Kölner SchauDie große Ausstellung „Wallrafs Erbe - Ein Bürger rettet Köln“

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"Wallrafs Walhalla": Im Eingang der Schau platziert das Museum herausragende Exponate aus allen möglichen Gebieten.

Köln – Was hat ein versteinertes Vogelnest im Kunstmuseum verloren? Oder ein Bergkristall, eine Münze? Für Ferdinand Franz Wallraf, den wichtigsten Kölner Stifter (1748-1824), gehörte all dies untrennbar zusammen.

Und das nach ihm benannte Museum hat im Entree der Ausstellung "Wallrafs Erbe - Ein Bürger rettet Köln" das Idealbild dieser universellen Sammelwut geschaffen: Vorn thront des Gönners letztes Testament, dessen 200. Jahrestag (9. Mai 1818) die facettenreiche Schau inspirierte. Und im Halbrund dahinter zeigen Exponate in 16 verglasten Stelen die Bandbreite dieser Kollektion: Neben den genannten Werken etwa eine antike Frauenbüste, ein Stuckkästchen, ein Erdglobus oder ein Bischofskopf.

Wallrafs Walhalla

"Willkommen in Wallrafs Walhalla", wie Direktor Marcus Dekiert diesen Saal nennt. Natürlich ist auch sein Haus hier mit zwei prächtigen Tafelbildern vertreten, doch daneben haben Stadtmuseum und Museum Schnütgen, Römisch-Germanisches, MAKK, Historisches Archiv, Universitäts- und Stadtbibliothek oder das Geo-Museum der Kölner Universität die Vitrinen bestückt. Die Hochschule ist ohnehin mit Historikerin Gudrun Gersmann und Kunsthistoriker Stefan Grohé neben Thomas Ketelsen (Wallraf) und Mario Kramp (Kölnisches Stadtmuseum) fürs Konzept verantwortlich.

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Aufgeschlagenes Stundenbuch eines Malteser-Ritters (1520-1552).

Am Anfang war das Chaos, denn schon Goethe hatte nach Blick auf Wallrafs Schätze befunden, dass hier "kostbarste Gegenstände der Natur, Kunst und des Altertums sich durcheinander umhertreiben". Wobei Friedrich Schlegel entgegnete: "Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann."

Fürs Ordnen hatte der Kölner Schneidersohn indes kaum Zeit: Sowohl während der französischen Besatzung (ab 1794) wie auch in Säkularisation, als aus geschleiften Kirchen und Klöstern Schreine eingeschmolzen oder Holztafeln verheizt wurden, rettete Wallraf, was zu retten war. Der luftige, mit prägnanten Saaltexten und aparten Wandillustrationen geschmückte Parcours im Souterrain strukturiert die Wimmelfülle in 233 Exponaten.

Und was ihn alles interessierte: Unterschuhe für zierliche Damenfüße, sächsische Krüge und Kannen. Zudem sah er sich als Sammler "anticker Mobilien in Cöln", wovon etwa ein spanischer Scherensessel zeugt. Man sieht Grabplatten und Weihaltäre, das Evangeliar von St. Aposteln. Und die Ausstellung weist darauf hin, wie diese aus ihrem Kontext gerissenen Werke in den Wohnungen ihrer Bewahrer re-inszeniert wurden.

Giovanni da Bolognas grazile Kleinbronze "Venus nach dem Bade" zeigt Wallraf als Erben des verehrten Sammlers Everhard Jabach IV., daneben erlebt man ihn als Käufer von Grafik - und Mäzen für zeitgenössische Künstler. So förderte er etwa Joseph Hoffmann, der erfolgreich an Goethes "Weimarer Preisaufgaben" zur Illustration antiker Stoffe teilnahm.

Über die "Franzosenzeit" mit seinem Kampf um die Rückführung von Rubens' "Kreuzigung Petri" nach Köln gelangt man in die letzten Jahre des Sammlers und bei typisch Kölner Kalamitäten. So verstieß die Stadt mehrfach gegen Wallrafs letzten Willen, dass sein Erbe "unter keinen erdenklichen Umständen veräußert" werden dürfe. Lange wurde auch ein würdiges Schatzhaus gesucht. Doch nun ist man im Ungers-Bau eingeladen, auf einem zweiten Parcours im ersten Obergeschoss Stefan Lochners "Weltgerichtsaltar" oder Dürers "Pfeifer und Trommler" zu bestaunen. Auch sie verdanken sich wie Lochners "Altar der Stadtpatrone" im Dom dem Engagement eines Bürgers, der stets eins anstrebte: Kölns Erbe zu retten.

23. März bis 8. Juli, Di-So sowie an Feiertagen 10-18 Uhr, 1. u. 3. Do bis 22 Uhr. Katalog, 258 s.., 22 Euro. Obenmarspforten. www.wallraf.museum

Zum Uni-Projekt "Wallraf digital" gehört die kostenlose App "Wallrafs Köln".

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