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30 wichtige Fragen zu Corona„Ist man nach überwundener Corona-Erkrankung immun?“

Lesezeit 13 Minuten
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Die Corona-Pandemie beeinflusst unser tägliches Leben in vielerlei Hinsicht.

  • Ob Arbeitsleben, Krankheit oder Kontaktverbot - die aktuellen Ereignisse wirken sich auf viele Bereiche des Lebens aus
  • Seit dem 20. April dürfen bestimmte Geschäfte wieder öffnen
  • Fünf Expertinnen und Experten beantworten Fragen, die gerade viele bewegen

Die Corona-Pandemie wirft viele Fragen auf. Was ist die sogenannte Reproduktionszahl? Welche Geschäfte haben geöffnet? Wie steht es um Hilfen für Menschen aus Risikogruppen? Fünf Experten beraten Rundschau-Leser bei Problemen, die mit der Corona-Pandemie zusammenhängen. Hier eine Auswahl von Antworten auf Fragen, die Anrufer am Rundschau-Telefon gestellt haben. Außerdem gilt ab dem 20. April eine Neufassung der Coronaschutzverordnung, die vorerst bis zum 03. Mai gilt. Die wichtigsten Fragen und Antworten daraus finden Sie ebenfalls hier.

Änderungen ab dem 20. April 2020

Es gilt weiterhin das Kontaktverbot, aber gibt es auch Ausnahmen?

Verwandte (in gerader Linie), Geschwister, Ehe- und LebenspartnerInnen, sowie Personen, die zusammen wohnen sind vom Kontaktverbot ausgenommen.

Welche Geschäfte haben geöffnet? Dürfen Einkaufszentren öffnen?

Alle Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² Verkaufsfläche dürfen seit dem 20. April wieder öffnen. In Nordrhein-Westfalen dürfen darüber hinaus auch Kfz-Händler, Fahrradhändler, Buchhändler, Einrichtungshäuser und Baby-Fachmärkte unter bestimmten Auflagen öffnen, unabhängig von ihrer Größe. Einkaufszentren dürfen öffnen, sodass Kundinnen und Kunden in den Geschäften einkaufen können, die nun öffnen dürfen.

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Welche Geschäfte und Einrichtungen haben weiterhin geschlossen?

Freizeiteinrichtungen wie Bars, Clubs, Diskotheken, Spielhallen, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, Museen, Prostitutions- und Amüsierbetriebe haben weiterhin geschlossen. Ebenso Friseure, Nagelstudios, Fitness-Studios, Sonnenstudios, Schwimm- und Spaßbäder, Saunen, Sportvereine, Spiel- und Bolzplätze und sonstige Sport- und Freizeiteinrichtungen. Auch geschlossen bleiben Volkshochschulen, Musikschulen, sonstige öffentliche und private Bildungseinrichtungen.

Wie steht es um die Gastronomie? Restaurants, Kneipen, Cafés?

Weiterhin ist der Betreib gastronomischer Einrichtungen verboten. Das Liefern von Speisen und Getränken oder das „To Go“-Verkaufen ist jedoch erlaubt. Dabei gilt es, Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Außerdem ist der Verzehr im Umkreis von 50 Metern um die gastronomische Einrichtung untersagt.

Wann dürfen Friseure wieder öffnen?

Bis zum 03. Mai haben Friseure geschlossen. Wie es danach weitergeht, ist noch nicht klar. Es kann allerdings sein, dass sie ab dem 04. Mai wieder öffnen dürfen. Auf Grund dessen sollen sich Friseurbetriebe ggf. darauf vorbereiten, unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandregeln wieder mit ihrer Arbeit beginnen zu können.

Sind Veranstaltungen und Versammlungen weiterhin untersagt?

Ja, Veranstaltungen und Versammlungen sind nach wie vor verboten.

Gesundheitliche Fragen

Wie unterscheidet sich eine Grippe von einer Corona-Erkrankung?

Schäfer-Wiedenmann: Grippeerkrankungen können ähnlich wie Infektionen mit dem neuen Coronavirus verlaufen mit Symptomen wie trockener Husten, Fieber und Abgeschlagenheit. Ein Unterschied besteht in der Inkubationszeit: für eine Influenza-Infektion, also eine Grippe, ist eine kurze Inkubationszeit mit etwa ein bis zwei Tagen typisch im Gegensatz zu Covid-19, wo es bis zu 14 Tage dauern kann, bis erste Symptome auftreten, was auch die Länge der Quarantäne-Massnahmen einzelner Betroffener widerspiegelt. Entscheidend für den Verdacht auf eine Infektion ist der mögliche Kontakt mit Covid-19 erkrankten Personen oder Menschen aus den spezifischen Risikogebieten.

