SchizophrenieWenn man sich vom eigenen Denken entfremdet

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Professor Andreas Heinz (58) ist Neurobiologe, Psychiater und Philosoph. Er ist der künftige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.

Professor Andreas Heinz (58) ist Neurobiologe, Psychiater und Philosoph. Er ist der künftige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.

 Ein Drittel der Bevölkerung hat im Leben eine psychische Krise. Aber nur ein Prozent  erkrankt an Schizophrenie.  Was passiert da im Kopf? Mit  Andreas Heinz, Direktor der Charité-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, sprach Ulrike von Leszczynski Herr Heinz, was ist typisch für paranoide Schizophrenie?

Typisch ist, dass Patienten eine ganz starke Veränderung dessen erleben, was wir Wirklichkeit nennen. Zu unserer Wirklichkeit gehört zum Beispiel eine Abgrenzung, was innen und außen ist. Normalerweise hören wir Stimmen von außen, weil jemand mit uns spricht. Bei Menschen mit paranoider Schizophrenie werden die eigenen Gedanken im Kopf laut. Oder sie denken, dass ihnen jemand diese Gedanken von außen eingibt. Das sind Entfremdungserlebnisse. Es ist auch eine Entfremdung vom eigenen Denken. Es ist kein völliger Verlust des Ichs, aber wie eine Parallelwelt im Kopf.

Was wissen Forscher über die Ursachen?

Man findet bei zwei Dritteln der Menschen mit Schizophrenie Störungen im Dopamin-stoffwechsel. Dopamin ist ein Botenstoff, der im Gehirn ausgeschüttet wird, wenn etwas sehr Wichtiges passiert. Bei manchen Menschen ist diese Dopaminausschüttung aber dauerhaft erhöht. Das kann eine Erklärung für Psychosen sein, bei denen eigentlich harmlose Umweltreize plötzlich Verfolgung anzeigen.

Welche Rolle spielen Drogen?

Alle Drogen setzen Dopamin frei. Nikotin, Alkohol und Cannabis wirken bei jemandem, der ohnehin eine erhöhte Dopaminausschüttung hat, doppelt so stark. Es gibt wohl einen Zusammenhang: Wer viel Cannabis raucht, bekommt eher Psychosen. Amphetamine und Kokain sind wie ein Vorschlaghammer – sie wirken fünf- bis sechsmal so stark.

Ist diese Krankheit heilbar?

Medikamente helfen bei rund zwei Dritteln der Patienten, und Psychotherapie hilft zu verstehen. (dpa)

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