Kammerflimmern vorbeugenSport treiben mit geschädigtem Herz

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Schwimmen und andere Ausdauersportarten werden im Alter empfohlen.

Schwimmen und andere Ausdauersportarten werden im Alter empfohlen.

Wer beim Tanzen aus dem Takt gerät, tritt höchstens mal seinem Partner auf den Fuß, was durchaus schmerzhaft sein kann – für den anderen. Wenn das Herz aus dem Takt gerät, ist das nicht nur schmerzhaft für den, den es trifft, sondern manchmal lebensbedrohlich. „1,5 Millionen Menschen bundesweit leiden an Vorhofflimmern. Die Zivilisationskrankheit hat mittlerweile fast Ausmaße einer Epidemie“, sagt Professor Marc Horlitz, Chefarzt für Kardiologie und Experte für Rhythmologie am Krankenhaus in Porz. „Es gibt so viele Betroffene wie nie zuvor, denn wir werden alle älter und wir leben nicht unbedingt so gesund, wie es erforderlich wäre.“

Aber es gibt auch eine große Gruppe von Menschen, die machen alles richtig, treiben genug Sport, essen vernünftig und erkranken trotzdem an Vorhofflimmern, möglicherweise ausgelöst durch Entzündungsprozesse am Herzen. Ein Drittel der Patienten, die an Rhythmusstörungen des Herzens leiden, gehören zu diesen „gesunden Patienten“. Zwei Drittel allerdings werden zu Herzpatienten, weil sie übergewichtig sind, sich falsch ernähren, zu hohe Fettwerte, zu wenig Bewegung haben und zudem an Diabetes erkrankt sind. Hinzu kommt bei einigen eine genetische Vorbelastung, die dem Herzen und seiner Schlagkraft zu schaffen macht. Die Diagnose Vorhofflimmern oder Herzrhythmus-Störungen ist dank des medizinischen Fortschritts mittlerweile kein Grund, mit sich und seinem Leben zu hadern, meint Mediziner Marc Horlitz.

Zellen mit Eigenleben

Doch nicht allein die Medikamente sind ausschlaggebend bei Vorhofflimmern und Rhythmusstörungen, sondern auch die Änderung des Lebensstils ist Grundlage jeder Therapie. „Den Lebensstil zu ändern ist oftmals sogar wichtiger als jedes Medikament“, sagt Horlitz. Im Gespräch mit dem Patienten – dafür müssen sich Ärzte Zeit nehmen – wird schnell klar, wo man den Hebel ansetzen muss. „Die Menschen sind ehrlich, wenn man sie fragt. Und wir sehen ja an den Werten, ob die Angaben stimmen oder nicht“, sagt Horlitz. Ziel ist es nicht, dem Patienten ein schlechtes Gewissen einzureden oder ihn gar an den Pranger zu stellen. „Wir können die Schäden am Herzen ja nicht rückgängig machen, aber wir wollen neue Schäden verhindern. Die kann sich keiner leisten.“ Das Fatale am gestörten Herzrhythmus und dem Flimmern in den Herz-Vorhöfen ist, dass Zellen im Herzen beginnen, ein teuflisches Eigenleben zu führen. Diese Zellansammlungen produzieren eigene Herzschläge und irritieren dadurch nicht nur das System, sondern halten das Blut wie ein Quirl in permanenter Bewegung – so lange und so heftig, bis es dickflüssig und zäh wird.

Man benötigt nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, dass so ein Blutbrei vom flimmernden Herzmuskel kaum oder nur sehr schwer zu transportieren ist. Was nicht mehr fließt, läuft Gefahr zu gerinnen, zu klumpen und Blutgefäße zu verschließen. Im schlimmsten Fall können Schlaganfall oder Infarkt die Folge sein. 30 bis 40 Prozent aller Schlaganfälle werden durch Vorhofflimmern ausgelöst.

Zwei Methoden sind Routine

Also müssen Kardiologen wie Marc Horlitz frühzeitig den Stau im linken Vorhof beseitigen, indem sie das Blut medikamentös verdünnen oder aber die Zellansammlungen mit dem eigenen und irritierenden Herzschlag entfernen – sprich eine Ablation vornehmen durch einen Herzkatheter. Zwei Methoden sind mittlerweile Routine: Entweder wird die Metallspitze des Katheters extrem erhitzt und das störende Gewebe verödet oder aber man macht den Eingriff mit einem Kälteballon bis maximal minus 80 Grad. „Das scheint in vielen Fällen effektiver und schonender zu sein“, erläutert Horlitz. Mit täglich drei Ablationen spricht aus dem Kardiologen Horlitz der Routinier.

