Rundschau-Debatte des TagesKommen jetzt Pflichttests für alle Reiserückkehrer?

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Wer mit dem Flugzeug nach Deutschland zurückkommt, muss bereits einen negativen Corona-Test vorlegen. 

Wer mit dem Flugzeug nach Deutschland zurückkommt, muss bereits einen negativen Corona-Test vorlegen. 

Berlin – Zum Schutz vor einer Corona-Ausbreitung nach den Sommerferien müssen sich Urlauber auf erweiterte Testpflichten bei der Rückkehr gefasst machen. Die Bundesregierung stimmt derzeit eine vorgesehene Neuregelung ab, wie eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte. Ressortchef Jens Spahn (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) streben eine schnelle Ausweitung der Testpflichten an – es gibt aber noch Diskussionen.

Eine generelle Testpflicht bei der Einreise besteht schon für alle Flugpassagiere. Der Nachweis eines negativen Ergebnisses muss noch im Urlaubsland gemacht und vor dem Start vorgezeigt werden – oder aber ein Nachweis als Genesener oder voll Geimpfter. Spahn und Seehofer wollen, dass künftig grundsätzlich ein Test verlangt werden muss – egal, von wo und mit welchen Verkehrsmitteln man kommt. Stationäre Grenzkontrollen sind aber dem Vernehmen nach nicht Teil des Konzepts.

„Nicht nachvollziehbar“

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), äußerte sich kritisch: „Es kann nicht sein, dass bei steigenden Inzidenzen die Diskussion um notwendige Maßnahmen zuerst auf dem Rücken der Reisebranche und der Urlauber ausgetragen wird.“ Nicht nachvollziehbar sei auch, dass bei steigenden Impfquoten von Verschärfungen gesprochen werde. Er könne sich vorstellen, dass Nachweispflichten noch lückenloser sein könnten. Dies müsse aber klar mit Erleichterungen, etwa bei Quarantänevorschriften, einhergehen. Für Geimpfte dürfe es weiterhin so gut wie keine Einschränkungen geben.

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Kontrollen schwierig

Der Städtetag NRW hat Reiserückkehrer zur Einhaltung der Corona-Einreiseregeln aufgerufen. „Nur wenn die Einreise-Regeln eingehalten werden, lassen sich mögliche Infektionen erkennen und weitere Ansteckungen vermeiden“, sagte Geschäftsführer Helmut Dedy unserer Redaktion.

Solange die Infektionszahlen niedrig blieben, könnten die Gesundheits- und Ordnungsämter Quarantäne-Verpflichtungen zwar engmaschig kontrollieren. Doch Dedy stellte klar: „Dafür brauchen sie Angaben aus dem Einreiseportal des Bundes, in dem sich Rückkehrerinnen und Rückkehrer melden müssen.“ Bislang gibt es umfassende Kontrollmöglichkeiten nur bei Flugreisenden. Etwa bei Niederlande-Urlaubern, die mit dem Auto reisen, kann die Polizei nur stichprobenartig an der Grenze kontrollieren.

Seit Dienstag sind Spanien und die Niederlande neben Portugal, Großbritannien und Zypern von der Bundesregierung als Hochinzidenzgebiete eingestuft. Wer aus diesen Ländern zurückkehrt und nicht vollständig geimpft oder von Corona genesen ist, muss für zehn Tage in Quarantäne, kann diese aber durch einen negativen Test nach fünf Tagen verkürzen. (tb)

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte: „Wir müssen dafür sorgen, dass das Infektionsgeschehen beherrschbar bleibt.“ Dazu gehörten Überlegungen, wie das Reisen noch sicherer zu machen sei. „Auch wenn immer mehr Menschen vom Schutz einer Impfung profitieren, dürfen wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen.“ Die Ausbreitung der Delta-Virusvariante nehme zu. Spahn hatte bereits vorige Woche deutlich gemacht, dass eine Ausweitung der Testpflicht kommen solle.

Höheres Risiko im Urlaub

Kritik kam von der Opposition. Eine so umfassende Ausweitung der Testpflicht sei weder hilfreich noch verhältnismäßig, sagte die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus. Der Fokus sollte auf Reisende aus Hochrisiko- und Virusvariantengebieten gelegt werden. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützte dagegen eine Testpflicht für alle nicht vollständig Geimpften oder Genesenen. Bei Urlaubsreisen bestehe wegen der größeren Zahl an Kontakten grundsätzlich ein höheres Risiko, sich zu infizieren – unabhängig von Reiseort und Verkehrsmittel.

Der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) appellierten an die Bürger, Angebote zu Impfungen anzunehmen. „Für Geimpfte ist die Reiseplanung verlässlicher und das Reisen einfacher.“ Einige Länder behielten bestimmte Aktivitäten vor Ort auch ausschließlich Geimpften vor.

Erleichterung tritt in Kraft

An diesem Mittwoch tritt schon eine geänderte Einreiseverordnung in Kraft. Da es zu der von Spahn und Seehofer geplanten Regelung keine Einigkeit gab, werden im Wesentlichen die bestehenden Regelungen bis vorerst 10. September verlängert. Eine Erleichterung gibt es für Einreisende aus Virusvariantengebieten, in denen besorgniserregende Virusformen kursieren. Bisher müssen auch Genesene und Geimpfte, die von dort zurückkommen, sich für 14 Tage in Quarantäne begeben. Künftig kann diese generell vorzeitig beendet werden, wenn die Region noch während der Quarantänezeit nicht mehr als Virusvariantengebiet eingestuft wird.

Treffen mit Merkel im August

Über das weitere Corona-Vorgehen nach den Sommerferien werden die Ministerpräsidenten am 10. August mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, er wünsche sich vom Bund, dass dieser zügig Regularien für Reiserückkehrer anfasse. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) sagte, in der Pandemiebekämpfung dürfe es kein Zögern geben und die Hoffnung, „in die Bundestagswahl zu stolpern“. Impfungen für Minderjährige müssten zudem vorankommen. (dpa)

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