Cristian Macelaru stellt sich vorDas ist der neue Chef des WDR-Sinfonieorchesters

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WDR-Chef

Am Pult des WDR Sinfonieorchesters: Cristian Macelaru.

Köln – Generationenwechsel auf der Chefposition am Pult des WDR Sinfonieorchesters: jung, innovativ und weltoffen, so präsentierte sich der in Rumänien geborene und in Amerika erfolgreiche Musiker Cristian Macelaru bei der Vorstellung der kommenden Saison, seiner ersten Spielzeit als Chefdirigent. Die Wahl eines zeitgemäßen Musikvermittlers soll den Aufbruch „in ein digitales Zeitalter“ markieren, so die Hörfunkdirektorin Valerie Weber zum Neustart. Die Stimmung bei den Machern rund um das Orchester durfte als euphorisch bezeichnet werden.

Was den Stolz und die zweifelsfrei erfolgreiche Ära des scheidenden Chefs Jukka-Pekka Saraste in keiner Weise schmälern sollte. Der eher schweigsam-dezente Finne entfaltete seine Kraft erst am Pult seines Klangkörpers, weniger vorab im Plauderton auf Presseterminen.

Dagegen schwappen dem glühend musikverliebten Redner Macelaru die Wortkaskaden über die Lippen, auf jedes Stichwort folgen ganze Kapitel mit Erklärungen und persönlichen Anmerkungen: noch in englischer Sprache, aber er will die deutsche Sprache erobern. „Mit den Eltern spreche ich Rumänisch, mit den Kindern Englisch oder Französisch, denn sie besuchten in Amerika eine französische Schule, bei der Arbeit auch mal Italienisch, das ist schon einiges“, meint der Dirigent, der jetzt in Deutschland seinen Lebensmittelpunkt setzt. Und er sieht dies „als Rückkehr in die Heimat zu meinen Wurzeln: Ich bin schließlich Europäer!“

Aktuell probt er für sein erstes Gastspiel mit dem WDR SO am Wochenende bei den Dresdner Musikfestspielen, die heute mit dem Starsänger René Pape eröffnet werden. Dort wird mit dem Festspiel-Intendanten Jan Vogler am Cello ein ganz besonderes Konzert erklingen, bei dem der Amerikaner Nico Muhly, der Deutsche Sven Helbig und der Chinese Zhou Long jeweils einen Satz komponiert haben: drei Komponisten aus drei Kontinenten vereint durch ein Konzert. Darin überfährt der Cellobogen drei Personalstile von zeitgenössisch-akademischer Konzeption über hollywoodgeschwängerten Schönklang bis zur exotisch folkloristischen Tonsprache.

Macelaru, das war auf einem Probenbesuch zu spüren, begegnet diesen Phänomenen mit gleichbleibender Bemühtheit und Anerkennung, eine kostbare freie Sicht, erlernt im amerikanischen Kulturkreis. In der Neuen Welt gibt es nur gute und schlechte Musik, keine E- und U-Sortierung. Für die kommende Saison verspricht der Chefdirigent seinen Hörern „eine Reise, die uns alle Höhen und Tiefen unserer Existenz erleben lässt“ – das wird zum Credo des Cristian Macelaru, der in seinem Antrittskonzert auch das „Te Deum“ von Dvorak aufführen lässt. Der Böhme hat den Amerikanern eine bestellte amerikanische Nationalmusik geliefert, die aus tschechischem Nationalklang geboren wurde – das hat niemanden gestört, denn, so Macelaru: „Wir sind alle gleich!“

Als „gute Balance zwischen Aufbruch und Kontinuität“ bezeichnet der Orchester-Manager Siegwald Bütow die kommende Saison. Natürlich verweisen die gesetzten Dirigentennamen Marek Janowski, Christoph Eschenbach oder Manfred Honeck auf Tradition; die junge Generation vertreten Tung-Chieh Chuang und Krzysztof Urbanski. Als Dirigent, Solist und Komponist konnte langfristig Jörg Widmann als „Artist in Residence“ gewonnen werden, der in jedem Konzert in allen drei Funktionen auftreten wird. Auch die Reihe „Musik im Dialog“ wird mit Thea Dorn und Rüdiger Safranski prominent weitergeführt. Musik und Politik verbindet auch Fazil Says „Istanbul Symphony“, die als „WDR Happy Hour“ in Duisburg, Essen, Dortmund und Köln aufgeführt wird.

Macelaru zählt zu der Gruppe von Dirigenten, die als Instrumentalist bereits eine Karriere vorweisen können und als Seiteneinsteiger zum Dirigieren kamen. Als Konzertmeister kennt er die Gegenseite, was ihn zu einer Art „primus inter pares“ erhebt – eine moderne Erscheinung dieser Zunft, die ja schon herrschaftlichste Blüten trieb.

„Musik in ihrer einfachsten Form, in ihrem ursprünglichsten Wesen zu vermitteln“ – das ist seine Profession. Da dürfen jetzt nicht nur Klassikfreunde, sondern alle Menschen sehr gespannt sein.

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