Gedenkkreuz erinnert an Tragödie

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SANKT AUGUSTIN / TROISDORF. Herbert Korte erinnert sich noch sehr genau an den 4. Februar 1948, den Mittwoch vor Weiberfastnacht. „Es war ein schöner, klarer, aber kalter Tag. Im Rahmen des Sportunterrichts wollte Lehrer Josef Tobelke mit uns Fußball spielen. Da aber der Sieglarer Sportplatz wegen der vielen zugefrorenen Regenpfützen schlecht bespielbar war, wollten wir nach Meindorf. Also ging s ans Siegufer, wo damals zwischen Sieglar und Meindorf eine Seilfähre verkehrte. Lehrer Tobelke wollte uns zum Überholen in zwei Gruppen einteilen, doch der Fährmann meinte: „Die pack ich all zusammen!“ Wir hatten schon das erste Drittel der auch kleine Eisschollen führenden Sieg überquert, als der Nachen ein paar Sätze machte und eine Welle ins Boot schlug. Panik brach bei uns 18 Jungen aus, der Nachen wackelte. Dann schlug eine zweite Wasserwelle ins Boot und wir gingen damit unter. Zunächst standen wir noch alle in dem untergegangenen Kahn und hielten uns aneinander fest. Schließlich sprangen wir dann doch heraus und erreichten total durchnässt das rettende Ufer. Bald bemerkte ich, dass der Toni Schmitz abgetrieben war und wollte ihn aus der Sieg holen. Da rief Lehrer Tobelke: „Mach das du da rauskommst, ich hol den!“ Der Lehrer sprang ins Wasser, und ich lief meinen Mitschülern in Richtung Meindorf nach.“

Das Fährunglück sprach sich sehr schnell in Meindorf herum. „Jeder, der konnte, hat sich eine Decke geschnappt und die frierenden Sieglarer Jungs darin gewickelt“, erinnert sich der damals elfjährige Johannes Sonntag. Schließlich stellte man fest, dass zwei Schüler, der Lehrer und der Fährmann fehlten. Während man die beiden Männer bald fand, dauerte es einen ganzen Monat, bis man die zwei Schüler in den Fluten der Sieg entdeckte. Gisela Klein zeigte das Stammbuch, in dem es über den Tod ihres Bruders folgende Eintragung gibt: „Paul-Anton Hünten, 13 Jahre, in der Sieg tot aufgefunden am 3. März 1948.“ Und Helma Wirth ergänzte: „Als man den Toni dann nach Sieglar gebracht hatte und der Beerdigungstermin feststand, fand man kurz darauf auch meinen damals zwölfeinhalbjährigen Bruder Johann Schmitz in der Sieg fast an gleicher Stelle.“ Sie zeigte ein Foto, auf dem die beiden Särge der ertrunkenen Schüler nebeneinander vor der Sieglarer Pfarrkirche aufgebahrt sind. Lehrer Tobelke war in seiner Heimatgemeinde und Fährmann Kratz in Meindorf beerdigt worden.

Der traurige Anlass führte jetzt viele Meindorfer und Sieglarer Bürger in der Siegaue unterhalb des Meindorfer Grillplatzes zusammen. In Erinnerung an den tragischen Unglücksfall wurde am Siegufer ein neues Kreuz errichtet und eingeweiht. Außer Herbert Korte waren auch Manfred Buchen, Willi Husch und Matthias Stein gekommen, die damals als 13- beziehungsweise 14-jährige Schüler an Bord des heute neben der Grillhütte liegenden Nachen waren.Das Unglück bedeutete zugleich das Ende der Meindorfer Fähre. Danach gab es keinen regelmäßigen Übersetzverkehr mehr an dieser Stelle.

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