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Keine Exoten mehr: Jägerinnen schießen scharf

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AHRWEILER. Jagen ist sinnlich, sagt sie. Wenn früh morgens die Sonne am Horizont erscheint und der Nebel tief über dem Boden schwebt. Wenn in der Stille des Waldes ein Ästchen knackt und der Geruch feuchter Blätter und moosiger Erde in die Nase steigt. „Im Wald finde ich viel Ruhe, finde zu mir selbst“, sagt sie. Und: „Die Jagd ist für mich Erholung für die Seele.“

Sie, das ist die Ahrweilerin Francesca Hofmann, 51, dreifache Mutter und Jägerin. Eine Kombination, die oft für pikierte Blicke sorgt. Doch Francesca ist längst nicht mehr allein. Waren Frauen vor 30 Jahren in der Jagd noch Exoten, stellen sie nach Zählung des Deutschen Jagschutz-Verbandes heute immerhin fünf Prozent der bundesweit rund 340 000 Jagdscheininhaber. In Nordrhein-Westfalen, mit rund 78 000 Jägern auf der Pirsch, liegt die Frauenquote sogar bei sieben Prozent.

Aber auch in Rheinland-Pfalz nimmt die Zahl der Jägerinnen stetig zu. Und so streifen gemeinsam mit Francesca auch Bernadette von Twickel, 26, und Monika Kniel, 42, bewaffnet durch den Ahrkreis-Wald. Während Bernadette das Jagen quasi in die Wiege gelegt wurde („In unserer Familie hat das Tradition“), kam Monika vor acht Jahren über den Hund zur Flinte. Heute ist sie passionierte Jadghundeführerin und bildet angehende Jungjäger aus. Manchmal ist es aber auch schlichte Beziehungspflege, die Frauen in die Jagd treibt. „Mit 50 muss man sich überlegen, wie man die gemeinsame Zeit verbringt“, sagt Francesca, deren Mann einem anstrengenden Job nachgeht und die Freizeit in seinem Revier verbringt.

Vor vier Jahren, als die Kinder groß waren, entschloss sich Francesca, das „grüne Abitur“ abzulegen. Scheu, ein ganzes Jahr lang Wildhege und Tierkunde, Waldbau, Forst-, Tier- und Naturschutz sowie die Führung von Jagdhunden und das Waffenrecht zu pauken, hatte sie nicht. Ebenso wenig wie Skrupel vorm Schießen - auch wenn vom Rückschlag getroffene blaue Augen die Ausbildung an Büchse und Schrotflinte zuweilen bitter machten.

Für voll genommen wurden die drei Jägerinnen von ihren (die Konkurrenz fürchtenden?) männlichen Kollegen lange nicht. Erst als der erste kapitale Bock mit gutem Schuss erlegt worden war, stieg allmählich die Akzeptanz. „Wir Jäger sind auch heute noch ein konservativer Verein“, gibt Rolf Greif, Rotwildhergeringleiter im Kreis Ahrweiler, unverwandt zu. Die jüngeren Jäger seien mittlerweile aber toleranter.

Schiefe Blicke ernten die Jägerinnen zuweilen aber auch aus ihrem Umfeld. Vor allem am landläufig schlechten Image („Lustmörder“) haben sie nicht selten zu knabbern. „Dabei macht das Jagen an sich den geringsten Teil unserer Tätigkeit aus“, betont Monika. Im Vordergrund stehe vor allem die Hege und Pflege von Wild und Wald. Das Töten alter und kranker Tiere gehöre da einfach dazu.

Nichtsdestotrotz: Einen gewissen Beutetrieb kann Bernadette nicht völlig verleugnen. „Bei meinem ersten Rehbock war ich schon furchtbar aufgeregt“, erzählt sie, „aber als der so aus dem Dickicht trat, da wollte ich ihn auch erlegen.“ Francesca dagegen sieht das etwas nüchterner. Ihr „erstes Mal“, sagt sie, sei weder spektakulär noch unangenehm gewesen. „Noch in der Ausbildung war ich nicht sicher, ob ich ein Tier erschießen kann.“ Doch als es soweit war, entsann sich die 51-Jährige ihrer Pflichten in der Wildtierhege. „Ich drückte ab, weil ich es für richtig hielt“, betont Francesca, und sieht seither in der Jagd neben aller Sinnlichkeit auch einen Sinn.

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