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Pressefotos und KarikaturenBonner Haus der Geschichte zeigt „Rückblende 2018“

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klaus stuttmann

In Auflösung: Klaus Stuttmanns Karikatur "Is was?"

Bonn – Wie ein trotziger Schuljunge sitzt US-Präsident Donald Trump da, hält mit verschränkten Armen dem bohrenden Blick der Kanzlerin Angela Merkel stand. Die Augen der Mächtigen richten sich nicht auf den vermeintlichen Delinquenten, sondern auf sie. Was wird Merkel tun? Man traut es ihr offenbar als Einziger zu, dass sie die Sache mit dem widerborstigen Trump regelt. Jesco Denzel hat das brillante Foto am 9. Juni 2018 beim G7-Gipfel in Kanada gemacht. Die Besucher der „Rückblende-Ausstellung“ gaben Denzels Foto bei der Premiere der Wanderausstellung in der Berliner Landesvertretung Rheinland-Pfalz zu Recht den Publikumspreis.

Zur Bildwahrheit gehört, dass Denzel nur eine Momentaufnahme liefert, denn kurz früher oder später fotografierte ein Reuters-Fotograf die gleiche Runde entspannt lächelnd. Trump hatte übrigens gegenüber der „Welt“ Stellung zu Denzels quasi offiziellem Bild, das im übrigen vom Bundespresseamt verbreitet wurde, bezogen: „Ich weiß, dass es unfreundlich aussah, aber wir redeten gerade über etwas, das nichts mit dem Gipfel zu tun hatte.“ „Ich habe eine gute Beziehung zu Angela Merkel“, betonte Trump, der G7-Gipfel sei „sehr freundlich“ gewesen.

Die aktuelle „Rückblende“ zählt zu den besten

Die Ausstellung tourt seit Ende Februar durch die Republik und macht nun Station im Bonner Haus der Geschichte. Um es vorwegzunehmen: 2018 war ein sehr ergiebiges Jahr. Die aktuelle „Rückblende“ zählt zu den besten der Serie. Es wird wieder mehr protestiert im Land. Die Szene und die Republik sind in Bewegung, ob im Demo-Zug gegen die AfD oder in der Menschenkette; in den Parteien tut sich einiges, die Nervosität ist überall zu spüren. Das rief etliche Fotografen auf den Plan. Der Kampf um den Hambacher Forst, die Konfrontation zwischen Gegnern des Braunkohletagebaus und der hochgerüsteten Polizei sorgte für dramatische, emotionsgeladene Bilder. Im belagerten Camp der Aktivisten von „Ende Gelände“ im Hambacher Forst hat David Klammer atmosphärische Bilder geschossen und zu Recht dafür die Auszeichnung „Beste Serie 2018“ bekommen.

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„Bestes Foto des Jahres“ ist Daniel Chatards Bild vom Abriss des „Immerather Doms“ in Erkelenz, um dem Braunkohletagebau Platz zu machen. Rund ein Dutzend Fotografen ist in der Foyer-Ausstellung mit mehr oder weniger packenden Bildern zum Aufregerthema Nummer eins vertreten. Emotional wurde auch das Ende des Steinkohlebergbaus umgesetzt, düster der Ausgang des NSU-Prozesses in einer grandiosen Schwarz-Weiss-Serie von Sascha Fromm. Spannend sind die Studien rund um Kanzlerinnendämmerung bei der CDU und die einhergehenden Entwicklungen. Habeck und Kühnert, AKK und Baerbock, überall bringt sich der Nachwuchs in Position. Und was macht Merkel? Sie lächelt auf vielen Bildern, als würde sie der nahende Abschied milde stimmen.

Von Erosion keine Spur. Anders in der Karikatur: Da zeigt Klaus Stuttmann eine zerbröselnde Kanzlerin (2. Preis Karikatur). Der erste Preis ging an Amelie Glienke für ihre Zeichnung mit dem absaufenden SPD-Schiff, auf dessen Bug eine breit grinsende Andrea Nahles verkündet: „Es geht schon wiedera ufwärts!“

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