„Hüpfen, bis die Insel wackelt“Wie Mallorca sich durch die neue Corona-Welle feiert

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Palma de Mallorca

Menschen gehen an der Bar Bamboleo in der Bierstraße am Ballermann vorbei. 

Madrid/Mallorca – „Wir haben Grund zum Feiern“, heißt eines der beliebtesten Trinklieder, das in diesen Tagen aus den Lautsprechern der einschlägigen Lokale im Partyviertel an der Playa de Palma tönt. Ein anderer populärer Mitsing-Song an Mallorcas bekanntester Vergnügungsmeile trägt den Titel: „Hüpfen, bis die Insel wackelt“.

Das „Ballermann“-Viertel südöstlich der Inselhauptstadt Palma vibriert fast noch mehr als in früheren Jahren. Die Lust zum Feiern nach der Aufhebung fast aller Corona-Beschränkungen ist groß. Zum Leidwesen vieler Anwohner und Geschäftsleute, die seit Jahren gegen den exzessiven Sauftourismus vor ihrer Haustür kämpfen. Sie beklagen nun: „Es ist schlimmer als vor der Pandemie.“

Was war noch mal dieses Corona?

Auch in Palmas historischer Altstadt scheint Corona bei Urlaubern und Bewohnern vergessen zu sein. Durch die Gassen rund um die mittelalterliche Kathedrale schieben sich dicht an dicht die Menschen. Genauso wie Strände und Meerespromenaden, jetzt zu Beginn des Sommers, schon voller Touristen sind. Mallorca erwartet eine Rekordsaison.

Kaum einer trägt noch Maske, die nur in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Gesundheitseinrichtungen Pflicht ist. Praktisch keine Schutzmaßnahmen mehr, ungebremste Party- und Urlaubslaune, große Menschenmassen – ideale Bedingungen für die hochansteckende Corona-Variante BA.5, die sich derzeit auf Mallorca und in anderen spanischen Ferienhochburgen rasant ausbreitet.

Auch hier dominiert die Omikron-Variante

Inzwischen ist diese Omikron-Mutation der dominierende Virustyp auf Mallorca und den anderen balearischen Inseln Ibiza, Menorca und Formentera. Annähernd 80 Prozent aller Infektionen werden bereits durch BA.5 verursacht, bestätigt Antonio Oliver, Chefvirologe des Hospitals Son Espases, dem größten Krankenhaus Mallorcas. Auf dem spanischen Festland und auf den im Atlantik liegenden Kanaren dürfte es nicht anders aussehen.

Nach der Statistik des Mediziners Oliver ist es die siebte Corona-Welle, die durch das Land rollt. Allerdings ist es eine Welle, die weniger sichtbar ist, als dies bei früheren Infektionsschüben der Fall war. Durch die Impfungen ist die Zahl der schweren Erkrankungen geringer. Zudem haben die Behörden die engmaschige Kontrolle aufgegeben und zählen nicht mehr systematisch die Ansteckungen.

Quarantänepflicht für Infizierte abgeschafft

In Spanien wurde zudem die Quarantänepflicht für Infizierte abgeschafft. Was für Urlauber bedeutet: Sie müssen nicht wie in den vergangenen zwei Jahren befürchten, in Quarantäne-Hotels eingesperrt zu werden. Auch eine Meldepflicht beim Gesundheitsamt gibt es nicht mehr. Es ist inzwischen jedem Infizierten selbst überlassen, ob er sich absondert oder nicht. Und ob er der Bitte der Behörden folgt, doch wenigstens beim Verlassen der eigenen vier Wände eine Maske aufzuziehen. .

Zwar wird in Spanien noch eine Sieben-Tage-Inzidenz veröffentlicht, doch diese erfasst nur noch Personen über 60, die sich mit Symptomen in den Gesundheitszentren oder Hospitälern melden. Das dürfte nur eine Minderheit sein, da lange Wartezeiten in den chronisch überlasteten Behandlungseinrichtungen von einem Besuch abschrecken – vor allem, wenn man nur leichte Symptome hat.

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Doch auch diese Sieben-Tage-Inzidenz kletterte auf Mallorca auf über 700 Fälle pro 100000 Einwohner. Um sich ein Bild der realen Lage zu verschaffen, schauen die Virologen lieber auf die Zahl der Corona-Toten, die besorgniserregend steigt. Landesweit wurden in den letzten sieben Tagen 350 Todesopfer registriert. Auch liegen immer mehr Menschen mit Covid-19 in Spaniens Krankenhäusern. Inzwischen sind es knapp 10000 Personen, was örtlich bereits zu Engpässen führt.

Den steigenden Druck bekommen vor allem die Notaufnahmen der Hospitäler zu spüren, welche die erste Anlaufstelle für Menschen mit schwereren Covid-19-Symptomen sind. Dieser Tage schickte ein Krankenpfleger aus Mallorcas Krankenhaus Son Espases einen Hilferuf durch die sozialen Netzwerke: „Wir sind total überfüllt. Jeden Tag wird es schlimmer. Gerade haben wir 61 Patienten in der Notaufnahme. Die Hälfte müssen wir erstmal auf Pritschen in den Fluren unterbringen.“

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