Rheinland für EntdeckerÄgyptisches Museum in Bonn: Bildschön in die Ewigkeit

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ägypten

Fragment eines altägyptischen Totenbuch-Papyrus mit sitzenden Totenrichtern

Auge in Auge mit einer Totenmaske kommt Frank Förster ins Erzählen. "Wie ein ewig jugendlicher Gott wollte dieser reiche Mann der Ptolomäerzeit ins Totenreich gelangen", erklärt der Kurator des Ägyptischen Museums der Universität Bonn vor der Vitrine. Mit ebenmäßigen Zügen und den zirka 300 v. Chr. üblichen Schminkstrichen unter den Mandelaugen wollte sich dieser Pen-ta-hut-hetep also bildschön in die Ewigkeit aufmachen.

Kontakt

Ägyptisches Museum der Universität Bonn

Regina-Pacis-Weg 7, 53113 Bonn;

Telefon: 0228-739710/17.

Das Museum hat keinen barrierefreien Eingang. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 13-17 Uhr, Samstag und Sonntag 13-18 Uhr;

Eintritt: Erwachsene 2,50 Euro, ermäßigt 2 Euro, Familienkarte 7 Euro, Schüler in Schulklassen 1,50 Euro.

www.aegyptisches-museum.uni-bonn.de

"Blaugrün wie die Perücke war die Farbe der Wiedergeburt. Und das Gold auf der Maske signalisierte: Hier war kein Platz für Falten", sagt Förster, während er den Grabesfund betrachtet. Nebenan stehen kleine Tonfiguren der Zeit. Fleißig beugen sich da Fleischer übers geschlachtete Vieh, Bäckerinnen über die gemahlenen Körner und Brauer über volle Bierkrüge: Sie sind sozusagen das Personal für den Herrn, der es sich leisten konnte, mit Goldüberzug begraben zu werden.

Schrumpeliger Kopf

Hinter der Maske lugt ein schrumpelig brauner Kopf mit vertrockneter Haut, scharfer Nase und ein paar Haarfetzen hervor - eine Mumie. "Schauen Sie, hier am Maskenrand sind Löcher eingebracht", sagt Förster. Mit ihrer Hilfe wurde einst das Maskengesicht auf den mumifizierten Leichenkopf genäht. Der Besucher setze sich also automatisch mit dem zeitlosen Thema Vergänglichkeit auseinander. "Was ist das wahre Bildnis? Und warum ist der Tod bei uns tabuisiert?" Und wie verhalten sich Kinder vor lederartigen Exponaten wie diesen? Förster lächelt. "Ach, Kinder wollen unbedingt Mumien gucken", antwortet er, und jetzt lacht der ansonsten so sachliche Ägyptologe. Er erhalte sogar Anfragen von Familien, die nur vorbeikämen, "wenn Sie auch Mumien haben".

Schmuck und Skarabäer

Mit Freude führt der Kurator durch den lichten Saal, der 2001 im Hauptgebäude der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität, dem ehemaligen kurfürstlichen Schloss, als Museum eröffnet wurde. Kinder drückten natürlich auch an den Vitrinen mit Hunde- und Vogelmumien ihre Nasen platt. Mit bräunlichen Binden umschlungen, liegen hier tierförmige Körper ausgestellt. Der einflussreiche Alt-Ägypter ließ sich halt gerne einen mumifizierten "Kollegen" des hundeartigen Gottes Anubis oder des ibisköpfigen Gottes Thot ins Grab legen.

Der pechschwarze Totengott Anubis selbst hält hier in Bonn schon am Eingang als Hundestatue stolz Wacht. "Da kann unseren Exponaten nichts passieren", scherzt Mitarbeiterin Olga Fast, während sie die Palette der Souvenirs des Museums zeigt. Zum Beispiel Mini-Sarkophage und -pyramiden, Schmuck und Skarabäen, also Imitate alt-ägyptischer Glückskäfer. "Schauen Sie mal, wie filigran die auf kleinstem Raum verziert sind", sagt Kurator Förster mit Begeisterung und zeigt wieder auf die schönsten Skarabäen-Originale. Vom Fenster aus sieht man den Stadtverkehr durchs Koblenzer Tor drängen, also mitten durch den östlichen Schlossflügel. Förster stöhnt leise.

Derzeit ist der Museumseingang von Bauzäunen der Universitätssanierung halb verdeckt - eine schwere Zeit für die Sammlung. "Da müssen wir durch", meint der promovierte Wissenschaftler dann allerdings. Das Team hoffe halt, dass man dadurch endlich einen barrierefreien Zugang bekomme.

"Wir befinden uns hier übrigens im ehemaligen Fechtsaal", erklärt Förster dann. Die 300 Quadratmeter stünden heute nun gut 3000 Objekten aus dem alten Ägypten zur Verfügung. Etwa der "Bonner Jagdschale", einem außergewöhnlichen Fund der Zeit um 2100 v. Chr., auf dem ein sehniger Bogenschütze Geparden und Gazellen nachstellt. Förster führt zum "Bonner Schreiber". Auch hier schaut den Betrachter ein schönes jugendliches Gesicht mit Mandelaugen und fein geordneter Perücke an. "Der junge Mann scheint noch darüber nachzudenken, was er gleich mit seinem Schreibset notiert", meint der Kurator.

