Rautenstrauch-Joest-MuseumJutta Engelhard geht in den Ruhestand

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Jutta Engelhardt

Jutta Engelhard zwischen den Masken von Barong (r.) und Rangda die auf Bali, die Kräfte von Gut und Böse symbolisieren.

Köln – "Ich höre jetzt sehr zufrieden auf", sagt Jutta Engelhard, die am 28. Mai als stellvertretende Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums auf eigenen Wunsch in den vorgezogenen Ruhestand geht. "Ich bin fast 30 Jahre hier am Haus und konnte unglaublich viele Dinge verwirklichen." Es gab immer wieder auswärtige Angebote auf Direktorenposten, "aber hier einen Neubau und eine Neukonzeption als Projektleiterin verantwortlich zu betreuen war mir mehr wert. Auch weil dies nicht nur eine große Herausforderung, sondern vor allem eine Riesenchance war!"

Dass ihr Job als Neubaubeauftragte statt der erwarteten fünf dann 15 Jahre währen sollte, konnte sie nicht ahnen, "aber ich bin in der Zeit eine halbe Architektin geworden". Die den Raumbedarf des Hauses trotz arger Sparzwänge "mit Zähnen und Klauen verteidigt hat". Und letztlich überwiegt "der Stolz, überhaupt ein so tolles neues Museum maßgeblich mitgestaltet zu haben".

Beim anonymen europaweiten Architektenwettbewerb (1995), den das Braunschweiger Büro Schneider & Sendelbach gewann, war schon klar, dass man beim Kulturvergleichskonzept bleiben würde, das die damalige Direktorin Gisela Völger in großen Ausstellungen wie "Die Braut" oder "Drogen" und "Männerbünde" verwirklicht hatte.

Etwas ganz Neues machen

Für Engelhard stand gleich fest, "dass wir etwas ganz Neues machen wollten und keinen regionalen, sondern einen thematischen Parcours, der auch in die Präsentation frischen Wind bringen sollte". So fand man das Stuttgarter Atelier Brückner.

"Die Gestalter haben viele gute Ideen eingebracht, und für die war das ein Prestigeprojekt. Aber erstmal mussten die unsere und wir deren Sprache lernen."

Das Ergebnis verblüfft immer noch: "Ein durchgängiges Storyboard, passgenaue Raumbilder, interaktive Vitrinen, das elektronische Buch, der riesige elektronisch Tisch - das war alles neu." Und mag das 2010 eröffnete Haus auch von unzähligen Baumängeln und mehrfach von kurzen Schließungen heimgesucht worden sein, "der Parcours ist immer noch makellos, und alle Medien funktionieren".

Doch die promovierte Völkerkundlerin brachte neben Organisationsgeschick und Ideenreichtum auch markante Neuerwerbungen in die von ihr geleiteten Abteilung "Insulares Südostasien" ein. Der erste Coup glückte mit dem Ankauf des Gamelan-Orchesters, den die Kulturstiftung der Kreissparkasse zunächst abgelehnt hatte, weil man laut Richtlinie Kinder und Jugendliche besonders fördern müsse. Engelhard sagte zu, die jungen Besucher mit diesen Instrumenten zugleich in ein fremdes Weltbild einzuführen und besorgte eine Gamelan-Lehrerin, die zehn Jahre lang Schulklassen begeisterte.

Bittgang zur Kulturstiftung der Kreissparkasse

Die klingenden Kupferkessel schafften es auch prominent in den Neubau, doch dessen spektakulärstes Objekt ist der Reisspeicher aus Sulawesi. Der wurde schon 1984 im Zuge der ersten Neubauplanung mit Gottfried Böhm erworben und in einem Außenlager geparkt. "Doch war klar, dass er ein Blickfang an der Cäcilienstraße werden sollte. Die erste Prüfung aber ergab riesigen Restaurierungsbedarf, und das völlig verrottete Bambusdach musste entsorgt werden."

Also wieder ein Bittgang zur Kulturstiftung der Kreissparkasse, die für den Reisspeicher die Patenschaft übernahm und über Jahre bei der Realisierung half. So wurde der Korpus aus 254 Teilen restauriert, und ein Testaufbau in der Wagenhalle des Kölner Karnevals zeigte: Die Teile ließen sich noch nahtlos ineinanderstecken. Doch das Dach fehlte ja. Engelhard reiste nach Indonesien, fand einen erntereifen Bambushain. Kräfte vor Ort stellten 15 000 Schindeln unterschiedlicher Größe her. Einheimische Dachdecker mussten das dann in Köln aufbauen.

Die zuvor niemals aus ihren Dörfern herausgekommenen drei Handwerker zum Flug nach Europa zu bringen, überhaupt erst Geburtsurkunden, Pässe, Visa und in Köln alle Genehmigungen sowie eine Gastfamilie zu besorgen, inklusive Rund-um-die-Uhr-Betreuung - diese Sisyphusarbeit kostete Zeit wie Nerven. "2008 sind sie dann tatsächlich gekommen - aber wir saßen noch im staubigen Rohbau."

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So wurde der Speicher im Foyer mit Plastikplanen und stabilem Holzzaun geschützt - und nach sechs Wochen war "mein aufwendigstes Projekt" vollbracht: Das neue Museum hatte sein Wahrzeichen.

Dagegen war der Transfer des monumentalen Stiersarkophags oder der sakralen Masken von Barong und Rangda aus Bali für das Finale des Rundgangs fast einfach. "Ich habe all das, auch die jahrelange kommissarische Betreuung des Historischen Fotoarchivs, mit Herzblut gemacht", resümiert die Museumsfrau.

Mit Oliver Lueb (Vizedirektor) und Sonja Mohr (Abteilungsleiterin) stehen ihre Nachfolger schon fest, doch zum Jahresende geht auch Direktor Klaus Schneider. Jutta Engelhard erwartet, "nun endlich viele Dinge mit mehr Muße tun zu können". Ihr Mann, die erwachsenen Kinder und die beiden Irish Setter werden sich freuen.

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