Das gängigste Blutverdünnungs-Medikament bei Vorhofflimmern ist nach wie vor Marcumar. „Wer damit gut zurecht kommt, sollte dabei bleiben.“ Auf dem Markt und erprobt sind neue Blutverdünner mit Wirkstoffen wie Dabigatran, Rivaroxaban und Eliquis. Eine weitere Variante in ähnlicher Zusammensetzung wird in Kürze verfügbar sein. Vorteil ist, dass diese Blutverdünner vor einer Operation kurzfristig abgesetzt und nach einer Operation schnell wieder eingesetzt werden können, während Marcumar in beiden Fällen eine längere Anlaufzeit hat.

Schlaganfall-Gefahr sinkt

Da die Entstehung von Blutgerinnseln bei Vorhofflimmern durch diese Medikamente unterdrückt wird und sich die Gefahr eines Schlaganfalls beachtlich reduziert, könnte man auf die Idee kommen, diese Mittel vorbeugend einzunehmen, damit man erst gar nicht krank wird. Marc Horlitz hält davon nichts: „Damit geht man ein zu großes Risiko einer Blutung ein.“ Genauso sinnlos als Vorbeugung sei es, sich in Stress-Situationen mit Beta-Blockern zu beruhigen. Marc Horlitz: „Stress lässt sich nicht verhindern und ist per se nicht negativ. Auch ein Herzkranker muss Stress im Normalmaß ertragen können. Und es macht nichts, wenn Herzschlag und Blutdruck kurzfristig auch mal nach oben gehen. Die Faustregel ist: 20 Prozent Ausnahmesituationen sollte auch ein krankes, aber ansonsten stabiles Herz aushalten, wenn die restlichen 80 Prozent im Normbereich sind.“

Herz mit Plaque-Verdacht

Wenn Blutverdünner und Betablocker als Vorsorge für Gesunde nicht ratsam sind, könnte man sich ja beizeiten das Herz auf Plaque-Verdacht, also jene gefährlichen Ablagerungen in den Blutgefäßen, untersuchen lassen. „Bei den gängigen Herzuntersuchungen wie Echokardiographie und Ergometrie kann man die kleinen Plaques gar nicht erkennen. Das ist oft nur in der Computertomographie, einer schichtweisen Röntgenuntersuchung des Körperinneren, oder mit dem Herzkatheter möglich. Aber aus Gründen der Vorsorge sollte sich ein gesunder und beschwerdefreier Mensch dieser Strahlenbelastung zunächst nicht aussetzen.“ Selbst wenn man kleine Ablagerungen entdecken würde, könnte man sie nicht eben mal vorsorglich abtragen. Nur ein Stent, der eingesetzt werden muss, kann an hochgradig engen Stellen Abhilfe schaffen. Es gibt auch keine guten oder schlechten Blutgefäße, mit denen Mutter Natur den Menschen ausgestattet hat und in denen sich Plaque bilden oder eben nicht. Horlitz: „Die Ursache für Ablagerungen sind neben der Genetik Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen und zu hohe Cholesterinwerte.“ Vorsicht ist auch bei Entzündungen geboten, da diese das Herz schwächen können. Dazu gehören bekanntermaßen eine verschleppte Grippe durch Viren und Bakterien. Horlitz: „Sowohl Viren als auch Bakterien können aufs Herz gehen – entweder sofort oder auch Jahre später und können zu Herzschwäche und Vorhofflimmern führen.“ Die beste Vorsorge fürs Herz ist, sich gesund zu ernähren, fit zu bleiben und aufs Gewicht zu achten. Das schafft man mit drei mal wöchentlich 20 bis 30 Minuten Ausdauertraining wie wandern, laufen, schwimmen, Rad fahren. „Wir werden oft gefragt, ob man mit einem geschädigten Herzen Sport machen darf. Man darf nicht – man muss! Aber erst nach gründlichem Check und mit Trainingsplan vom Arzt. Verkneifen sollte man sich extreme Anforderungen und Saunagänge sind mit Vorsicht zu genießen.“

Vortrag

„Herz-Rhythmus – Vorhof-

flimmern, Gerinnungshemmer und Herzcheck “

Dienstag, 24. März, 19 Uhr, studio dumont, Breite Straße, 72, Köln-Innenstadt

Experte: Prof. Dr. Marc Horlitz, Chefarzt für Kardiologie und Rhythmologie am Krankenhaus Porz am Rhein

Moderation: Marie-Anne Schlolaut

Karten für 12,55 Euro (Abocard 10,50 Euro) gibt es ab sofort im Servicecenter Breite Straße 72, Köln, bei Kölnticket unter

☎ 02 21/ 28 01

www.koelnticket.de

www.abocard.de

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