Der Spatz von AvignonMireille Mathieu steht seit mehr als 50 Jahren auf der Bühne

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Seit mehr als 50 Jahren ein Star: Mireille Mathieu.

Seit mehr als 50 Jahren ein Star: Mireille Mathieu.

Mireille Mathieu (71) wurde als   „Spatz von Avignon“ in den Sechzigern mit Interpretationen weltbekannter Lieder wie „La Vie En Rose“ oder „La Paloma Adé“ berühmt. Seit inzwischen mehr als 50 Jahren ist sie berühmt. Mit Steffen Rüth spricht sie ihr aktuelles Album „Made In France“ sowie über ihre Tournee.

Madame Mathieu, wer wird Fußballweltmeister 2018?

Frankreich! (lacht) Zumindest hoffe ich das sehr. Wir haben ein außergewöhnlich gutes Team in diesem Jahr. Das sind echte Champions.

Sie interessieren sich also für Fußball?

Aber ja, sehr sogar.

Ihr aktuelles Album heißt „Made In France“. Was mögen Sie abgesehen von Les Bleus sonst noch besonders gern an ihrem Heimatland?

Eigentlich alles. Die Mode, das hervorragende Essen, die Menschen. Frankreich ist ein schönes Land. Natürlich gibt es Sachen, die mich stören, zum Beispiel dass manche Menschen so arm sind. Alles in allem bin ich stolz auf mein Land.

„Papst Franziskus ist ein moderner Papst“

Sie sind selbst in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, wurden als ältestes von 14 Kindern in einer Hütte ohne jeglichen Komfort groß. Ist Luxus heute für Sie normal?

Ich habe mich daran gewöhnt, es angenehm zu haben. Und wenn ich reise, bin ich oft in sehr guten Hotels. Trotzdem bin ich nicht abgestumpft oder gar gleichgültig.

Sind Sie gläubig?

Ja, das bin ich.

Sie trafen einst Papst Johannes Paul II.

Ein ganz toller Mann. Sehr beeindruckend und warmherzig. Auch Papst Franziskus würde ich sehr gern kennenlernen. Er ist ein moderner Papst und vertritt kluge Ansichten.

Der Papst, Wladimir Putin, Queen Elisabeth – die Liste der Staats- und Würdenträger, für die Sie gesungen haben, ist lang. Sie selbst sind nicht minder berühmt. Fühlen Sie sich wohl in ihrer Funktion als Ikone?

Ach, Ikone, ich weiß nicht. Der Papst wird gewählt, die Queen wird schon als Thronfolgerin geboren, aber bei mir ist es anders: ich existiere nur durch und dank meines Publikums. Die Menschen bringen mir seit vielen Jahren so viel Freundlichkeit und Liebe entgegen.

Sie nahmen 1964 an einem Gesangswettbewerb in Avignon teil und wurden 1965 in einer TV-Show entdeckt. In Deutschland sind Sie seit den frühen Siebzigern ein Star. Wie schafft man es, sich 50 Jahre an der Spitze zu halten?

Ich war immer fleißig. Mein Manager Johnny Stark stand hinter mir, er leitete mich an, viel zu arbeiten. Das war damals der richtige Zeitpunkt, als ich rauskam. Ich war zur idealen Zeit am richtigen Ort.

Mit 15 von der Schule gegangen

Zur Person

Geboren am 22. Juli 1946 in Avignon in ärmlichen Verhältnissen als eines von 14 Kindern.

Im Juni 1964 gewann sie in Avignon einen Gesangswettbewerb und erhielt eine Einladung nach Paris zum Vorsingen für eine Fernsehshow.

Die erste Single war Mon Crédo im März 1966, sie verkaufte sich 1,7 Millionen Mal.

Im Mai 1967 war sie zum ersten Mal in Deutschland auf Tournee. Ihren Durchbruch hatte sie im April 1969 mit „Hinter den Kulissen von Paris“. Ihr größter Erfolg war „La Paloma Ade“.

Sie singt neben Französisch auf Englisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch, Katalanisch, Okzitanisch, Russisch, Finnisch, Japanisch und Chinesisch.

Ihre Pagenfrisur mit Innenrolle ist seit 1965 unverändert geblieben. Sie tritt nur in schwarzen Kleidern auf.

Welt-Tournee 2018

Dortmund: 3. Mai,,20 Uhr, Konzerthaus

Düsseldorf: 4. Mai, 20 Uhr, Tonhalle

Aachen: 6. Mai, 18 Uhr, Eurogress

Sie singen auch stets in der Landessprache, sogar in Finnisch oder Japanisch. Sind Sie ein Sprachtalent?

Das gehört für mich dazu. Ich mache das gern, und die Menschen mögen es und finden es berührend, wenn man in ihrer Sprache singt. In der Schule war ich die Schlechteste. Ich bin mit 15 von der Schule gegangen, um in einer Fabrik zu arbeiten. Lesen und schreiben waren nie meine Stärken, aber das Singen, das habe ich immer geliebt.

Welche Sprache ist die Schönste?

Alle Sprachen sind schön. Natürlich könnte ich jetzt sagen „Französisch natürlich“, und die meisten Menschen denken wohl, dass man in keiner Sprache besser über die Liebe singen kann als im Französischen. Aber auf Deutsch finde ich Liebeslieder genauso wundervoll.

Sie singen in allen erdenklichen Sprachen über die Liebe, doch haben Sie selbst die Liebe nie gefunden.

Woher wollen Sie das wissen?

So heißt es.

Wer weiß schon, ob ich nicht doch verliebt bin oder die Liebe meines Lebens längst gefunden habe?

Obwohl Sie eine Berühmtheit sind, weiß man wenig über Sie.

So mag ich es. Ich behalte meine kleinen und großen Geheimnisse gerne für mich.

Hatten Sie eigentlich nie den Wunsch auszubrechen?

Nein, niemals. Ich brauche auch nicht viel Urlaub. Aber einmal im Jahr nehme ich mir eine kleine Auszeit.

Was machen Sie dann?

Meine Schwester Matite und ich, wir fahren einmal im Jahr nach Biarritz und machen dort eine Thalasso-Therapie. Das tut mir sehr gut.

Sie leben mit ihrer Schwester zusammen. Kochen Sie selbst?

Das macht meine Schwester. Ich helfe. Das Gemüse schneiden ist meine Aufgaben. Kochen war nie meine Spezialität.

Was ist das Wichtigste für Sie ?

Meine Familie. Gerade jetzt, da meine Mutter nicht mehr lebt. Natürlich leben wir alle eigenständig, aber ich bin halt die Älteste und habe mehr Verantwortung übernommen.

Zu Ihren liebsten Liedern gehört auch „Non, Je Ne Regrette Rien“.

Ja, dieses große Lied ist mein Credo. Ich würde alles noch einmal so machen, auch wenn es immer Höhen und Tiefen gibt und nicht alles gelingt.

„Ich bin so, wie ich bin“

Wie haben Sie sich verändert im Laufe der Jahrzehnte?

Gar nicht so sehr. Heute bin ich reifer, doch je mehr ich mich entwickelte, desto mehr Lampenfieber habe ich auch. Drei bis vier Stunden vor jedem Auftritt geht die Nervosität los.

Ihr Aussehen, Ihre schwarze Kleidung, die Frisur – das ist alles zeitlos und seit 50 Jahren praktisch unverändert. Wollten Sie nie eine Veränderung?

Nein, wozu denn? Jeder soll machen, was er will. Ich mochte mein Image und meinen Look, ich habe das Äußere immer gerne beibehalten. Ich bin so, wie ich bin.

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