Grauer Star bei TierenWas tun, wenn der Hund blind wird?

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Nur Spezialisten haben die nötigen Geräte, um die Krankheit diagnostizieren zu können.

Nur Spezialisten haben die nötigen Geräte, um die Krankheit diagnostizieren zu können.

Meistens fällt die Krankheit durch Zufall auf: Der Hund fängt das zugeworfene Leckerli nicht mehr so souverän wie sonst, stolpert über die Bordsteinkante oder bewältigt in ungewohnter Umgebung keine Treppenstufe mehr richtig. In diesem Fall sollten Herrchen oder Frauchen zügig zum Tierarzt fahren und ihrem Hund einmal tief in die Augen sehen lassen. Ist die Linse grau oder sogar weiß, kann es sich um Grauen Star handeln. Der Hund sieht entweder schlecht oder ist schon völlig erblindet.

Auch junge Tiere betroffen

Entgegen der landläufigen Meinung betrifft der Graue Star nicht nur alte, sondern auch junge Hunde. „Die Krankheit kann vererbt, durch Diabetes oder Verletzungen am Auge verursacht werden“, erklärt Tierärztin Astrid Behr. Einige beliebte Hunderassen wie der Golden Retriever und der Labrador laufen bereits in jüngeren Jahren Gefahr, diese Augenerkrankung zu bekommen. Es kann passieren, dass sie innerhalb von nur ein bis zwei Wochen völlig erblinden. Wenn der Graue Star hingegen als Alterserscheinung auftritt, schreitet die Krankheit deutlich langsamer voran. (dpa)

„Mit dieser Krankheit ist nicht zu spaßen, denn die Netzhaut ist nicht regenerationsfähig“, warnt Tierärztin Barbara Braus von der Tierklinik in Hofheim. Sie rät, mit dem Hund sofort zu einem auf die Behandlung von Augen spezialisierten Tierarzt zu fahren. Denn meist haben nur die Spezialisten die nötigen Geräte und auch die Erfahrung, um die Krankheit zu diagnostizieren und möglichst zu heilen. Um die Diagnose zu stellen, geben die Tierärzte den Hunden zunächst Tropfen ins Auge. So werden die Pupillen weit gestellt und können untersucht werden.

Nur wenig Optionen

Die Bandbreite der Behandlung ist allerdings denkbar gering. Nur eine Operation kann die Heilung bringen – je früher, desto besser. Voraussetzungen hierfür sind eine intakte Netzhaut und funktionierende Nervenzellen, zudem muss das Tier natürlich narkosefähig sein. „Wenn nicht operiert werden kann, muss das Tier ein Leben lang mit entzündungshemmenden Augentropfen behandelt werden“, erklärt die Tierärztin Astrid Behr vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte. Ansonsten kann die Krankheit für das Tier äußerst schmerzhaft werden. Auf keinen Fall sollten die erkrankten Augen unbehandelt bleiben.

Die Operation ist längst so ausgereift wie in der Humanmedizin. Der Chirurg macht einen kleinen Schnitt am äußeren Augenwinkel und öffnet die Hornhaut, dann zertrümmert er den Linseninhalt mit Ultraschall und saugt diesen aus der Kapsel. Ist das Linsensäckchen intakt, wird eine Kunstlinse implantiert.

Die gute Nachricht: Vor allem, wenn die Krankheit früh erkannt wird, sind die Erfolgschancen einer OP laut Braus enorm. Sie vollbringt meist wahre Wunder. Fast jeder Hund kann spätestens einen Tag danach wieder sehen - auch, wenn er vorher blind war. Wie schnell er wieder nach Hause darf, handhabt jede Klinik unterschiedlich. Manchmal wird der Patient noch am Tag der OP entlassen.

Die weniger gute Nachricht: Es kann zu Komplikationen kommen, denn manche Tiere reagieren mit entzündeten Augen. Daher werden die Patienten nach der OP noch längere Zeit mit Augentropfen behandelt und müssen häufig zur Nachsorge. Die ersten Wochen dürfen die Hunde nicht toben, sondern müssen immer brav an der Leine gehen.

Häufig sind an Diabetes leidende Tiere betroffen. Das Problem: Nur wenige Besitzer wissen, ob ihr Hund überhaupt Diabetes hat. Wüssten sie es, könnten sie das Tier mit Insulin behandeln lassen, damit würde das Risiko sinken, am Grauen Star zu erkranken. Doch oft erfahren die Besitzer erst von dem Diabetes, wenn die Diagnose Grauer Star gestellt wurde. „Diese Hunde trinken sehr viel“, so Tierärztin Braus. Ein Warnzeichen, das auf Diabetes hindeuten kann.

Tiere verhalten sich wie immer

Bis Menschen den Grauen Star bemerken, kann es ebenfalls dauern. Denn in gewohnter Umgebung benehmen sich die Tiere trotz ihres schlechten Sehvermögens häufig wie immer. „Sie haben kaum Orientierungsprobleme“, erklärt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Mit ihrem feinen Gehör und ihrem enormen Geruchssinn könnten sie sich erstaunlich gut orientieren. Zudem würden Schatten, Gegenstände und Bewegungen oft noch wahrgenommen.

Trotzdem ist es ein Trugschluss zu glauben, die Tiere seien durch ihre Blindheit kaum beeinträchtigt. Dies merkt Braus immer wieder nach einer gelungenen Operation, wenn der Patient wieder sehen kann. „Die Hunde sind dann so viel glücklicher“, berichtet sie . Und auch die meisten Besitzer atmen auf, wenn ihr Tier wieder viel agiler durch die Welt läuft. (dpa)

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