Luca-Chef kritisiert Böhmermann„Macht sich über Missbrauch eines Warnsystems lustig“

Lesezeit 2 Minuten
Check-In mit der Luca App

Eine Frau checkt mithilfe der Luca-App in einem Geschäft ein.

Berlin – Der Geschäftsführer der Firma hinter der Luca-App, Patrick Hennig, hat Satiriker Jan Böhmermann für dessen öffentlichen Scherz über das Programm kritisiert. „Wenn er meint, in einer Pandemie gibt es einen Wettlauf, wer wie Systeme missbrauchen kann, dann kann ich ihm noch zehn andere Systeme nennen, die er schlimmer missbrauchen kann“, sagte Hennig, Gründer der für die App verantwortlichen Firma Nexenio, unserer Redaktion.

Böhmermann hatte sich mit seinem Smartphone und der App zur Nachverfolgung von Kontakten nachts und unter falschem Namen im Zoo Osnabrück und einem Modegeschäft angemeldet – obwohl er sich in Potsdam aufhielt. Nach einem Aufruf auf Twitter folgten Tausende Nutzer aus ganz Deutschland dem Beispiel. Hennig sagte: „Inwieweit es gesellschaftlich sinnvoll ist, sich über solchen Missbrauch lustig zu machen, muss er selber bewerten.“

Kein Schaden entstanden

Schaden hätte Böhmermann mit der Aktion nicht anrichten können, sagte Hennig: „Selbst im Falle einer gemeldeten Infektion hätte das Gesundheitsamt doch sofort erkannt, dass Herr Böhmermann gar nicht im Zoo Osnabrück hätte sein können.“ Eine durch den Vorfall aufgedeckte Schwäche kann er nicht erkennen. Eigenverantwortung sei das zentrale Thema, um die Corona-Pandemie in den Griff zu kriegen, das gelte auch für korrekte Angaben in der Luca-App, stellte Hennig klar.

Nexenio hat das Luca-System in Zusammenarbeit mit dem Rapper Smudo von den Fantastischen Vier entwickelt. Es soll in Geschäften, Restaurants oder auf Veranstaltungen die Papierlisten zur Kontaktnachverfolgung ersetzen. Mehrere Bundesländer haben Lizenzen gekauft und das System an ihre Gesundheitsämter angeschlossen. Datenschützer und Programmierer bemängeln Sicherheitslücken.

Das könnte Sie auch interessieren:

Unter anderem deshalb haben die Entwickler den Quellcode ihres Systems nun vollständig unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht. Seit Mittwochabend ist der Code der beiden App-Versionen (Android und iOS) sowie des Backend-Systems auf der Plattform GitLab einsehbar. Er kann damit nun von unabhängigen Stellen überprüft werden.

Hennig wies gleichzeitig den Vorwurf der Hackervereinigung Chaos Computer Club (CCC) zurück, das Luca-System sei potenziell jederzeit in der Lage, einzelne Geräte eindeutig zu identifizieren und ihnen alle Check-ins zuzuordnen. „Aus unserer Sicht ist das Fundamentalkritik an zentralen Datenspeicherungssystemen, die im übrigen aber an vielen Stellen des gesellschaftlichen Lebens zum Einsatz kommen.“ Diese Systeme müssten gegen Missbrauch abgesichert werden. „Dies ist beim Luca-System der Fall.“ (mit dpa)

Rundschau abonnieren