Rechtsmotiviertes TötungsdeliktBrutaler Dreifachmord aus Overath wird neu bewertet

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schüsse overath

Ein Beamter schaut sich 2003 Ein­schuss­lö­cher in einer Scheibe einer An­walts­kanz­lei in Overath an. 

Düsseldorf/Köln – Der brutale Dreifachmord von Overath im Oktober 2003 ist in der breiten Öffentlichkeit in Vergessenheit geraten. Doch rund 20 Jahre nach der unfassbaren Bluttat kommt wieder Bewegung in den eigentlich abgeschlossenen und abgeurteilten Fall. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat Anfang Juni das Landeskriminalamt in Düsseldorf per Erlass beauftragt, das Polizeipräsidium Köln "die gesamte Tathandlung" in Overath als rechts motiviertes Tötungsdelikt nachmelden zu lassen.

Der Neonazi Thomas A. hatte in Overath bei Köln einen Rechtsanwalt, dessen Ehefrau und Tochter erschossen. Der Anwalt hatte bewirkt, dass der verschuldete Neonazi ein Gehöft verlor, auf dem er Treffen von Rechtsextremisten veranstaltet hatte. Das Landgericht Köln hatte ihn 2004 zur Höchststrafe verurteilt und im Urteil vermerkt, dass seine nationalsozialistischen Vorstellungen bei der Tat eine Rolle gespielt hätten.

Mordfälle mit rechtsextremem Hintergrund werden neu beleuchtet

Hintergrund der neuen Bewertung ist eine umfangreiche Prüfung, die Reul in Auftrag gab. Dabei geht es um eine nachträgliche Untersuchung von Mordfällen auf einen rechtsextremen Hintergrund. Überprüft werden sollen 25 Fälle mit 30 Todesopfern in den vergangenen 40 Jahren. Der "Tagesspiegel" hatte zuerst über die Aktion berichtet.

"Rechtsextremismus ist nach wie vor eine der größten Gefahren für unsere Demokratie. Deshalb ist es gut und wichtig, dass wir Grenzfälle aus der Vergangenheit noch einmal neu betrachten und bewerten", sagte Reul. Die Polizeiarbeit habe sich über die Jahre weiterentwickelt. Das betreffe auch die Auswertung und Analyse rechter Tötungsdelikte. Die Prüfung soll neun Monate dauern, geleitet wird das Projekt mit dem Titel "ToreG NRW" (Todesopfer rechter Gewalt NRW) im Landeskriminalamt (LKA) von einem Politikwissenschaftler.

Dreifachmord in Dortmund ebenfalls vor neuer Prüfung

Auch der Dreifachmord des Neonazis Michael B. im Jahr 2000 in Dortmund und Waltrop soll nun neu geprüft werden. B. hatte damals drei Polizisten erschossen. Weitere Überprüfungen wird es nach einem Brand in einem von Türken bewohnten Mehrfamilienhaus in Duisburg 1984 mit sieben Toten geben, ebenso im Fall des Feuers in einer Asylunterkunft 1992 in Hörstel, bei dem ein Mensch starb. Ein weiteres Verbrechen ist der tödliche Messerangriff eines Skinheads 2005 in Dortmund auf den Punk Thomas Schulz. Auch dieser Fall wird neu geprüft.

In dem Prozess gegen den verurteilten Dreifachmörder von Overath spielten bereits radikale Aktivitäten des Angeklagten eine Rolle. Er stand in jungen Jahren der linksradikalen RAF nahe. gründete aber später nach Söldner-Jahren in Afrika und Südamerika eine rechtsradikale Gruppierung. Im Prozess sagte Thomas A., dass er den Anwalt ausrauben wollte und dabei die Nerven verloren habe.

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