Tipps vom Astro-FotografenWie spektakuläre Himmelsfotos entstehen

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Spektakuläre Himmelsformation über Kühtai in den Stubaier Alpen

Spektakuläre Himmelsformation über Kühtai in den Stubaier Alpen

Wir sind klein. Winzig klein und unbedeutend im Vergleich zur unendlichen Weite des Weltalls. Eigentlich weiß das jeder Mensch – oder sollte es zumindest wissen. Doch nur selten wird es uns so bewusst, wie beim Blick in den Himmel in einer klaren Nacht, wenn unzählige Sterne das Firmament erleuchten. In besonders dunklen Nächten kann man dann sogar mit bloßem Auge die Milchstraße erkennen, an deren äußerem Rand die Erde liegt und mit uns unser gesamtes Sonnensystem. Denn die für uns so riesige Sonne ist letztlich auch nur ein kleiner gelber Ball im ganz großen Spiel des Universums. Aus bis zu 300 Milliarden Sternen soll die Milchstraße bestehen, die wie ein blau und rot leuchtender Wolkennebel aussieht.

Matt Aust macht sich regelmäßig auf die Suche nach den dunkelsten und einsamsten Orten. Wie ein Jäger zieht es den jungen Mann aus der Nähe von Nürnberg hinaus in die Wildnis, bewaffnet mit Kamera, Stativ und einem Zelt für eine Nacht unter freiem Himmel. Von seinen Reisen in die Dunkelheit bringt er fantastische Einblicke ins All mit.

Lichtverschmutzung trübt den Blick

Für unsere Vorfahren war der Blick auf die Milchstraße noch viel präsenter. Damals war die Erde noch nicht voll mit leuchtenden Städten, Autobahnen und Industrieanlagen – Lichtverschmutzung, ein Phänomen, das besonders in Ballungszentren dafür sorgt, dass es auch nachts nicht mehr dunkel wird und den Blick ins All erschwert. „Ich suche Orte, die wenig Lichtverschmutzung aufweisen, dafür muss ich die Zivilisation möglichst weit hinter mir lassen. Aber genau das mag ich auch an diesen Ausflügen aus dem Alltag“, erklärt Aust.

Seit vier Jahren widmet er sich in der Freizeit der Astrofotografie und hat dabei preisgekrönte Bilder erschaffen. Seine Leidenschaft für diese Art der Fotografie entstand zunächst durch einen Zufall. Eines Nachts experimentierte er mit Langzeitbelichtungen und wollte dabei eigentlich nur die Landschaft in Szene setzen. „Auf einmal tauchte die Milchstraße auf einem der Bilder auf. Das war für mich ein Schlüsselerlebnis.“

Weitere Infos über Matts Aust unter www.star-trails.de undwww.facebook.de/startrailsmattaust

Daraufhin beschäftigte sich Aust umfassend mit Astronomie und Astrofotografie. Was seine Bilder so besonders macht, ist die Gesamtkomposition: Neben den Tiefen des Weltalls ist auch immer die Landschaft und hin und wieder auch er selbst in das Bild integriert. „Ich mache also eher Landschaftsfotografie mit Sternenhimmel oder Astrofotografie mit Landschaftsanteil. Das ist wohl Ansichtssache“, beschreibt der 32-Jährige fast schon lapidar seine Bilder.

Das Schöne an dieser Art der Fotografie ist, dass es prinzipiell jeder machen kann. Natürlich nicht direkt auf dem Niveau von Matt Aust – auch bei ihm hat es viele Versuche bis zur Meisterschaft gedauert. Alles, was man dazu braucht, ist eine handelsübliche Kamera mit manuellen Einstellmöglichkeiten und einem Weitwinkelobjektiv, ein Stativ und ein wenig Vorbereitung. Wobei sich natürlich die Qualität der Kamera und vor allem des Objektivs letztlich auch in der Qualität der Bilder widerspiegeln.

Aust nutzt für seine Bilder eine Sony Alpha 7S, eine Spezialistin für Low-Light-Fotografie. Zusätzlich hat er die Kamera noch etwas umbauen lassen, um besonders im roten Spektrum noch mehr Licht einfangen zu können. Seine Objektive sind lichtstarke Weitwinkel, bei denen die Blende so weit wie möglich geöffnet wird, um das Maximum an Licht einzusammeln. Für seine großformatigen Himmelsansichten macht er meist mehrere Bilder, die er später am Rechner zusammenfügt, und natürlich holt er auch in der Nachbearbeitung am Computer noch einiges an Schärfe und Kontrast heraus. „Um sich dem Thema aber erst einmal zu nähern und um erste Erfolgserlebnisse zu feiern, muss man sich aber nicht sofort teures Equipment anschaffen“, macht der Experte Mut. Viel wichtiger für die Astrofotografie sind der richtige Ort und die richtige Zeit.

