Kampf um GlaubwürdigkeitBöhmermann wirft Influencer Geschäfte mit Corona-Masken vor

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vor Jan Böhmermann (links) gerät Fynn Kliemann in Erklärungsnot

vor Jan Böhmermann (links) gerät Fynn Kliemann in Erklärungsnot

Berlin – Leute, die noch nie was von Fynn Kliemann gehört haben, reden jetzt über ihn. Der Influencer, Geschäftsmann und Musiker ist in die Kritik geraten. Fans sind wütend, enttäuscht, viele andere sind verwirrt. In Jan Böhmermanns Satireshow „ZDF Magazin Royal“ wurde der Verdacht gestreut, dass Infos beim Geschäft mit Schutzmasken verschleiert worden sein könnten: Wurden diese zu Billiglöhnen in Bangladesch produziert und wurde dann vor Geschäftspartnern eine europäische Herkunft vorgetäuscht? Der Fall ist zu einem Kampf um Glaubwürdigkeit geworden.

Kliemann hat eine riesige Fangemeinde im Rücken. Aber seine Art polarisiert auch. Er präsentiert sich als Self-Made-Typ und Freigeist. Jemand, der Dinge anpackt. Der für die gute Sache kämpft und jede Menge Leute mobilisieren kann. Neben seiner Musikkarriere ist das wohl bekannteste Projekt das „Kliemannsland“. Ein Bauernhof im niedersächsischen Rüspel. Dort hat er eine Art Abenteuerspielplatz für Erwachsene gebaut. Es wird gebastelt, geschraubt, Musik gemacht – man kann Workshops buchen. Kliemann kennt man auch durch seine Do-it-Yourself-Clips auf Youtube. Der 34-Jährige ist ebenso Geschäftsmann. Er ist an Firmen beteiligt. Er ist auch Geschäftsführer des Mode-Online-Shops „Oderso“, wo es laut Webseite „faires Zeug aus Europa“ gibt.

Satiriker Böhmermann parodierte Kliemann im Netz schon seit Wochen, präsentierte ihn etwa als Typen, der seine Mitarbeiter gängelt und rumbrüllt. Dass sich etwas zusammenbraute, konnte man auch daran sehen, dass Kliemann einen Fragenkatalog der Redaktion von Böhmermanns Show „ZDF Magazin Royale“, die freitagabends im öffentlich-rechtlichen Hauptprogramm des ZDF gezeigt wird, auf Instagram veröffentlichte und dazu Stellung nahm. Böhmermann wartete dann mit seiner Show nicht bis zur Ausstrahlung ab – sondern stellte den TV-Beitrag schon in der Nacht zu Freitag auf Youtube.

Fynn Kliemann entschuldigt sich

Der Fall ist detailreich. Für den Außenstehenden ist das in der Kleinteiligkeit schwer sortierbar. Vieles muss von Beteiligten noch genau überprüft werden. Neben den Fragen zur Herkunft der Masken sprach Böhmermann auch über Masken, die an Geflüchtete gespendet wurden. Sie sollen fehlerhaft gewesen sein. In den Recherchen ging es auch um den Umgang mit Spendengeldern.

Kliemann reagierte nach dem Böhmermann-Beitrag mit einem langen Statement, in dem er Fehler einräumte, aber auch um einen differenzierten Blick auf die Details bat. Darin hieß es zum Beispiel: „Ich möchte mich in aller Form bei allen Personen, Organisationen, Institutionen entschuldigen, die nun .auf den ersten Blick‘ enttäuscht und geschockt sind.“

Zum Thema Maskenherkunft teilte Kliemann mit: „Ich muss mir klar eingestehen, dass ich den Prozess nicht mehr überblicken konnte.“ Außerdem erklärte er: „Das darf niemals passieren und somit übernehme ich, auch wenn ich weder Produzent noch Verkäufer war, eine Verantwortung.“

About You nimmt Masken aus dem Verkauf

Der Fall führte bereits zu Konsequenzen. Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis erkannte Kliemann eine Auszeichnung aus dem Jahr 2020 ab. Interessant wird nun sein, wie sich das Detail um das umstrittene Masken-Geschäft weiterentwickelt. Der Online-Händler About You mit Sitz in Hamburg hat in einem ersten Schritt Masken der Marke „Oderso“ aus dem Verkauf genommen. Man wolle sich ein genaues Bild von dem Sachverhalt verschaffen.

Nach Kliemanns Statement gab es zudem Widerspruch von About-You-Chef Tarek Müller. Kliemann, der in Beziehung zum Textilhersteller Global Tactics mit Sitz in Nordrhein-Westfalen steht, hatte behauptet, About You habe Bescheid gewusst, dass die gelieferten Masken aus mehreren Ländern stammten, auch außerhalb Europas. Müller schrieb darauf bei Twitter: „Das stimmt nicht.“

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Der Gründer von Global Tactics, Tom Illbruck, hatte am Freitag gesagt: Masken seien in dem betreffenden Zeitraum 2020 auch in Bangladesch produziert worden, nicht nur in Europa. Wenn zum Beispiel ein Großkunde keinen Wert darauf gelegt habe, dass die Masken explizit aus einem bestimmten Land oder explizit aus Europa kommen, „haben wir Masken angeboten, ohne explizit an jeder Stelle zu sagen, wo die Masken herkommen“.

Nachgefragt zur Plattform About You sagte Illbruck: „Nach dem, was uns an Dokumenten vorliegt, gibt es keine Absprachen mit About You, dass die Masken explizit aus Portugal gekommen sind und das ist an keiner Stelle schriftlich versichert worden.“ (dpa)

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