Ist ein gestörter Geruchssinn ein Corona-Symptom? Und wie merke ich das?

Schäfer-Wiedenmann: Nach Beobachtungen tritt bei einigen Covid-9-Patienten offenbar ein über zwei bis drei Tage anhaltender Verlust oder die starke Einschränkung des Geruchs- und Geschmackssinns auf. Aufgefallen ist dies bei der Befragung von mehr als 100 Infizierten aus dem Kreis Heinsberg. Beispielsweise konnten Patienten das Desinfektionsmittel, ihr Shampoo oder den Geruch einer vollen Windel ihres Kindes nicht mehr riechen. Derzeit ist die Ursache dieser neuen Symptomatik aber noch unklar.

Als Fahrer für eine Zeitarbeitsfirma hatte ich in den vergangenen Tagen viel Kontakt zu unterschiedlichen Menschen. Sollte ich mich testen lassen und wo?

Quade: Aktuell erfolgt die Testung anhand der Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes. Das heißt, es gibt Einschränkungen für die Durchführung, da es nicht genug Testmöglichkeiten für alle gibt. Voraussetzung sind ein gesicherter Kontakt zu einem Erkrankten oder Aufenthalt in einem Risikogebiet – verbunden mit typischen Symptomen wie Fieber und Husten. Rufen Sie in der Praxis Ihres Arztes oder Ihrer Ärztin an, dort wird man alles Erforderliche veranlassen und Sie gegebenenfalls an ein Testzentrum verweisen. Außerhalb der Praxisöffnungszeiten hilft der ärztliche Notdienst (Telefon 116 117).

Das Rundschau-Expertenteam

Die Experten:

1. Dr. Sabine Schäfer-Wiedenmann, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologin

2. Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz, Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie

3. Dr. Annegret Quade, Fachärztin für Laboratoriumsmedizin

4. Thomas Köllmann, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht

5. Susanne Schönewolff, Sozialpädagogische Seniorenbetreuerin

Meine Eltern machen sich aufgrund von Vorerkrankungen Sorgen und wollen einen Test machen. Wie teuer ist das? Wie wird das abgerechnet, wenn man privat ins Labor kommt?

Quade: Als Wunschleistung können wir aktuell niemanden testen, da die Kapazität nicht ausreicht. Zudem ist wichtig zu wissen: Wenn keine Beschwerden oder Symptome vorliegen und kein einige Tage zurückliegender Kontakt zu einer positiv getesteten Person bestanden hat, handelt es sich bei dem Testergebnis um eine reine Momentaufnahme. Ein negatives Ergebnis könnte Sie in falscher Sicherheit wiegen. Auch hier gilt unbedingt Kontaktvermeidung und Abstand einhalten.

Ich bin 77, mein Sohn lebt meist bei seiner Freundin. Darf er mich noch besuchen?

Schulz: Der Kontakt sollte auf das Notwendigste beschränkt werden, da es sehr schwer erfassbar ist, ob die Freundin oder der Sohn eine Kontaktperson mit einer infizierten Person darstellt.

Ist es sinnvoll, sich jetzt gegen Pneumokokken impfen lassen?

Schulz: Eine Impfung mit einem Pneumokokken-Impfstoff (PPSV23) wird von der Fachgesellschaft für Altersmedizin (DGG) und der Ständigen Impfkommission empfohlen. Der Impfschutz beginnt etwa drei Wochen nach der Impfung und hält für etwa fünf bis sechs Jahre an. Sollte es derzeit nicht sofort mög lich sein, eine Impfung durchzuführen, weil der Impfstoff nicht geliefert werden kann, sollte die Impfung unbedingt nachgeholt werden. Empfohlen ist die Impfung ab einem Alter von 60 Jahren und für Personen mit hohem Infektionsrisiko bei chronischen Krankheiten der Lunge oder des Herzens, einem behandlungsbedürftigen Diabetes und einem geschwächtem Immunsystem.

Darf meine Haushaltshilfe noch kommen?

