Tragödien und SchicksalsschlägeDie Geschichte von Dalida kommt auf die Leinwand

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Sveva Alviti als Dalida

Die Ähnlichkeit swischen Sveva Alviti und Dalida ist einfach nur verblüffend.

Wenn man das Phänomen Dalida (1933-1987) in nur vier Minuten verstehen will, muss man sich eine Liveaufnahme von "Je suis malade" anschauen - ein Lehrstück, wie die Interpretation totaler Hingabe und absoluter Verzweiflung zu klingen und auszusehen hat. Das ist großes Drama, dargeboten mit großer Geste, aber ohne jegliches Posieren.

Das Biopic "Dalida", das jetzt am 10. August ins Kino kommt, erzählt eindrucksvoll, wie das Mädchen Iolanda Gigliotti nicht nur zu einem französischen Nationalheiligtum, sondern auch zu der Frau wurde, die sich schließlich 1987 das Leben nahm.

Zu viel Drama für ein Leben

Der Reigen der Tragödien beginnt im Januar 1967, als sich ihr damaliger Freund, der italienische Sänger und Songschreiber Luigi Tenco, nach einem erfolglosen Auftritt beim San Remo-Festival das Leben nimmt. Nach einem Selbstmordversuch kurz danach findet die Sängerin zwar auf die Bühne zurück. Doch drei Jahre später erschießt sich ihr Entdecker und Ex-Ehemann Lucien Morisse. Und 1983 bringt sich auch ihr ehemaliger Lebensgefährte Richard Chanfray um. Den Selbstmord ihres engen Freundes, des Chansonsängers Mike Brant, im Jahr 1975 lässt der Film aus - eine solche Häufung von Schicksalsschlägen hätte selbst ein Hollywood-Produzent für unglaubwürdig befunden.

Regisseurin Lisa Azuelos setzt in ihrer Erzählung mit Dalidas Selbstmordversuch kurz nach Tencos Tod ein, lässt Weggefährten und Familienmitglieder dem behandelndem Therapeuten die Geschichte der Patientin, die zu dieser Zeit im Koma liegt, erzählen.

Jüngerer Bruder wirkte beim Film mit

Sie wird als Tochter eines italienischen Violinisten in Ägypten geboren, der Vater als Spion verhaftet, nach seiner Entlassung drangsaliert er die Familie. In Paris wird die junge Sängerin nach einem Auftritt im legendären Olympia zum Star, dank dreier Männer: Lucien Morisse vom Sender Europe 1, Eddie Barclay, Inhaber der gleichnamigen Plattenfirma und Bruno Coquatrix, dem das Olympia gehört - und in dem Dalida über die Jahre immer wieder auftreten wird.

Azuelos wirft Schlaglichter auf einzelne Episoden des Lebens, nach den Rückblenden fährt sie chronologisch fort, reißt die beruflichen und privaten Höhen und Tiefen mal mehr, mal weniger an. Dem prallen Leben sei es geschuldet, dass nicht jede Geschichte konsequent zu Ende erzählt wird. Aber vielleicht hat da auch Orlando die Finger im Spiel...

Der jüngere Bruder Dalidas heißt eigentlich Bruno, gibt sich dann aber irgendwann diesen Namen, obwohl auch der ältere Bruder so heißt. Er ist ihr künstlerischer Berater, gründet später eine eigene Plattenfirma für sie - und fungiert seit ihrem Tod als eine Art Gralshüter. So bringt er praktisch jedes Jahr eine neue Compilation mit ihren Liedern heraus und ist auch Autor einer Biografie, auf der der Film basiert. Und natürlich hat der heute 81-Jährige auch am Drehbuch mitgearbeitet und sicher auch die Songauswahl betreut, wobei ein Manko ist, dass im Film immer wieder Lieder ("Bang Bang" oder "Gigi L'amoroso") zu Zeitpunkten zu hören sind, wo es sie noch nicht gegeben hat.

Ohne Fehl und Tadel ist auf jeden Fall die Besetzung der Italienerin Sveva Alviti. Natürlich kann man sicherlich eine Reihe von Schauspielerinnen mit einer entsprechenden künstlichen Mähne auf Dalida trimmen. Doch die frühere Tennisspielerin schlüpft derart überzeugend in die Rolle, dass man immer wieder das Gefühl hat, einen Dokumentarfilm anzuschauen. Zu den Originalsongs von Dalida bewegt sie nicht nur die Lippen synchron, sondern - gerade die Balladen - verkörpert sie regelrecht.

Und so gerät eben jenes "Je suis malade" zu einem bewegenden Höhepunkt - den nur Dalida selber toppen kann, Youtube sei Dank immer wieder erlebbar.

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