Oper ErstaufführungHamlet-Premiere in der Oper Köln

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Paul Leclaire Hamlet 251119

Szene mit  Joshua Bloom (Hamlets Vater, l.) und David Butt Philip (Hamlet).

  • Es ist die Erstaufführung mit Musik von Brett Dean
  • Zeitlose Kostüme wurden für das zeitgenössische Stück genutzt
  • Librettist Matthew Jocelyn hat auch die Regie übernommen

Köln – Wie eine kalte Hand greift der Tod in Tönen aus dem Orchester, er schleicht sich an aus dem staubigen Reich des „… not to be“, so stammelt Hamlet im Prolog. Am Totensonntag wurde in der Oper Köln im Staatenhaus sehr heftig gestorben, Hamlets Vater, das erste Opfer, löste die Epidemie aus Gift und Dolchen aus. Trotz des dramatischen Geschehens zeigten sich die Premierengäste sehr begeistert über diesen prallen Opernabend mit Musik von Brett Dean in der deutschen Erstaufführung dieser zeitgenössischen Oper.

Viele Komponisten taten sich in den vergangenen Jahrhunderten schwer mit diesem Shakespeare-Schwergewicht. Brett Dean sah erst Licht im Dunkel, als er den Librettisten Matthew Jocelyn kennen lernte, der jetzt in Köln auch die Regie übernahm: Ein Glücksfall tatsächlich, denn der Librettist/Regisseur ist mit sich optimal im Reinen und setzt ganz auf Text und schauspielerisch-sängerische Qualitäten. Die Geschichte wird in der Textversion Jocelyns ganz klar und verständlich erzählt.

Eindrucksvolle Szene filmischer Qualität

Die psychologische Tiefe des Spiels verdeutlicht die oft geräuschhafte Musik, die einen Sturm aus Orchester- und Sängerstimmen entfacht, mit so drängender und anhaltender Intensität, dass der Sound wirklich aufrüttelt. Tatsächlich rumoren wie im Kinopalast Basslautsprecher unter der Tribüne in der Magengegend. Die Bühnen von Alain Lagarde zeigt eine auf Saalhöhe gestutzte mobile Multifunktions-Pyramide, aus deren Inneren Aufzüge möglich sind und sogar ein Bach entspringt. Auf diesem – eine eindrucksvolle Szene filmischer Qualität mit intensivster Musikunterstützung und aktiver Nebelmaschine – nähert sich der Geist des ermordeten Vaters in einem Nachen.

Zeitlosigkeit erklären die Kostüme (Astrid Janson), das Königspaar in Purpur, Hamlet lässig in Lederjacke. Das Orchester tönt diesmal von links, und der junge Dirigent Duncan Ward sprüht vor Begeisterung für die anspruchsvolle Partitur, die das gesamte Vokabular der Neuen Musik abruft. Aber Dean sägt den Hörern nicht im Schädel, seine Musik vermittelt Emotion, Wärme und Kälte. Einzig seine Raummusikversuche mit zwei ausgelagerten Kleingruppen aus Bläsern und Perkussion bleiben für die vorderen Reihen wirkungslos.

Lob für Hamlet-Sänger David Butt Philip

Dafür donnert der Chor (Rustam Samedov) sehr mächtig, ein Gegenentwurf zu einem statischen „Semi Chorus“ (Rheinstimmen Ensemble), der kommentierend eingreift. Ganz imposant ist der Einsatz eines Akkordeonisten (James Grabb), der als fahrender Musiker das „Spiel im Spiel“ der reisenden Schauspieler begleitet und hochvirtuose Beiträge liefert, die oft im Unisono mit dem kompletten Orchester ablaufen – das klappte zur Premiere hervorragend. Ein Loblied darf dem Hamlet-Sänger David Butt Philip gesungen werden. Die Partie als Tenor ist mehr als gewaltig und fordert selbst im Tod noch ein strahlendes C.

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Sensationell erfreut die natürliche Ausstrahlung des Engländers. Als gemeuchelter Vater und Totengräber agierte Joshua Bloom, sein Bass kann und will Gräber öffnen. Und Andrew Schroeder als Hamlets böser Onkel interpretierte mit viel Falsch und großartigem Gesang. Als ehemalige und gegenwärtige Kölner Ensemblemitglieder gefielen Gloria Rehm als Ophelia, Dalia Schaechter als Hamlets Mutter, John Heuzenroeder, Wolfgang Stefan Schwaiger und Dino Lüthy. Ein erfreuliches neues Werk wurde hier für Deutschland aus der Taufe gehoben, mit großem Engagement, riesigem Einsatz und letztlich Erfolg. „Der Rest ist …“

Dauer: 3½ Stunden mit Pause. Nächste Termine: 27., 30.11., 19.30 Uhr, 8.12., 18 Uhr, sowie 5. und 11.12., 19.30 Uhr, im Staatenhaus Saal 2. Karten-Tel.: (0221) 221 28400.

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