Köllmann: Die berufliche Tätigkeit ist zwar grundsätzlich erlaubt und die Arbeit als Reinigungskraft nicht per se verboten. Aber: Trotz dieser Erlaubnis sollten andere Menschen, die nicht zum eigenen Hausstand gehören, nur in die Wohnung gelassen werden, wenn dies dringend notwendig ist. Generell gilt: Alle Arbeiten, die nicht notwendig sind, sollten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Soweit dies möglich ist, sollte der Mindestab stand von 1,5 m eingehalten und die bekannten Hygieneregeln beachtet werden.

Darf man noch Ibuprofen einnehmen?

Schäfer-Wiedermann: Bezogen auf den heutigen Wissensstand liegt keine eindeutige wissenschaftliche Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Ibuprofen und einem erhöhten Infektionsrisiko oder einer Verschlechterung einer Covid-19-Infektion vor, auch wenn es hierzu in den letzten Tagen widersprüchliche Informationen in den Medien gab. Insofern gilt: Patienten, die Ibuprofen aufgrund einer Erkrankung regelmäßig einnehmen, sollten die Behandlung nicht ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt abbrechen.

Muss ich als Bluthochdruckpatient meine Medikation verändern?

Schäfer-Wiedenmann: Als Kardiologen erreichen uns oft Anfragen, ob ACE-Hemmer oder Sartane (beides Medikamente, die häufig bei Bluthochdruck verschrieben werden) angesichts der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie besser abgesetzt oder umgestellt werden sollten. Aktuell entbehrt die Spekulation, dass diese Medikamente das Infektionsrisiko und die Schwere des Krankheitsverlaufs von COVID-19 beeinflussen könnten, nach einer aktuellen Stellungnahme der europäischen kardiologischen Gesellschaft (ESC) derzeit einer stichhaltigen wissenschaftlichen Basis. Die ESC empfiehlt daher, ebenso wie weitere europäische und internationale Fachgesellschaften, eine bestehende antihypertensive Therapie mit diesen Medikamenten unverändert fortzusetzen.

Ist man nach überwundener Corona-Erkrankung immun oder kann man sich erneut anstecken?

Schäfer-Wiedenmann: Nach dem derzeitigen Forschungsstand ist man nach einer Covid-19-Infektion zunächst einmal immun, das heißt das Immunsystem hat Antikörper gegen das Virus gebildet. Unklar bleibt, wie lange die Immunität anhält. In Analogie zu den anderen bereits bekannten vier Coronaviren-Stämmen geht man von einem relativ gesicherten Zeitraum von derzeit 6 bis 18 Monaten, eventuell ein paar Jahren aus. Sollte es zu einer Mutation des Virus kommen, können die zuvor gebildeten Antikörper nicht oder nur noch bedingt gegen die neue Form des Virus helfen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass das Coronavirus Sars-CoV-2 nicht besonders stark mutiert. Auch wenn die Immunität nachlassen würde, kann der Körper eine Teilimmunität haben und schneller als beim ersten Mal auf die Infektion reagieren, da er das Virus schon kennt.

Was bedeutet die Reproduktionszahl und wie funktioniert sie?

Zunächst lässt sich sagen, dass es sich bei der Berechnung der Reproduktionszahl um eine komplexe Berechnung handelt. Sie dient dazu, die Verbreitung des Virus einschätzen zu können. Die Reproduktionszahl setzt sich aus der Anzahl der Kontakten eines mit Corona Infizierten in einer gewissen Zeit (a), der Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei Kontakt mit der Infizierten Person (b) und der mittleren Dauer der Infektiösität (c) zusammen. Die Formel lautet dann R0 = a × b × c. In Bezug auf die Belastung des Besundheitssystems bietet die Reproduktionszahl die Möglichkeit, Hier erfahren Sie mehr zur Reproduktionszahl.

Hilfe und Unterstützung

Ich muss umziehen und habe Freunde um Unterstützung gebeten. Dürfen die noch helfen?

Köllmann: Eine Wohnungsübergabe und Umzüge sind nicht explizit verboten. Mehrere Freunde aus unterschiedlichen Haushalten sollten beim Umzug allerdings nicht gleichzeitig anpacken, da dies gegen das in der Öffentlichkeit bestehende Kontaktverbot von mehr als 2 Personen verstößt und mit Geldbußen von mindestens 200 Euro geahndet werden kann. Für Verwandte gerader Linie (Eltern, Kinder), Ehe- und Lebenspartner sowie in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen gilt das Kontaktverbot nicht. Auch hier sollten Hilfeleistungen aber auf ein unbedingt erforderliches Maß reduziert werden. Falls doch ein Umzugsunternehmen in Betracht kommt: Dieses darf tätig werden, da handwerkliche Tätigkeiten und Dienstleistungen nicht grundsätzlich verboten sind.

