kleine Gruppe von Ländern oder ein reicher Mensch allein SRM-Technologien einsetzt.“ Solche Projekte könnten die Welt, die ohnehin schon einen rasanten Wandel erfahre, weiter destabilisieren.

Wichtig sei, das eigentliche Ziel – die Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes – nicht aus dem Blick zu verlieren. Etliche weitere Fragen sind unbeantwortet: Wie sollen die Regierungen der Welt entscheiden, ob die potenziellen Vorteile von Geoengineering die Risiken in einzelnen Regionen wert sind?

Noch sei die Weltgemeinschaft weit davon entfernt, darauf Antworten zu haben, so das Fazit der C2G2-Experten.

Ein konkretes technisches Verfahren haben zwei Atmosphärenforscherinnen untersucht: das Einbringen von Schwefelverbindungen in die Stratosphäre in etwa 10 bis 50 Kilometern Höhe. Der Effekt ist von Vulkanausbrüchen bekannt, die gewaltige Mengen Schwefel in die Atmosphäre schleudern. Dort wandelt sich Schwefeldioxid in Sulfat-Partikel um, die einen Teil der ankommenden Sonnenstrahlung zurück ins All reflektieren. Als Folge kann die mittlere Erdtemperatur deutlich sinken.

„Um den globalen Temperaturanstieg in Schach zu halten, müsste der jährliche Schwefeleintrag in die Stratosphäre dem beim Ausbruch des Pinatubo am 12. Juni 1991 entsprechen“, schreiben Ulrike Niemeier vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Simone Tilmes vom National Center for Atmospheric Research im US-amerikanischen Boulder. Damals gelangten etwa 20 Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die obere Atmosphäre. Die Folge war eine zeitweise Senkung der mittleren Jahrestemperatur am Boden um etwa 0,5 Grad. Verschiedene Modelle zeigten zwar einen Einfluss solcher Maßnahmen auf den Klimawandel – aber auch weitere Effekte. Als Beispiel nennen die Autorinnen eine geringere Verdunstung am Boden durch weniger Sonneneinstrahlung. Dadurch verlangsamt sich der Wasserkreislauf, die Verfügbarkeit von Wasser ändert sich und ist zudem mit geringeren Niederschlagsmengen in der Monsunzeit verbunden. Ein weiterer Effekt: Schwefelverbindungen in der Stratosphäre absorbieren Strahlung, was zu einer Erwärmung dieser Luftschicht führe. Dies beeinflusse das gesamte System – mit möglicherweise höheren Windgeschwindigkeiten und einem verminderten Transport von Aerosolen, also Schwebeteilchen, zu den Polen. In Analysen verzögerte sich die Schließung des Ozonlochs um Jahrzehnte. Als weiteren wichtigen Faktor nennen die Forscherinnen den hohen finanziellen Aufwand dieser Maßnahmen. „Die geschätzten Kosten für den Schwefeltransport in die Stratosphäre liegen – für rund ein Grad Kühlung – bei 20 Milliarden US-Dollar jährlich.“ Nötig seien 6 700 Flüge täglich, und das über Jahrzehnte.

Ein weiterer Beitrag in Science beschäftigt sich mit technisch gesteuerter Wolkenbildung zur Milderung des Klimawandels. Ulrike Lohmann und Blaz Gasparini vom Institut für Atmosphäre und Klima der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich haben diese Möglichkeit untersucht. Hochliegende Eiswolken, sogenannte Zirruswolken, werfen demnach wenig Sonnenstrahlung ins All zurück und halten mehr langwellige Wärmestrahlung auf der Erde als eine wolkenfreie Atmosphäre. „Der Einfluss auf das Klima entspricht daher dem von Treibhausgasen“, schreiben die beiden Forscher. Je höher also eine Zirruswolke liege, desto größer ist dieser Effekt.

Wolken ausdünnen, um Wärme abzuleiten

Da Eiswolken sich bei wärmerem Klima in größerer Höhe bilden, verstärke sich dieser Mechanismus fortlaufend selbst. Technische Maßnahmen könnten darauf abzielen, Zirruswolken auszudünnen und so durchlässiger für die von der Erde abgehende Wärmestrahlung zu machen. So könnte man mit dem Einsäen von Eiskeimen dafür sorgen, dass in Zirruswolken weniger, aber größere Eispartikel entstehen, die schneller herabfallen. Dies senke die Lebensdauer der Wolken und den Gesamtbedeckungsgrad.

Dem Wolkensäen sei der Vorzug vor dem Eintrag von Schwefel zu geben, sind die Schweizer Forscher überzeugt. Zum einen wirke die Methode direkter, zudem sei mit weniger Nebeneffekten zu rechnen. Doch die Beeinflussung von Zirruswolken verstärke die CO2-Konzentration und damit die Versauerung der Ozeane nicht, betonen Lohmann und Gasparini. „Nach derzeitigem Stand sollte die Zirruswolken-Ausdünnung lediglich als Gedankenexperiment gesehen werden, das dabei hilft, die Bildung der Eiswolken zu verstehen.“ (dpa)

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