MC GremiumEin „Bruder“ wird man nicht mal eben so

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Motorräder, schwarze Leder-Kutten, Zelte: Der Mühlenpark war am Wochenende fest in „Rocker-Hand“. Knapp 500 kamen zum „NRW-Run“ des Motorradclubs (MC) Gremium – das schlechte Wetter schreckte niemanden ab und verhagelte keinem die Laune.

Motorräder, schwarze Leder-Kutten, Zelte: Der Mühlenpark war am Wochenende fest in „Rocker-Hand“. Knapp 500 kamen zum „NRW-Run“ des Motorradclubs (MC) Gremium – das schlechte Wetter schreckte niemanden ab und verhagelte keinem die Laune.

Kommern – Vertrauen und Freundschaft, Respekt und Ehre. Begriffe, die Markus (seinen Nachnamen möchte er nicht in der Zeitung erwähnt haben) häufig benutzt, wenn er über den MC Gremium spricht. Gremium, das sei ja auch ein Synonym für Auserwählte.In Deutschland zählt der MC Gremium etwa 2000 Mitglieder, das Euskirchener Chapter gut 40.Es ist eine Gemeinschaft, in der längst nicht jeder Zutritt findet. Zu vielen Veranstaltungen, wie dem Treffen in Kommern, kann jeder kommen. Doch Mitglied wird man nicht eben so. Vertrauen und Freundschaft muss man sich erarbeiten, erklärt Markus. Und das geht nicht von jetzt auf gleich. Wer grundsätzlich Interesse an Motorrädern und Kameradschaft habe, könnezu den offenen Abenden kommen.„Supporter“ kann im Prinzip jeder sein. Der erste Schritt zur Aufnahmeist wie ein Praktikum. Der „Hangaround“ arbeitet einige Monate mit, danach geht’sin die „Lehre“. Über „zwölf plus x Monate“ muss der „Prospect“ sich einbringen und bewähren. Erst dann entscheiden die Mitglieder des Chapters über die Aufnahme in den Club – 100 Prozent Zustimmung muss der Kandidat erhalten.

Dann darf er endlich die Kutte tragen. Die „nackten“ Westen sind für die Rocker nichts, ein Stück Leder. Erst der Colour, das große Club-Emblem auf dem Rücken, das nur Mitglieder tragen dürfen, macht daraus wirklich eine Kutte. „Das ,Gremium’-Zeichen ist eine Faust, die durch Wolken in die Sonne stößt – ein Symbol für Kraft und Stärke“, sagt Markus. Auf der rechten Seite ist der Chapter-Name aufgenäht, einige kleinere Aufnäher zieren den Brust-Bereich. Im unteren Bereich trägt Markus einen „R.I.P. – Markus“-Aufnäher mit einem Kreuz und einem Datum: „Es ist die Erinnerung an einen Clubbruder, der bei einem Autounfall ums Leben kam.“ Der Erlös aus dem Verkauf dieses „Patch“ geht an die Witwe.

Auch das drückt ein wenig das Familiäre aus, auf das im Club laut Markus Wert gelegt wird. Frauen dürfen zwar nicht Mitglied werden, sie seien aber oft dabei – genauso wie die Kinder. Die Damen werden weder Rockerbraut noch Bikergirl genannt. Allgemein sind’s die „Mädels“ oder „Freundinnen“, ansonsten werden sie beim Namen genannt. „Es ist ein Zeichen von Respekt und Anerkennung“, sagt Markus. Wichtig sei es, dass die Familie mitziehe und die Aktivitäten im Club unterstütze. Die beschränken sich nämlich nicht auf Motorrad-Touren. Bei den Treffen etwa sind viele helfende Hände gefordert – ob an der Theke, in der Küche oder bei der Nachtwache.

Dabei werde jeder nach seinen Fähigkeiten eingesetzt. Im Krefelder Chapter gebe es etwa viele Köche – logisch, dass die dann hinter den Pfannen stehen und für die Verpflegung sorgen. Eine „Schmuddel-Braterei“ kommt nicht in Frage, die Köche tragenHygiene-Handschuhe.Im Club sind alle Berufsgruppen und sozialen Stände vertreten, sagt Markus. Er selbst ist Consultant, berät Firmen beim Software-Einkauf. Handwerker und Angestellte seien genauso vertreten wie Rechtsanwälte. Sie wollen die Gemeinschaft und das Lebensgefühl genießen, ihren Freiheitsbegriff ausleben.

Doch Motorradclubs stehen massiv unter der Beobachtung der Polizei. Uniformierte wie Zivil-Beamte sind auch in Kommern unterwegs. Das nerve schon manchmal, sagt Markus. Brave Schuljungs seien sie sicherlich nicht. Er könne auch nicht für jeden die Hand ins Feuer legen, wisse nicht, ob jeder okay sei. Dass die Rocker derzeit so im Fokus der Behörden stehen, sieht er auch dem Wahlkampf geschuldet. „Die Polizei Euskirchen weiß doch, dass hier nichts passiert“, sagt Markus. Und: „Gremium gibt’s seit Jahrzehnten. Das hätte nicht funktioniert, wenn wir permanent außerhalb des Gesetzes stehen würden.“ Er mag es nicht, zu etwas gestempelt zu werden, was der Club nicht sei. Und dass Aussteiger verfolgt würden, bezeichnet er als „Räubergeschichte“. Jeder könne austreten. Ein Ausscheiden gibt’s beim MC im „Guten“ und „Bösen“ – sprich Rausschmiss. Das ist die härteste Strafe, etwa wenn man seine „Brüder“ hintergangen oder in die Kasse gegriffen hat. Es gibt weniger harte Sanktionen. Die Rückstufung in den Anwärter-Status etwa. Oder die „Kette“: Die muss der „Schuldige“ samt eines Lkw-Kolbens bei einer offiziellen Veranstaltung über der Schulter tragen. „Das ist schwer. Man überlegt sich dann zweimal, was man tut“, sagt Markus. Doch Bestrafungen seienziemlich selten.

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