„Der König von Köln“ARD-Film nimmt Oppenheim-Esch-Skandal aufs Korn

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Bankier Freiherr Alfred von Hoppenheim wird von den Fahndern aus dem Bett geklingelt.

  • Am Mittwoch, den 11. Dezember läuft die neue ARD-Produktion „Der König von Köln“ an.
  • Die TV-Satire setzt sich auf humoristische Art mit dem Oppenheim-Esch-Skandal auseinander.

„Ich han ech jedach, do wörs eine von uns, ne echte Kölsche.“ Baudezernent Lothar Stüssgen (Joachim Król) ist baff, als sein Nachfolger Andrea Di Carlo (Serkan Kaya) ihm beim Aktenschreddern im Büro eröffnet, dass er der Grund ist, warum die Polizei anrückt. Der junge Familienvater will raus aus dem Sumpf an Korruption, in den er sich hat verstricken lassen. Er hat ausgepackt – ausgerechnet beim Landeskriminalamt in Düsseldorf. Sein Chef hingegen ist der Meinung: „Wenn mer uspacke, da könne mer inpacke.“

Willkommen in der Hauptstadt des Klüngels! In der neuen ARD-Produktion „Der König von Köln“ (Mittwoch, 11. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten) wird gemaggelt und geschachert, dass sich die Balken biegen. Mittendrin: Der Polier und Bauunternehmer Josef Asch (Rainer Bock) und die noble Privatbank Hoppenheim. Obwohl die ARD betont, dass es sich bei dieser TV-Satire um eine fiktive Geschichte handele, sind die Bezüge zum Oppenheim-Esch-Skandal und der Arcandor-Pleite (siehe Infokasten) unübersehbar. Genüsslich breitet der Film ein pralles Sittengemälde aus, in dem sich der findige Asch und die gierigen Hoppenheim-Banker mit städtischen Bauprojekten auf Kosten der Steuerzahler dumm und dämlich verdienen und der überforderten Kaufhaus-Erbin Valerie Dickeschanz (Judith Engel) hunderte Millionen aus dem Kreuz leiern. Dass die Geschichte als Rückblende erzählt wird und die aufrechte Staatsanwältin Alina Behrens (Eva Meckbach) gleich zu Beginn mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Villa von Freiherr Alfred von Hoppenheim (Ernst Stötzner) vorfährt, tut der Spannung keinen Abbruch. Man weiß ja, wie es ausgehen wird. Interessanter ist der Weg dahin.

„Die wichtigsten Sitzungen in Köln sind Karnevalssitzungen“

Der Film zeichnet Asch als gewieften Strippenzieher, der seine Geschäftspartner erst mit Gefälligkeiten gefügig macht und dafür später Gegenleistungen einfordert. So gerät auch der junge Sachbearbeiter im Bauamt, Andrea Di Carlo, schnell in Abhängigkeiten. Sein zweites Kind ist unterwegs, er braucht mehr Platz im Haus. Da hat sein Chef, Baudezernent Stüssgen, eine kölsche Lösung parat. Nach dem Motto „Die wichtigsten Sitzungen in Köln sind Karnevalssitzungen“ nimmt Stüssgen ihn zum Fastelovend feiern mit und stellt ihm in der Kneipe Asch vor. Der werde ihm schon helfen. Als Stüssgen kurz darauf – randvoll mit Kölsch und Viagra – im Bordell Pascha einen Herzinfarkt erleidet und ausfällt, sorgt Asch dafür, dass Di Carlo die kommissarische Leitung des Baudezernats und den gewünschten Anbau an sein Haus bekommt.

Oppenheim-Esch, Arcandor und Deutz

3,9 Milliarden Dollar – auf diesen Betrag schätzte das US-Magazin Forbes 2008 das Vermögen der KarstadtQuelle-Erbin Madeleine Schickedanz. Wenige Jahre später war das meiste davon weg, der Arcandor-Konzern pleite und die traditionsreiche Kölner Privatbank Sal. Oppenheim Cie. von 1789 Geschichte. Schickedanz, die die Bank erfolglos auf Schadenersatz verklagte, wird im Film in der Figur Valerie Dickeschanz verkörpert.

Sie war eine der Reichen und Superreichen, mit denen der Troisdorfer Bauunternehmer Josef Esch und die Oppenheim-Bank Geschäfte machten. Zur Finanzierung städtischer Bauprojekte in Deutz wie Kölnarena, Technisches Rathaus oder Messehallen Nord legten sie geschlossene Fonds auf, die den Anlegern hohe Mieterträge über Jahrzehnte garantierten – zu Lasten der Steuerzahler, die teils bis heute für die Mehrkosten der überteuerten Bauprojekte aufkommen müssen.

Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass der verstorbene Kölner Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier, der an den Entscheidungen zum Bau von Kölnarena und Rathaus beteiligt war, 1998 direkt nach Ende seiner Amtszeit in die Geschäftsführung der Oppenheim-Esch-Holding wechselte. Bei Arcandor setzte Oppenheim-Esch durch, dass die Warenhäuser ihre Immobilien verkauften und teuer zurückmieteten – einer der Gründe für die spätere Insolvenz des Konzerns. (fu)

Den Preis, den der junge Mann dafür zahlen muss, erfährt er bald. Er soll beim Bau der neuen Stadtverwaltung in Deutz auf die europaweite Ausschreibung verzichten. Das gelingt – der Stadtrat fasst den Baubeschluss während der Fußball-EM, als kaum Ratsmitglieder anwesend sind. Während Di Carlo Gewissensbisse plagen, wittern Asch und die Hoppenheim-Banker bei der weltfremden Dickeschanz und ihrer kriselnden Kaufhaus-Kette ein Riesengeschäft. Sie holen den aalglatten Manager Tom Middeldorf (Jörg Hartmann), der sofort tausende Jobs streicht. Am Ende muss Middeldorf – wie Thomas Middelhoff beim Arcandor-Konzern – wegen Untreue und Steuerhinterziehung in Haft, während Asch mit einer Geldstrafe davonkommt.

Beste Fernsehunterhaltung

Mit „Der König von Köln“ hat das Team um Regisseur Richard Huber („Danny Lowinski“), Drehbuchautor Ralf Husmann („Stromberg“) und die Produzenten Michael Souvignier und Till Derenbach beste Fernsehunterhaltung mit Witz und ernstem Hintergrund geschaffen. Zuweilen bis ins Groteske überzeichnet, bietet die Satire immer wieder Szenen, bei denen einem das Lachen im Halse stecken bleibt.

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Rainer Bock spielt Josef Asch als hemdsärmeligen Macher, der, wenn’s sein muss, auch mal eigenhändig ein verstopftes Klo repariert oder den Bonzen auf dem Golfplatz zeigt, wo der Hammer hängt. Der im Ruhrgebiet geborene Joachim Król brilliert in der Rolle des kölschen Baudezernenten, sagt selbst über diese fiktive Figur: „Jeder in Köln kennt einen Lothar Stüssgen. Er gehört zu dem Offiziers-Corps, das den alten Dampfer Colonia seit Jahrzehnten seelenruhig dem Abgrund entgegen steuert.“ Einziges Manko in diesem sehenswerten Film: Die Rolle der Stadtpolitik bei den Bauskandalen wird in der Handlung ausgeblendet. Bis auf Stüssgens Fazit: „Politik heißt alles so lange im Ungefähren zu lassen, bis es nicht mehr zu ändern ist.“

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