Freude, Zorn und - neue Verkaufspläne

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„Ein schöner Tag für Köln“, jubelte Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz gestern über das sensationelle Abstimmungsergebnis im Rat am Abend zuvor, bei dem der von der CDU / FDP-Koalition favorisierte Verkauf der GAG-Aktien mit einer Stimme Mehrheit abgeschmettert wurde. „Eine große Katastrophe, die uns von einigen in der CDU zugeführt wurde“, bewertete dagegen FDP-Fraktionschef Ralph Sterck die gleiche geheime Abstimmung, bei der nach seiner Einschätzung drei CDU-Ratsmitglieder mit der Opposition gegen den Verkauf votierten. Von einem „Sieg der Bürgerschaft gegen die Arroganz der Macht“, sprach SPD-Fraktionschef Martin Börschel.

Zu Freude und Zorn gesellte sich gestern der Pragmatismus, nachdem OB Fritz Schramma bereits unmittelbar nach der Abstimmung zu einer Sondersitzung des Rates für den 13. Januar eingeladen hatte. Es geht um die Haushaltslage der Stadt, da mit dem Verkaufserlös der Aktien von 420 Millionen Euro die Finanzlücken in den Etats 2002 / 2003 von über 500 Millionen wenigstens zum Teil ausgeglichen werden sollten.

„Die Krisensituation ist uns bekannt. Doch besser wäre es gewesen, von Anfang an einen breiten Konsens zu suchen“, kritisierte Moritz die Koalition, bekräftigte aber auch das Angebot der Grünen, mit allen Fraktionen nach Auswegen aus der Finanzmisere zu suchen. Das wollen alle - wenn auch mit unterschiedlichen Hintergedanken. CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann will das Angebot von SPD und Grünen zu Gesprächen nach den Feiertagen aufgreifen: „Dann müssen sie Farbe bekennen, wie das Finanzloch gestopft werden soll, welche Einrichtungen sie schließen wollen.“ Während er die Ursachen für das strukturelle Defizit in der langjährigen SPD-Dominanz im Rat sieht, verweist Börschel darauf, dass die SPD in den letzten Jahren bei den Etatberatungen ausgeklammert worden sei: „Die Misere ist zum Teil hausgemacht.“ Ralph Sterck geht es darum, gemeinsam „die größten Gefahren abzuwenden.“ Wenn sich erst der RP mit dem Etat beschäftige, werde auch denen das Lachen vergehen, „die jetzt noch jubeln.“

Als Alternative zum GAG-Verkauf bringt Börschel erneut die Übernahme durch eine Beteiligungsgesellschaft unter Federführung der Stadtwerke ins Gespräch: „Für uns ist es am wichtigsten, dass der städtische Einfluss auf die Wohnungen gewahrt bleibt.“ Eine solche Lösung schließt auch Barbara Moritz nicht aus, doch sollten ihrer Meinung nach auch andere Möglichkeiten zur Vermögensveräußerung geprüft werden. Bietmann sieht dagegen in der „Stadtwerkelösung“ erhebliche Probleme mit der Genehmigung, weil die Stadt die GAG nicht unter Preis verkaufen darf, aber erheblich weniger zu erlösen wäre als bei dem gescheiterten Verkauf. Deshalb spielt Bietmann mit dem Gedanken, die Verkaufsvorlage vom Donnerstag am 13. Januar erneut zur Abstimmung zu stellen - das ist möglich, wenn ein Drittel des Rates das wünscht. Auch Sterck schließt eine erneute Abstimmung nicht aus.

Bietmann hofft dann die Koalitionsmehrheit geschlossen hinter der Vorlage. Er schließt nicht aus, dass die „Abweichler“ vom Donnerstag ihm unabhängig voneinander einen „Denkzettel“ erteilen wollten, weil sie dies wegen des Fehlens von zwei SPD-Abgeordneten im Hinblick auf das Ergebnis für „ungefährlich“ hielten. Bietmann will zudem von mindestens einem Ratsherren wissen, der versehentlich mit Nein gestimmt habe. Dagegen sieht FDP-Parteichef Reinhard Houben die Ursache in der mangelnden Präsenz Bietmanns in Köln und gibt ihm zu bedenken, deshalb sein Bundestagsmandat zurückzugeben. KOMMENTAR

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