Farbenfroher Holzsarg

Farbenfroh leuchtet vis-à-vis der riesige Deckel eine Holzsarges aus ptolomäischer Zeit herüber: kunstvoll bemalt mit Szenen der Trauer. Daneben prangt der "Bonner Eingeweidekasten", in den, hübsch einbalsamiert, die Lunge, die Leber, die Milz und das Herz des Verstorbenen gepackt waren. Die Szenen auf den vier Kastenflächen stellen Riten um Gott Osiris dar, durch den der Tote wiederbelebt werde wollte: eine auch farblich herrliche Arbeit.

Unscheinbarer wirken drüben die mit Hieroglyphen beschrifteten Dutzende an Grabtöpfen. Sie bargen einst das Getreide und die Datteln, die der Verstorbene im Totenreich verzehren wollte. "Nur in Kairo gibt es noch eine ähnlich große Sammlung", erläutert der Kurator stolz. Wobei er dann nachdenklich hinzufügt, wie komplikationslos es in den 1960er Jahren für den Archäologen Elmar Edel noch gewesen sei, solch wertvolle Grabfunde für seine Bonner Universität zu bergen.

Felsbilder im UV-Licht

Und was sind die Höhepunkte des Museums aus Sicht gerade der vielen Familien, die hier Vorträge, Workshops und Abenteuerveranstaltungen nutzen und sogar Kindergeburtstage ausrichten? "Ach", sagt der Kurator lachend und führt zu einem veritablen Skelett, das die seltsam embryonale Hock-Bestattungsform der Pharaonenzeit einnimmt. Ein alter Ägypter? "Nein, der tut nur so", lacht Förster und leitet dann in einen Korridor, an dessen Wänden große Taschenlampen hängen. Eine knipst er an und leuchtet mit UV-Licht immer wieder neue Teile der vorher langweiligen Wände aus: Und da flackern plötzlich Felsbilder und Inschriften einer archäologischen Stätte im Südwest-Sinai auf, die erst seit einigen Jahren bekannt ist.

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"Das sind Spuren von Handelswegen der frühesten ägyptischen Könige", sagt der Kurator und freut sich an der Überraschung der Umstehenden. Die Konturen von Horusfalken sind auf einmal zu erkennen, Hieroglyphen, Palastkonturen und Boote, je weiter die UV-Lampe an den Wänden vordringt. Und immer wieder leuchten die Bilder in neuem Licht. Wie wohl auch an den Originalschauplätzen je nach Sonnenstand. Ein Erlebnis.

Weitere Tipps für Archäologie-Liebhaber

Anreise: Haltestelle Universität/Markt (Linien 16, 63, 66; Ausgang Stockentor), drei Minuten Fußweg. Mit Bus und Straßenbahn: Haltestelle Hauptbahnhof, zehn Minuten Fußweg.

Für Freunde der Antike: Akademisches Kunstmuseum: 2400 Gipsabgüsse von Statuen und Reliefs. Am Hofgarten 21, 53113 Bonn, Tel. 0228/73 50 12. Di, Mi, Do, Fr 15-17 Uhr, So 11-18 Uhr www.antikensammlung.uni-bonn.de

Für Mathematiker: Das Arithmeum. Das Museum zum Rechnen einst und jetzt mit der weltweit umfassendsten Sammlung von Rechenmaschinen. Lennéstr. 2, 53113 Bonn, Tel. 0228/73 87 90. Öffnungszeiten: Di-So 11-18 Uhr www.arithmeum.uni-bonn.de

Für Liebhaber indigener Völker: Altamerika-Sammlung. Zu entdecken sind 8500 ethnographische Objekte. Oxfordstr. 15, 53111 Bonn, Tel. 0228/73 5737, Öffnungszeiten: Di, Mi, Do 10-16 Uhr www.altamerikasammlung.uni-bonn.de

Für Naturbegeisterte: Der Botanische Garten. Rund ums Poppeldorfer Schloss liegt einer der ältesten und artenreichsten Gärten Deutschlands. Highlight ist die Prozessionen der Wasserschildkröten. Meckenheimer Allee 171, 53115 Bonn, Telefon: 0228/73 55 23, täglich außer Sa 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr www.botgart.uni-bonn.de

Für Fossilien-Entdecker: Goldfuß-Museum. Zu bewundern sind versteinerte Meerestiere, Saurier. Nussallee 8, 53115 Bonn, Telefon 0228-73 31 05, Öffnungszeiten: Mo- Fr 9-16 Uhr, So 13-17 Uhr www.steinmann.uni-bonn.de

Für Edelstein-Bewunderer: das Mineralogische Museum. 6000 Minerale sind ausgestellt. Poppelsdorfer Schloss, Meckenheimer Allee 169, 53115 Bonn, Tel. 0228/73 27 61, Öffnungszeiten: Mi und Frei 15-18 Uhr, So 10-17 Uhr www.steinmann.uni-bonn.de

Für Fans der Zahnheilkunde: Gustav-Korkhaus-Sammlung. 150 Jahre Zahnarzt-Geschichte sind zu sehen. Ort: Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Welschnonnenstr. 17, 53111 Bonn, Tel. 0228/28 72 24 71, Öffnungszeiten: nach Vereinbarung www.ukb.uni-bonn.de,

Für Narkose-Spezialisten: das Horst-Stoeckel-Museum. Die Geschichte der Anästhesiologie kann hier an 850 Exponaten verfolgt werden. Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn, Tel. 0228/28 71 68 76. Öffnungszeiten: Mo-Fr 9-13.30 Uhr www.ukb.uni-bonn.de

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