Bei den Informationsangeboten ist oft nur eine Internetadresse angegeben. Viele ältere Menschen haben keinen Zugang zum Internet. Wo gibt es Informationen per Telefon?

Schönewolff: Die Pflege- oder Seniorenberatungen in den Kommunen sind immer auch telefonisch zu erreichen. Sie beraten gerade jetzt auch ausführlich am Telefon. Gegebenenfalls über die zentralen Nummern der Stadtverwaltungen die Durchwahl erfragen oder direkt verbinden lassen. Auch die Pfarrbüros der kirchlichen Gemeinden und die Bürgervereine sind telefonisch noch zu erreichen – auch wenn sie für den Publikumsverkehr geschlossen sind. Dort entstehen aktuell viele Nachbarschafts- und Unterstützungsdienste, und Sie bekommen Informationen. Die Stadt Köln hat in Kooperation mit der ökumenischen Nachbarschaftshilfe „Kölsch Hätz“ von Caritas und Diakonie die folgende Hotline eingerichtet: 0221 56 95 78 16.

Corona und Arbeitsrecht

Ich bin Krankenschwester und leide unter Asthma. Kann ich auf infektiösen Stationen eingesetzt werden oder habe ich Anspruch auf Freistellung?

Köllmann: Den Arbeitgeber treffen gewisse Schutz- und Rücksichtnahmepflichten. Dazu kann es auch gehören, bestimmte Risikogruppen so einzusetzen, dass Sie nicht in unmittelbaren Kontakt zu Covid19-Patienten kommen. Ein Anspruch auf Freistellung oder Verweigerung der Arbeit kann indes nur in absoluten Ausnahmefällen bestehen, wenn eine konkrete und erhebliche Gefahr für die Gesundheit durch die Erbringung der Arbeitsleistung besteht. Ob das der Fall ist, lässt sich nur im Einzelfall, etwa auch unter Beachtung des Einsatzes von Schutzkleidung, dem konkreten Infektionsrisiko, beurteilen. Generell gilt: Zunächst sollte Kontakt zum Arbeitgeber aufgenommen und nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht werden.

Ich zähle zu den Risikopatienten und möchte das Haus nicht verlassen, muss aber Rechnungen bezahlen. Kann ich die Zahlung aufschieben?

Köllmann: Der Bundestag hat am 25. März 2020 ein Gesetz verabschiedet, wonach Verbraucher vorübergehend für bestimmte Vertragsverhältnisse die Möglichkeit zum Zahlungsaufschub haben, soweit sie wegen der Folgen der Corona-Pandemie derzeit nicht zahlen können. Dies soll aber (nur) für die Leistungen der Grundversorgung wie Strom oder Telekommunikation gelten. Ähnliches ist vorübergehend für die Zahlung der Miete geplant. Dieses Gesetz wird voraussichtlich in den nächsten Tagen in Kraft treten. Sie haben aber auch nach diesem Gesetz keinen generellen Anspruch, fällige Rechnungen aufzuschieben. Setzen Sie sich mit dem Vertragspartner telefonisch in Verbindung, erklären Sie Ihre Situation und versuchen Sie eine einvernehmliche Lösung zu finden. Möglicherweise kann auch ein Verwandter die Zahlung vornehmen.

Gibt es Hilfen für Minijobber, die Corona-bedingt gekündigt wurden?

Köllmann: Tatsächlich nur eingeschränkt. Minijobber sind Personen, deren Arbeitsentgelt 450 Euro monatlich nicht übersteigt. Sie müssen keine Beiträge an die Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung abführen. Aus diesem Grund haben sie auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Allerdings haben auch Minijobber grundsätzlich Kündigungsschutz und sind arbeitsrechtlich in vielen Bereichen mit Vollzeitbeschäftigten gleich zu behandeln. Einen Überblick über die Rechte von Minijobbern gibt die Minijob-Zentrale hier.

Zudem hat der Bundestag am 25. März 2020 ein Gesetz verabschiedet, mit dem der Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) erleichtert wird. So soll insbesondere die Vermögensprüfung befristet ausgesetzt werden, wenn erklärt wird, dass kein erhebliches Vermögen verfügbar ist. Hier finden Sie weitere Informationen dazu.

Einer meiner Angestellten ist Risikopatient. Muss er sich krankschreiben lassen?