Beim Ort gilt es, der Lichtverschmutzung möglichst weiträumig aus dem Weg zu gehen. Das bedeutet, man sollte etwa 50 Kilometer von der nächsten Großstadt entfernt sein. Ein Blick auf eine Karte für Lichtverschmutzung im Internet zeigt die dunkelsten Flecken der Erde. Von Köln aus sollte man dafür am ehesten eine abgelegene Stelle im Oberbergischen oder in der Eifel ansteuern. Aust selbst ist meist in den Alpen unterwegs, aber auch auf Mallorca oder in Kroatien hat er schon Nächte unter freiem Himmel verbracht. Doch egal, wo man ist: Das für Fotografen attraktivste galaktische Zentrum der Milchstraße ist in südlicher Blickrichtung zu finden.

Die beste Sicht ist aber auch von der Jahreszeit abhängig. In unseren Breitengraden sind es am ehesten die Monate März bis September, in denen dieser Teil der Milchstraße am längsten zu sehen ist. Wenn auch zu unterschiedlichen Nachtzeiten. „Im Mai ist die Milchstraße in unseren Breiten am besten ab ein Uhr bis Sonnenaufgang zu sehen. Im September dagegen etwa von neun bis halb elf, bevor sie wieder unter dem Horizont verschwindet“, sagt Aust. Es empfiehlt sich in jedem Fall, sich vorher im Internet zu genau informieren, zu welcher Uhrzeit man seine Kamera aufstellen sollte. Die Himmelsrichtung ist stets indes klar: „Im Sommer einfach Richtung Süden. Dann hat man immer einen Teil der Milchstraße drauf.“ Wichtig beim Fotografieren ist, dass man die Kamera, die natürlich auf einem Stativ stehen muss, nicht mit dem Finger auslöst, denn das erzeugt kleine Erschütterungen und führt damit zu Unschärfe.

Entweder nutzt man einen Fernauslöser oder die Funktion Selbstauslöser/Timer. Die Belichtungszeit richtet sich nach der Brennweite des Objektivs und der Größe des Kamerasensors. Je weiter die Brennweite, desto länger kann belichtet werden, was natürlich von Vorteil ist. Bei kürzeren Brennweiten wird der Ausschnitt näher herangeholt, wodurch die Sterne aufgrund der Erddrehung schneller unscharf abgelichtet werden. Matt Aust empfiehlt als Richtwert für Anfänger 20 Sekunden Belichtungszeit mit einem Objektiv zwischen 12 und 30 Millimeter auf einer Vollformat-Kamera. Aber für Beginner gilt vor allem: Einfach viele verschiedene Einstellungen ausprobieren.

Möglichst einmal im Monat geht Aust auf Sternen-Tour: „Es funktioniert eigentlich nur in den Neumondphasen, also an Neumond oder ein paar Tage vorher oder nachher. Nur dann ist es dunkel genug.“ Der Mond, der in klaren Nächten das Licht der Sonne abstrahlt, darf also nicht dazwischenfunken.

Und natürlich sollten auch keine Wolken den Himmel bedecken, zumindest nicht den Teil des Firmaments, in dem das Zentrum der Milchstraße irgendwann im Laufe der Nacht auftaucht.

Entspannung und Freiheit im Kopf

Und dann taucht Aust ein in seine ganz eigene Welt. Dabei genießt er vor allem auch die Einsamkeit: „Wenn ich auf einen Berg oder zu einer Location gehe, merke ich anfangs noch wie die Gedanken um das eine oder andere Alltagsproblem kreisen. Je länger ich dann unterwegs bin, umso freier wird auch der Kopf. Irgendwann tritt genau die Entspannung und die Freiheit im Kopf ein, die ich sonst nirgendwo finden kann. Dann denke ich nur noch über das Fotografieren nach. Ich bin einfach nur in diesem Moment an diesem Ort, und alles passt zusammen, es gibt nichts, worüber man sonst nachdenken müsste.“

Ein fast schon meditativer Zustand – allein mit sich und der Milchstraße.

So geht´s

Ort mit geringer Lichtverschmutzung aussuchen

Die richtige Zeit: Neumondphase (der nächste Neumond ist am 17. März)

Das ideale Wetter: Klare Sicht

Interessante Objekte für den Bild-Vordergrund suchen (am besten tut man das noch bei Helligkeit)

Kamera mit manuellen Einstellmöglichkeiten & Stativ

Auslösung durch Fernauslöser oder mit Zeitverzögerung

Autofokus ausschalten, manuell auf Sterne scharf stellen

Weitwinkel-Objektiv (12-30 mm) mit hoher Lichtstärke (f/2,8 oder kleinerer Wert)

Einstellungen: 12-30 mm, ca. 20 Sek. Belichtungszeit, f/2,8 oder 2,0 oder 1,4 ISO 1600-6400

Möglichst im RAW-Format fotografieren

Nachbearbeitung der Daten am Computer Hilfreiche Website und Apps:

www.lightpollutionmap.info

Photopills, Planungs-App für Astro-Fotografen (10,99 Euro für iOS/ 9,99 Euro für Android) Stellarium, Sternenatlas fürs Handy (3,49 Euro/2,59 Euro)

Weitere Infos über Matts Aust lesen Sie hier: www.star-trails.de undwww.facebook.de/startrailsmattaust

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