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WDR SinfonieorchesterCristian Macelaru wird neuer Chefdirigent in Köln

Lesezeit 4 Minuten
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Cristian Macelaru

Köln – Drei Mal hatte der rumänische Dirigent Cristian Macelaru im vergangenen Jahr die Gelegenheit, das WDR Sinfonieorchester zu dirigieren. Die Zusammenarbeit mit ihm hat den Musikern in Köln offenbar viele Freunde bereitet, sodass ihnen Ende des Jahres klar war: Ihn wollen sie als neuen Chef. Zwar entscheiden sie nicht allein, aber glücklicherweise herrschte in der Findungskommission mit dem Hauptabteilungsleiter Musik, Christoph Stahl, und Manager Siegwald Bütow völlige Einigkeit über die Personalie, sodass Macelaru am Mittwoch in Köln tatsächlich als Nachfolger des im Sommer 2019 aus dem Amt scheidenden Jukka-Pekka Saraste vorgestellt werden konnte.

Macelaru tauschte Bogen gegen Taktstock

"Wir sind gute Freunde geworden", sagte Macelaru im kleinen Sendesaal des WDR über seine künftigen Kollegen. Vielleicht ein zentraler Satz für sein Selbstverständnis als Dirigent. Er beschreibt sich selbst als Teamplayer. "Ich fühle mich in gewisser Weise als Coach des Orchesters. Aber auch als Mitspieler", legt er die Koordinaten für die künftige Arbeit fest. Wie das im Ergebnis klingt, erlebte das Kölner Publikum im Dezember letzten Jahres in der Philharmonie, wo er als Einspringer für Alan Gilbert eine ungeheuer beseelte und mitreißende Aufführung von Tschaikowskys vierter Sinfonie leitete. "Danach waren wir alle in einer Hochstimmung", erinnerte er sich.

Macelaru, der 1980 in Temeswar geboren wurde und als jüngstes von zehn Kindern in einer sehr musikalischen Familie aufgewachsen ist, war zunächst professioneller Geiger, bevor er das Dirigieren für sich entdeckte. Bereits mit 19 Jahren debütierte er in der New Yorker Carnegie Hall und wurde jüngster Konzertmeister des Miami Symphony Orchestra. Ihm stand also eine beachtliche Karriere als Instrumentalist offen. Doch es sollte anders kommen. "Ich wollte die Musik nicht nur aus der Perspektive des Geigers kennenlernen", erzählte Macelaru in Köln, "deshalb begann ich, die Partituren zu studieren, mit allen Instrumenten." Er betrieb das Studium so gründlich, dass er eines Tages den Bogen gegen den Taktstock austauschte. Als Dirigent leitete er dann zum ersten Mal 2010 das Orchester der Houston Grand Opera mit Puccinis "Madame Butterfly". Einen ordentlichen Schub machte seine Karriere, nachdem er 2012 beim Chicago Symphony Orchestra für den erkrankten Pierre Boulez eingesprungen war.

Seither ging es mit Macelaru steil bergauf. Mittlerweile hat er viele der bedeutendsten Orchester weltweit dirigiert, vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bis zum Concertgebouworkest Amsterdam, von der Staatskapelle Dresden bis zum Philadelphia Orchestra, wo er seit 2013 bereits mehr als 100 Mal am Pult gestanden hat. Einen besonderen Repertoireschwerpunkt wollte Macelaru dabei nie herausbilden. Er habe keinen Lieblingskomponisten, sagte er. "Für mich ist immer derjenige der beste Komponist, mit dem ich mich gerade beschäftige."

In den Chefetagen des WDR ist man nun glücklich darüber, dass man Macelaru von 2019 an für zunächst drei Jahre an den Rhein verpflichten konnte. WDR-Hörfunkdirektorin Valerie Weber verspricht sich sehr viel von dem noch jungen Musiker. "Aufgrund seiner europäisch-amerikanischen Sozialisierung ist er stark auf das Publikum gerichtet", sagte sie. Und er kenne sich sehr gut mit den neuen Medien aus. "Die digitale Transformation des Orchesters ist die größte Herausforderung des nächsten Jahrzehnts", sagte Weber. Ein weiteres Plus sieht sie in Macelarus Faible für die neue Musik, die er nicht zuletzt als Music Director des amerikanischen Cabrillo Festivals of Contemporary Music pflegt.

Das mit der Publikumsnähe sieht Macelaru ähnlich wie Weber, allerdings sieht er in seiner neuen Psotition auch einen pädagogischen Auftrag. Es geht ihm nicht darum, den Zuhörern im Saal und an den Rundfunkgeräten um jeden Preis zu gefallen, sondern er will ihnen die Musik näherbringen. Dabei sucht er durchaus das Gespräch. Das funktioniert derzeit jedoch vor allem auf Englisch. Damit er aber bis zum Amtsantritt im Sommer 2019 auch ein wenig auf Deutsch erklären kann, schenkte ihm Valerie Weber einen Gutschein über einen Deutschkurs mit zehn Lektionen. Und für seine zwei Kinder die WDR-Maus und ihre Freunde. Als Stofftiere.

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