Köllmann: Eine Krankschreibung erfolgt durch den Arzt und nur bei einer Erkrankung, die zur Arbeitsunfähigkeit führt. Ein Risikopatient ohne Erkrankung kann sich nicht einfach „krankschreiben lassen“. Allerdings sollte ein Risikopatient in der momentanen Lage dann nicht weiterbeschäftigt werden, wenn er Kontakt zu mehreren Personen hat und erheblichen Infektionsrisiken ohne Schutz ausgesetzt ist. Der Arbeitgeber hat eine Rücksichtnahmepflicht. Wenn Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz nicht ausreichen sollten, können die Parteien Homeoffice oder – falls nicht möglich – eine einvernehmliche Freistellung der Person gegebenfalls unter Fortzahlung der (anteiligen) Vergütung vereinbaren.

Kann mein Chef die Belegschaft zwingen Urlaub zu nehmen und was bedeutet es, wenn er Kurzarbeit beantragt?

Köllmann: Im Grundsatz darf der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum einseitig bestimmen. Allerdings kann der Arbeitnehmer jederzeit seine Wünsche äußern und die Urlaubserteilung für einen ihm nicht passenden Zeitpunkt ablehnen. In einem solchen Fall kann sich der Arbeitgeber mit einer einseitigen Anordnung des Urlaubszeitraums durchsetzen, wenn dringende betriebliche Belange den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Die aktuell bestehende, existenzielle Bedrohung der Unternehmen kann ein solcher dringender betrieblicher Belang sein, auch wenn dies durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt ist. Dafür spricht auch, dass zur Gewährung des Kurzarbeitergelds u.a. ein Teil des Erholungsurlaubs abgebaut werden muss. Möglich ist grundsätzlich auch die Anordnung von Betriebsferien durch den Arbeitgeber, hier wäre aber der Betriebsrat – soweit im Betrieb vorhanden – zu beteiligen. In dieser Zeit können dann etwa Überstunden abgebaut oder auch Urlaubsansprüche der Mitarbeiter verbraucht werden. Im Fall von Kurzarbeit wird die Arbeitsleitung nur zum Teil oder gar nicht mehr erbracht („Kurzarbeit-Null“). Die Agentur für Arbeit zahlt auf Antrag des Arbeitgebers in diesem Fall Kurzarbeitergeld. Dieses beträgt grundsätzlich 60 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 Prozent.

Unser Chef möchte uns im Homeoffice nur vier Stunden statt der tariflichen Arbeitszeit von sieben Stunden bezahlen, weil er glaubt, dass wir nicht die vollen sieben Stunden arbeiten. Ist das rechtens?

Köllmann: Im Homeoffice gelten – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – die identischen Regeln zur Vergütung wie auch sonst. Eine einseitige Gehaltskürzung im Vorhinein kommt daher nicht in Betracht. Aber: Der Arbeitnehmer ist spiegelbildlich verpflichtet, die im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vorgesehenen Arbeitszeiten auch im Homeoffice einzuhalten. Dies gilt sowohl für den Umfang, als auch für die Lage der Arbeitszeit. Arbeitet der Mitarbeiter ohne entsprechende Vereinbarung tatsächlich weniger, hat er nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ für die Zeiten, in denen er trotz Arbeitspflicht nicht arbeitet auch keinen Zahlungsanspruch. Auch kommen in diesem Fall andere arbeitsrechtliche Sanktionen wie Abmahnungen oder – im Wiederholungsfall – Kündigungen in Betracht. Werden im Homeoffice flexiblere Arbeitszeitmodelle – etwa wegen der Betreuung von Kindern – erforderlich, können und müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dies, gegebenenfalls unter Mitwirkung des Betriebsrates, regeln.

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Ich bin 91 Jahre alt und weiß nicht, wer jetzt für mich einkaufen kann. Ein Sohn ist selbst in Quarantäne, der andere Sohn ist auch schon Rentner und 66 Jahre alt.

Schönewolff: In der Stadt Köln gibt es die kostenfreie Seniorenberatung. Die Seniorenberater sind von der Stadt beauftragt und jeweils für einen Bezirk zuständig. Hilfsbedürftige können das „Zentrale Beratungstelefon für Senioren“ unter der Rufnummer 0221 / 221-2 74 00 anrufen und die Nummer der Seniorenberatung in Ihrem Bezirk erfragen. Die helfen Ihnen weiter.

Finanzielle Hilfsmöglichkeiten

Ich habe ein Ferienhaus in der Eifel und wegen der Stornierungen nun bis in den Herbst Ausfälle von mehreren tausend Euro. Bestehen Chancen auf Hilfen?

Johnen: Das hängt davon ab, ob Sie als Antragsteller der Soforthilfe als Unternehmen oder als selbstständig Tätiger dauerhaft am Markt sind. Das wäre Voraussetzung. Die Soforthilfe muss nicht zurückgezahlt werden und staffelt sich je nach der Anzahl der Beschäftigten auf 9.000, 15.000 oder 25.000 Euro, wobei der Unternehmer bei den Beschäftigten mitzählt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit Bürgschaften beziehungsweise Kredite zu erhalten. Die Banken legen hier nach unserer Erfahrungen die auch ohne „Corona“ üblichen Standards und Voraussetzungen an solche Unterstützungsmöglichkeiten weiterhin an. Die Konditionen selbst sind durchaus günstig. Hier gilt es das Gespräch mit seiner Hausbank zu suchen. Vorbereitend sollte das Bankengespräch auf der Seite der KfW unter https://corona.kfw.de/ vorbereitet werden. Dann kann vieles einfacher und schneller gehen.

Ich betreibe einen Fahrradladen und beschäftige meine Ehefrau auf 450-Euro-Basis. Wo kann ich Soforthilfen beantragen? Und stehen mir die überhaupt zu?

Van Lier: Demnach sind sie Gewerbetreibender. Wenn Sie nun in Folge von Corona nachweislich in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind und erhebliche Finanzierungsengpässe haben, so sind Sie auch antragsberechtigt. Die NRW-Soforthilfe kann ausschließlich online beantragt werden, und zwar auf der Website des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Hier gelangen Sie direkt zum Antragsformular.

Ich habe eine Sprachtherapie-Praxis. Wie lange müssen Einbußen bestehen, damit Soforthilfen beantragt werden können? Muss man diese zurückzahlen, wenn wieder mehr Patienten kommen oder macht man sich strafbar, wenn man diese schon beantragt hat? Wie wird es gehandhabt, wenn sich die Einbußen erst später bemerkbar machen?

Van Lier: Die NRW-Soforthilfe kann beantragt werden, wenn sich beispielsweise die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mindestens halbiert haben. Das heißt haben sich die Umsätze zum Beispiel im März 2020 im Vergleich zum März 2019 mehr als halbiert, können Sie jetzt schon Soforthilfe beantragen. Kann der Vorjahresmonat nicht herangezogen werden, weil die Selbstständigkeit danach erst aufgenommen wurde, gilt der Vormonat des laufenden Jahres. Ein andere Antragsvoraussetzung ist erfüllt, wenn behördliche Auflagen die Möglichkeit von Umsätzen massiv einschränken oder man die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens wie Miete für Betriebsräume nicht mehr zahlen kann. Die Soforthilfe ist, bei Erfüllung der Voraussetzungen, auf jeden Fall ein nicht rückzahlbarer Zuschuss. Fehlende Patienten sind als Auftragseinbußen zu werten, die als Folge Einnahmeeinbußen hervorrufen.

Ich habe die Soforthilfe für Kleinunternehmer online beantragt, aber bis heute keine Bestätigungsmail erhalten, dass mein Antrag eingegangen ist. Liegt das nur an der Überforderung der Systeme oder ist mein Antrag vielleicht verloren gegangen?

Van Lier: Zunächst sollte neben dem Posteingang immer auch der Spam-Ordner überprüft werden. Ist auch dort nichts zu finden, stellt sich die Frage, ob der Antragsteller zumindest eine Registrierungsnummer erhalten hat. Ist dies der Fall, muss man nichts Weiteres tun, denn der Antrag wird dennoch regulär überprüft und anschließend, in der Regel innerhalb von drei Werktagen ein Bescheid versendet. Falls Sie jedoch nach mehreren Stunden noch keine Registrierungsnummer erhalten haben, kann ein neuer Antrag gestellt werden. Wichtig ist: Der ehrliche Antragsteller muss sich keine Sorgen machen. Versehentlich abgeschickte Anträge können formlos zurückgenommen oder storniert werden. Und selbst bei doppelten Bewilligungen für einen identischen Antrag, ist eine Doppelauszahlung ausgeschlossen. Informieren sollte man in letzteren Fällen die Bezirksregierung unter: Corona-Soforthilfe@bezreg-koeln.nrw.de

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